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Schöne Scheine

Schöne Scheine

Titel: Schöne Scheine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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ohne den goldenen Anzug in der Stadt herumspazierte, war er nur irgendein Passant.
    »Geht es dir nicht gut, Herr Lipwig?«
    Feucht drehte sich um und blickte in das Gesicht des Hauptkassierers. »Was? Aber nein ...ich meine, doch, mir geht es gut. Äh ... hast  du  diesen Mann da drüben schon mal gesehen?«
    »Welchen Mann meinst du?«
    Feucht wandte sich wieder dem Saal zu, um auf den Mann in Schwarz zu zeigen, doch jetzt war er nicht mehr da.
    »Hat wie ein Priester ausgesehen«, murmelte er. »Er war ... wie soll ich sagen? ... jedenfalls hat er mich angesehen.«
    »Ich muss sagen, dass du es geradezu herausforderst. Vielleicht findest du auch, dass der goldene Zylinder keine gute Idee war.«
    »Mir gefällt der Hut! So einen gibt es kein zweites Mal!«
    Beuge nickte. »So ist es, zum Glück, Herr. Du meine Güte! Papiergeld! Eine Praxis, die bisher nur bei den heidnischen Achatenern üblich war ...«
    »Heidnisch? Sie haben viel mehr Götter als wir! Und dort ist Gold viel weniger wert als Eisen!«
    Feucht gab es auf. Beuges Gesicht, das normalerweise beherrscht und unnahbar war, hatte sich zusammengeknüllt wie ein Stück Papier. »Ich habe ein paar Sachen nachgelesen. Die Banken geben Münzen aus, die viermal so viel wert sind wie das Gold, das sie enthalten. Das ist ein Unsinn, auf den wir verzichten könnten. Es ist eine Traumwelt. Diese Stadt ist reich genug; sie ist ihr eigener Goldbarren!«
    »Die Leute vertrauen dir ohne guten Grund«, sagte Beuge. »Sie vertrauen dir, weil du sie zum Lachen bringst. Ich bringe die Leute nicht zum Lachen, und das ist auch nicht meine Welt. Ich kann nicht lächeln, wie du es tust, und ich kann nicht reden, wie du es tust. Verstehst du es nicht? Es muss etwas geben, das einen Wert hat, der nicht von Mode oder Politik abhängig ist, einen dauerhaften Wert. Willst du Vetinari die Kontrolle über meine Bank geben? Womit garantieren wir Sicherheit für die Ersparnisse, die diese Leute uns über den Schalter schieben?«
    »Nicht womit, sondern wer. Ich bin es. Ich werde persönlich dafür sorgen, dass diese Bank niemanden enttäuscht.«
    »Du?«
    »Ja.«
    »Ach ja, der Mann im goldenen Anzug«, sagte Beuge säuerlich. »Und wenn alles andere versagt, willst du beten oder was?«
    »Letztes Mal hat es funktioniert«, sagte Feucht ruhig.
    Beuges Auge zuckte. Zum ersten Mal, seit Feucht ihn kennen gelernt hatte, wirkte er ... ratlos.
    »Ich weiß nicht, was du von mir erwartest!«
    Es klang fast wie ein Wimmern. Feucht klopfte ihm auf die Schulter.
    »Führe die Bank, wie du es schon immer getan hast. Ich glaube, wir sollten ein paar Kredite vergeben, wenn so viel Bargeld hereinkommt. Hast du eine gute Menschenkenntnis?«
    »Ich dachte schon«, sagte Beuge. »Aber jetzt? Ich habe keine Ahnung. Sir Joshua hatte keine, wie ich zu meinem Bedauern sagen muss. Frau Üppig hingegen war darin meiner Ansicht nach sehr gut.«
    »Besser, als du ahnst«, sagte Feucht. »Gut. Ich gehe jetzt mit dem Bankdirektor Gassi, und dann ... werden wir etwas Geld unter die Leute verteilen. Wie klingt das?«
    Herr Beuge erschauderte.
    Die  Times  brachte eine Frühnachmittagsausgabe heraus, mit einem großen Bild davon auf der Titelseite, wie sich die Warteschlange aus der Bank wand. Die meisten in der Schlange wollten einfach nur dabei sein, ganz gleich, wobei sie waren, und die übrigen stellten sich an, weil sie am anderen Ende vielleicht etwas Interessantes erwartete. Ein Junge verkaufte die Zeitung, und die Leute rissen sie ihm aus den Händen, um den Bericht mit dem Titel »Bank im Würgegriff einer Riesenschlange« zu lesen, was Feucht ziemlich merkwürdig vorkam. Schließlich waren sie doch Teil der Schlange, nicht wahr? Wurde die Sache erst dann real, wenn sie darüber lasen?
    »Hier sind bereits ein paar ... Personen, die wegen Krediten angefragt haben, Herr«, sagte Beuge hinter ihm. »Ich schlage vor, dass ich mich um sie kümmere.«
    »Nein,  wir  werden es tun, Herr Beuge«, sagte Feucht und wandte sich vom Fenster ab. »Führe sie bitte ins Büro im Erdgeschoss.«
    »Ich finde wirklich, dass du es mir überlassen solltest, Herr. Für einige von ihnen ist die Idee noch recht neu, mit einer Bank ins Geschäft zu kommen«, beharrte Beuge auf seinem Standpunkt. »Ich glaube sogar, dass manche noch nie zuvor in einer Bank waren, außer vielleicht in den Nachstunden.«
    »Ich möchte natürlich, dass du anwesend bist, aber ich werde die letzte Entscheidung treffen«, sagte Feucht so

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