Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schöne Scheine

Schöne Scheine

Titel: Schöne Scheine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
Vom Netzwerk:
für Feucht sehr nach einem seiner experimentellen Dollarscheine aussah. »Das hier ist nur wertloses Papier! Das ist es, was er euch geben will!«
    »Nein, es ist dasselbe wie ein Blankoscheck oder eine Zahlungsanweisung«, sagte Feucht.
    »Wirklich? Das werden wir ja sehen! Liebe Bürger von Ankh-Morpork! Glaubt irgendwer von euch, dass dieses Stück Papier einen Dollar wert sein könnte? Würde irgendwer mir einen Dollar dafür geben?«
    »Keine Ahnung. Was ist das?«, sagte jemand, und ein Raunen ging durch die Menge.
    »Eine experimentelle Banknote«, übertönte Feucht die Unruhe. »Um die neue Idee auszuprobieren.«
    »Und wie viele gibt es davon?«, fragte der Mann weiter.
    »Etwa zwölf«, sagte Feucht.
    Der Mann wandte sich wieder an Pucci. »Ich gebe dir dafür fünf Dollar. Wie klingt das?«
    »Fünf? Hier steht, dass er einen Dollar wert ist!«
    »Völlig richtig. Also fünf Dollar, Fräulein.«
    »Warum? Hast du den Verstand verloren?«
    »Mit meinem Verstand ist alles bestens, vielen Dank, junge Dame!«
    »Ich biete sieben Dollar!«, sagte ein Mann neben ihm und hob die Hand.
    »Das ist Wahnsinn!«, jammerte Pucci.
    »Wahnsinn?«, sagte der zweite Mann und richtete einen Finger auf Feucht. »Wenn ich einen Satz von den schwarzen Ein-Cent-Briefmarken gekauft hätte, die er letztes Jahr rausgebraucht hat, wäre ich jetzt reich!«
    »Erinnert sich noch jemand an das Blaue Dreieck?«, rief ein anderer Bieter. »Die Marke hat fünfzig Cent gekostet. Ich habe eine auf einen Brief an meine Tante geklebt. Als der Brief ankam, war die Marke schon fünfzig Dollar wert! Und die alte Schachtel will sie mir einfach nicht zurückgeben!«
    »Inzwischen ist sie schon einhundertsechzig wert«, sagte jemand hinter ihm. »Dafür ging sie letzte Woche in der Auktion bei Diddels Briefmarken- und Nadelbörse weg. Ich biete zehn Dollar, Fräulein!«
    »Ich fünfzehn!«
    Vom Treppenabsatz hatte Feucht einen guten Blick. Im Hintergrund des Saals hatte sich ein kleines Konsortium gebildet, das sich auf der Grundlage geeinigt hatte, dass kleine Anteile besser als gar keine waren.
    Briefmarkensammeln! Es hatte sich vom ersten Tag an zu einer ... riesigen Sache aufgebläht, die nach seltsamen, völlig verrückten Regeln ablief. Gab es irgendetwas anderes, das durch Fehler oder Mängel wertvoller wurde? Würde man mehr für einen Anzug bezahlen, nur weil ein Ärmel kürzer als der andere war? Oder weil noch ein überflüssiges Stück Stoff dranhing? Als Feucht darauf aufmerksam geworden war, hatte er natürlich absichtlich Fehler eingebaut, um die Öffentlichkeit bei Laune zu halten, aber er hatte gewiss nicht gewollt, dass Lord Vetinaris Kopf einmal auf jedem Bogen Blauer verkehrt herum gedruckt war. Ein Drucker hätte sie beinahe alle vernichtet, bevor Feucht ihn unter Einsatz körperlicher Gewalt daran hindern konnte.
    Die ganze Angelegenheit war unwirklich, so unwirklich wie Feuchts Welt. Als er noch ein ungezogener Junge gewesen war, hatte er Träume verkauft, und der Verkaufsschlager in dieser Welt waren jene Dinge, durch die man mit einem Glückstreffer sehr reich wurde. Er hatte Glas als Diamanten verkauft, weil die Gier den Blick der Menschen trübte. Vernünftige, rechtschaffene Leute, die jeden Tag hart arbeiteten, glaubten dennoch gegen jede Erfahrung, dass man aus Nichts Geld machen konnte. Aber die Briefmarkensammler ... sie glaubten an die kleine Vollkommenheit. Es war möglich, einen kleinen Teil der Welt zu vervollständigen. Und selbst wenn man ihn nicht vollständig hatte, wusste man genau, was noch fehlte. Vielleicht war es das fehlerhafte Blaue 50-Cent-Dreieck, aber irgendwo da draußen gab es noch sechs Stück, und wer wusste, welchen Glückstreffer ein eifrig Suchender erzielen mochte?
    Es war schon sehr viel Glück nötig, musste Feucht einräumen, denn vier der Marken waren für Notzeiten sicher in einem kleinen Bleikasten unter den Bodendielen seines Büros verstaut. Trotzdem gab es immer noch zwei, die bislang nicht aufgefunden worden waren, vielleicht vernichtet, vielleicht von Schnecken gefressen oder - und hier türmte sich die Hoffnung hoch wie Winterschnee - in einem vergessenen Bündel Briefe ganz hinten in irgendeiner Schublade verborgen.
    ... und Fräulein Pucci wusste einfach nicht, wie man mit einer Menschenmenge umging. Sie stampfte mit dem Fuß auf und verlangte Aufmerksamkeit, sie tyrannisierte und beleidigte die Leute, und es half auch nicht, dass sie sie als »gute Menschen« bezeichnete,

Weitere Kostenlose Bücher