Schöne Scheine
kannst du Feucht das antun, nach dem, was gerade geschehen ist?«, sagte Adora Belle. »Hat er uns nicht gerade aus der Patsche geholfen?«
»Möglicherweise, obwohl ich mir nicht sicher bin, ob wir ohne ihn in diese Patsche hineingeraten wären. Die Gesetze müssen befolgt werden, Fräulein Liebherz. Selbst Tyrannen müssen dem Gesetz gehorchen.« Er hielt kurz mit nachdenklicher Miene inne. »Nein, das war eine Lüge, Tyrannen müssen den Gesetzen natürlich nicht gehorchen, aber sie müssen auf die Feinheiten achten. Zumindest ich tue das.«
»Aber er hat doch gar nicht...«, begann Adora Belle.
»Morgen Früh um neun Uhr im Großen Saal«, sagte Vetinari. »Ich lade alle Interessierten ein, daran teilzunehmen. Wir werden der Sache auf den Grund gehen.« Dann hob er die Stimme. »Sind hier irgendwelche Aufsichtsratsvorsitzende der Königlichen Bank anwesend? Ach, Herr Üppig. Geht es dir gut?«
Cosmo Üppig schob sich mit unsicheren Schritten durch die Menge. Ein junger Mann in braunem Gewand hielt ihn am Arm und stützte ihn.
»Hast du ihn verhaften lassen?«, fragte Cosmo.
»Es ist eine unbestrittene Tatsache, dass Herr Lipwig im Namen von Herrn Quengler offiziell die Verantwortung für das Gold übernommen hat.«
»So ist es«, sagte Cosmo und blickte Feucht finster an.
»Aber in Anbetracht der Umstände finde ich, dass ich mir einen Überblick über sämtliche Aspekte der Situation verschaffen sollte.«
»Auch darin sind wir uns einig«, sagte Cosmo.
»Und zu diesem Zweck werde ich veranlassen, dass meine Beamten heute Abend die Bank aufsuchen und sämtliche Bücher überprüfen«, fuhr Vetinari fort.
»Dieser Bitte kann ich nicht zustimmen«, sagte Cosmo.
»Zum Glück war es keine Bitte.« Lord Vetinari klemmte sich Herrn Quengler unter den Arm. »Wie du siehst, habe ich den Direktor bei mir. Kommandeur Mumm, bitte führe Herrn Lipwig in meine Kutsche. Sorge dafür, dass Fräulein Liebherz sicher nach Hause geleitet wird, ja? Morgen Früh werden wir alles Weitere klären.«
Vetinari blickte zu der Staubsäule, die inzwischen die emsigen Golems einhüllte. »Wir alle hatten einen schweren Tag.«
Draußen auf der kleinen Gasse hinter dem Pink PussyCat Club war die stampfende Musik nur noch gedämpft zu hören, aber sie machte sich trotzdem eindringlich bemerkbar.
Dunkle Gestalten lauerten ...
»Dr. Hicks?«
Der Leiter des Instituts für Postmortale Kommunikation verharrte kurz in seinem Unterfangen, eine komplizierte Rune zwischen die eher nicht so komplizierten weltlichen Graffiti zu zeichnen, und blickte zu dem besorgten Gesicht seines Studenten auf.
»Ja, Bernward?«
»Ist es nach den Regeln des Kollegiums wirklich legal, was wir hier tun, Herr?«
»Natürlich nicht! Stell dir nur vor, was geschehen könnte, wenn so etwas in die falschen Hände gerät! Halt die Laterne höher, Zickler, wir können kaum noch etwas sehen.«
»Und wessen Hände wären das, Herr?«
»Genau genommen unsere. Aber das geht in Ordnung, solange der Rat nichts davon in Erfahrung bringt. Und natürlich wird das nicht passieren. Die Ratsmitglieder sind klug genug, um nicht loszuziehen und Dinge in Erfahrung zu bringen.«
»Also ist es genau genommen illegal.«
»Nun ja«, sagte Hicks und zeichnete ein Schriftzeichen, das für einen kurzen Moment blau aufleuchtete, »wer von uns kann, wenn man es einmal grundsätzlich betrachtet, schon sagen, was richtig und was falsch ist?«
»Vielleicht der Akademische Rat, Herr?«, sagte Bernward.
Hicks warf die Kreide auf den Boden und richtete sich auf.
»Jetzt hört mir mal zu, alle vier! Wir werden mit Flett eine Zauberereintreibung machen, verstanden? Zu seiner ewigen Befriedigung und dem nicht unerheblichen Wohl unseres Instituts, das könnt ihr mir glauben! Es ist ein schwieriges Ritual, aber wenn ihr mir assistiert, werdet ihr am Ende des Semesters Doktoren der Postmortalen Kommunikation sein, verstanden? Für jeden die Bestnote und selbstverständlich den Schädelring! Da ihr alle zusammen bislang lediglich ein Drittel einer Hausarbeit abgeliefert habt, würde ich sagen, dass das ein gutes Angebot ist, meinst du nicht auch, Bernward?«
Der Student blinzelte unter dem Druck dieser Frage, aber dann kam ihm sein natürliches Talent zu Hilfe. Er hüstelte auf seltsam akademische Art und sagte: »Ich glaube, ich habe dich verstanden, Herr. Was wir hier tun, geht weit über die profanen Kategorien von Richtig und Falsch hinaus, nicht wahr? Wir dienen einer
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