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Schönesding!

Schönesding!

Titel: Schönesding! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Boehm
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verschwand wieder in der Küche.
    „Dieser Kaka-Tee ist echt gut.“ Ich zwinkerte Hubsi zu. „Richtig erfrischend.“
    „ Schönesding!“ Hubsi gab mir wieder den aufrechten Daumen.
    Ja, fand ich ja auch. Ich nickte in Hubsis Richtung, damit er noch etwas mehr sagte. „Ja, meine Rede! Schönes Ding, dieser Tee, oder?“
    Mehr Nicken. Mehr Warten. Mehr Stille. Na gut, Hubsi sprach wohl wirklich nicht besonders viel.

* 9 *
     
    Als Felder wiederkam, saßen Hubsi und ich immer noch wortlos da. Ich hatte inzwischen einen vergilbten Prospekt über das Heli-Schifahren im Tian Shan-Gebirge auf dem Tisch gefunden. Obwohl er in Kyrillisch geschrieben war, vertiefte ich mich darin, denn immer wenn ich die Augen hob, guckte Hubsi ungeniert in meine Richtung, sagte aber nichts. So als kannten wir uns schon ewig und so als hätten wir vor Jahren schon alle Fragen von existenzieller Tragweite besprochen und jedes Wort wäre eines zu viel.
    „Ich kann es dir genauso gut auch gleich sagen“, sagte Felder, als er wieder zurückkam. Er hatte wohl meinen flehenden Blick bemerkt. „Manchmal wundern sich die Leute ja. Oder sie nehmen es gar persönlich.“
    Er setzte sich zu uns an den Tisch.
    „Das Ding ist, weißt du, Hubsi hat nur noch zwei Wörter.“ Er guckte Hubsi an, ob der auch alles mitverfolgte. „ Schönesding!“ ist für alles, was gut ist. „ Wachauf!“ für den Rest. Du wirst es ja selber merken.“
    „ Echt? Wieso das denn?“
    „ Frag ihn!“
    Ich hatte schon Luft geholt, konnte mich aber noch rechtzeitig bremsen. Hubsi schaute uns die ganze Zeit interessiert zu und lächelte ein bisschen überlegen. So als sprächen wir über jemanden, der nicht da war. Auf jeden Fall nicht über ihn.
    „Und wie lange ist das her, ich meine, wie lange hat er schon nichts mehr gesagt?“
    „ Seit dem 12. September 2005.“
    „ Oh mein Gott! Echt?“
    „ Ja, klar!“
    „ Wirklich?“
    Hubsi kicherte. Was war daran so witzig?
    „Aber warum denn? Was hat es denn ausgelöst?“
    „ Keine Ahnung. Wie gesagt, frag ihn.“
    Meinte Felder das ernst? Und wenn ja, warum hat er selber noch nicht gefragt? Das hätte er ja schon lang tun können. Mit Ja-Nein-Fragen. Oder er hätte jemand anders fragen können, der Hubsi schon so lange kannte.
    Als mein Glas leer war, guckte Felder nur kurz in Hubsis Richtung, damit der mir nachschenkte. Sie kamen mir vor wie zwei ungleiche Zwillinge, die keine Worte brauchen, um sich zu verstehen. Wo schon Blicke genügen oder kleine Grunzer, die ihre genau taxierbare Bedeutung haben, aber für andere gar nicht zu verstehen sind.
    „ Wie lange wohnt ihr schon hier?“ Auf der Lehne des einen Sofas lag ein Laken, eine Bettdecke und ein Kissen, so als würde hier jemand schlafen.
    „ Ich, seit ich wieder in Deutschland bin“, sagte Felder, als erkläre das alles und als lasse sich das genau datieren. „Hubsi habe ich erst vor zwei Jahren übernommen.“
    „ Wachauf!“
    „ Na gut, vor dreißig Monaten. Besser?“
    „ Schönesding!“ Dabei lächelte Hubsi zärtlich.
    „ Übernommen? Was meinst du damit?“
    „ Hubsi kann nur schwer alleine leben.“
    „ Und wo hast du vorher gewohnt?“
    „ Ach, hier und dort, Mann. Hier und dort.“
    „ Zum Beispiel?“
    „ Zu viele Fragen, Mann – zu wenig Antworten.“
    Als ich ungläubig guckte, machte Felder dann schließlich doch noch eine weite, ausholende Geste, die das ganze Zimmer, oder ganz Berlin, oder die ganze Welt einnahm - wer konnte das schon sagen! So als spräche der ganze Krutsch, den er angehäuft hat, für sich selbst. „Ich habe schon an so vielen Orten gelebt.“
    Felder schaute auf von seinem Glas. Dann fragte er mich: „Und was machst du in Berlin?“
    „ Ich bin hier für ein Gastsemester. Vielleicht mache ich hier meinen Abschluss. Gefällt mir.“ Ironisches Lachen. „Arm aber sexy.“
    „ Wachauf!“
    Und auch Felder zuckte merklich zusammen. Selbst hinter seiner dunklen Sonnenbrille, konnte man sehen, wie seine Augen unruhig in den Höhlen hin- und herwanderten.
    „Was denn!“
    „ Tut mir leid, dass ich dir das so deutlich sagen muss, aber arm ist nie sexy, war nie sexy und wird auch nie sexy werden. Das ist das eine. Das zweite ist, vielleicht ist das ganze Arm-aber-sexy-Gerede auch ein kleines bisschen zu viel Information.“
    „ Wie meinst du das?“
    Es war das erste Mal, dass Felder die Stimme hob. Ein bisschen hörte es sich an, als habe jemand einen Knopf gedrückt und ihn ein Register höher

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