Schöne Zeit der jungen Liebe
dich sofort hin!« Er sah Christine an und genoß ihren beifälligen Blick.
Roger Miles erhob sich. »Mrs. Pentecost, es war sehr nett von Ihnen, mich zum Essen einzuladen. Aber meine Zeit ist leider sehr begrenzt. Wenn ich das Hemd und die Hose noch behalten darf, dann würde ich Sie jetzt gern von meiner Gegenwart und von meinen nassen Sachen befreien.« Er sah sie mit einem strahlenden Lächeln an.
May lächelte zurück. Sie hatte eine Schwäche für gute Manieren, das wußte sie selbst.
»Und wenn Sie auch noch so freundlich wären zu erlauben«, sagte Roger, »daß Christine mich in den von Ihnen geliehenen Kleidern begleitet... Ich werde dafür sorgen, daß Sie die Sachen so schnell wie möglich gereinigt zurückbekommen.«
»Selbstverständlich«, sagte May. Alle standen auf, und Christine fragte: »Ist es Ihnen auch wirklich recht, wenn ich Ihre schönen Sachen noch anbehalte, Mrs. Pentecost?«
»Alles in Ordnung«, sagte May. »Nur verstehe ich immer noch nicht, wieso Sie... Ich dachte, Sie wären längst wieder in Deutschland.«
»Nein, wir konnten nicht fliegen wegen des Streiks
»Wenn Sie uns dann jetzt bitte entschuldigen«, sagte Roger mit einem Blick auf seine Uhr. »Komm, Christine.«
Sie gingen. Gaylord lag im hohen Gras im Garten und sah sie gehen. Er wollte ihnen nachlaufen und sagen: Leb wohl, Christine. Sehen wir uns noch einmal?
Wie lange bleibst du noch? Oder nur rufen: Vergiß mich nicht! Aber er konnte es nicht. Die beiden waren zusammen. Obwohl Christine so wütend auf Miles gewesen war - da gingen sie zusammen und waren offensichtlich ein Herz und eine Seele. Wahrscheinlich wohnte sie im Hotel Zum Schwan, das Rogers Vater gehörte. Der Streik, das Schicksal hatte sie zusammengeführt - war es nicht ganz natürlich, daß sie einander liebten? Gaylord konnte ihnen nicht grollen.
Sie stiegen auf ihre Räder und fuhren davon. Er blickte ihnen nach, bis sie nicht mehr zu sehen waren.
Mit den Händen in den Taschen wanderte er zum Wehr hinunter. Die Strömung war hier stärker, bis der Fluß sich zu einem dunklen See verbreiterte, auf dem jetzt schon die ersten herbstlich gefärbten Blätter schwammen. Hier sammelte das Wasser seine Kraft -und dann stürzte es über das Wehr hinab, wild und schäumend. Unterhalb des Wehrs, auf einem kleinen sandigen Uferstreifen, lag die Christine. Sie lag auf der Seite, das Wasser schwappte gegen den Rumpf und rann durch das Loch im Bug.
Gaylord lief die Böschung hinunter. Die Stelle da unten war einer seiner Lieblingsplätze, eine kleine, abgeschiedene, geschützte Bucht, wo es durch das Wehr auch im Sommer angenehm kühl war. Das Getöse des Wassers machte so schön schläfrig, und im Winter, wenn über die Wiesen am Fluß der Nebel kroch und man in der Ferne gerade noch die tröstlichen Lichter von zu Hause sah, konnte man hier gut seinen Gedanken nachhängen.
Er kniete sich in den Sand und untersuchte das Boot. Die Ruder waren verschwunden. Das Holz, das er selbst sorgfältig gelackt hatte, war an mehreren Stellen gesplittert. In dem trüben Wasser, das im Innern des Bootes stand, sah er eine Elritze, die erschreckt um sich schlug. Die Schuppen schimmerten silbrig.
Gaylord wußte, auch wenn er es nicht hätte erklären können, daß er und das kleine Lebewesen irgend etwas gemeinsam hatten. Sie waren eins, so wie er und die Sterne am Himmel und die Herbstzeitlosen eins waren. Sie waren Teil des gleichen Plans. Oder waren sie vielleicht nur deshalb eins, weil sie beide Teil des Leidens in der Welt waren? Und war der kleine Fisch, der gegen ein Unheil ankämpfte, das er nicht begreifen konnte, ein Symbol seines eigenen verwirrten Zustands? Behutsam hielt er die geöffnete Hand in das trübe Wasser, nahm den Fisch und setzte ihn in den Fluß. Der Fisch tauchte sofort nach unten.
Gaylord stand noch lange am Ufer und blickte in das strömende Wasser. Er freute sich, daß der kleine Fisch am Leben war, und er vergaß darüber eine Weile seine Einsamkeit und alles, was verloren und vergangen war: das Boot, der Sommer, die Ferien, Christine.
Noch einmal betrachtete er das Boot. Dann wandte er sich entschlossen ab und stieg die Böschung hinauf. Er ging zu dem alten Schuppen, wo er einen kaputten Traktorreifen, einen Stapel vergilbter Zeitungen und einen Kanister Petroleum fand.
Er hatte eine Idee.
16
»Mann, du siehst ja klasse aus, Mum«, sagte Gaylord voller Bewunderung.
»Ja, findest du?« May freute sich.
Und jetzt zollte ihr auch
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