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Schönesding!

Schönesding!

Titel: Schönesding! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Boehm
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Entscheidungen am Tag. Welcher ist der Richtige, zu diesem Zeitpunkt, in genau dieser Situation, mit diesem Gegenüber? Welchem Hubsi gibst du das Wort?“
    „ Na, dir selbst!“
    „ Du bist noch nicht lang dabei, oder?“
    Das was Hubsi da sagte, war doch alles nicht neu. Ein paar Spitzfindigkeiten gepaart mit einer Menge Zynismus. Hubsi hatte aus irgendeinem Grund aufgehört zu sprechen. Aber ich dachte mir, es ist wie so oft. Wenn es so viele Gründe gab, gab es keinen wirklich überzeugenden.
    Deshalb riet ich wie immer zum Maßhalten: „Du hast einfach zu große Ansprüche, Hubsi! Du denkst zu viel. Mach's wie alle, rede einfach drauf los...“
    „ Haargenau-Bingo-Nagel-auf-den-Kopf! Jeder redet einfach drauf los. Das ist es. Das ist es wirklich, oder? Und du fragst mich, warum ich nicht sprechen will.“
    „ Aber Schönesding! und Wachauf! hast du schon gesagt.“
    „ Hat mich Felder drauf gebracht.“
    “ Echt?“
    „ Sein Argument war, nicht zu sprechen sei schon in Ordnung, aber man sollte trotzdem Witze machen. Ist natürlich schwer zu schlagen.“
    „ Und wie bist du nach Berlin gekommen?“ Ich meinte eigentlich, wie bist du zu Felder gekommen. Aber das wollte ich nicht fragen.
    „ Felder kam ursprünglich her zum Studieren. Ich bin mitgegangen.“ Hubsi schaute mich an. „Er ist eine Legende bei uns, musst du wissen. Er hat das Rathaus besetzt.“
    Diese Geschichte schon wieder.
    „Zum Studieren bin ich gekommen. Das ist die Antwort.“
    Hubsi lehnte sich zurück, als habe er mir nun alles gesagt. Er grinste mich an, mit seinem alten Grinsen, das, dachte ich eigentlich, zum Nicht-Sprechen gehörte.
    Das war das erste Mal, dass ich länger mit Hubsi geredet habe. Obwohl ich ihn eigentlich so lange kannte wie Felder. Aber bis zu unserem Besuch beim Diddan war er, was mich anging, dabei, weil er Felders Freund war. Der Freund meines Freundes, nicht mein Freund. Aber bestimmt galt für Hubsi dasselbe, was mich anbetraf.
    Was Felder an Hubsi fand, war schwer zu sagen. Trotzdem war er genauso wie ich sein Freund. Hubsi kannte andere Seiten an Felder als ich, ja, vielleicht kannte er einen ganz anderen Felder als ich. Denn, wie hatte Hubsi gesagt, was du sagst, hängt immer davon ab, zu wem du es sagst. Vielleicht war Felder ein ganz anderer, wenn ich nicht dabei war.
    „Ist schon ein komischer Typ.“
    „ ?“
    „ Felder meine ich.“
    Ich musste lachen. Das sagte ausgerechnet Hubsi. Aber ich musste auch lachen, weil er Felder schon so lange kannte. Selbst Hubsi dachte also, dass Felder zumindest ein bisschen seltsam war.
    „Hängt vielleicht mit seiner Krankheit zusammen.“
    „ Mit welcher Krankheit?“ Von einer Krankheit hörte ich zum ersten Mal.
    „ Na, er hat doch Achromatopsie.“
    „ ??“
    „ Farbenblindheit. Wusstest du das nicht?“
    „ ???“ Das hörte ich wirklich zum ersten Mal. „Felder sieht alles schwarz-weiß?“
    „ Fast zu hundert Prozent.“ Hubsi schaute mich an, als komme ich gerade  vom Planeten Diddan. „Warum hast du denn gedacht, trägt er ständig eine Sonnenbrille?“
    „ Weil das kool aussieht.“ Habe ich wirklich gedacht.
    „ Er ist total lichtempfindlich. Wenn er die Sonnenbrille nicht trägt, kann er seine Netzhaut schädigen, und was weiß ich was.“
    Das war ja völlig neu. Wenn du so etwas hörst, denkst du natürlich gleich, was kommt denn da jetzt sonst noch alles raus. Allerdings hatte ich Felder auch nie nach seiner Sonnenbrille gefragt.
    „Und was ist mit den Schuhen?“
    „ Ich weiß es nicht. Frag ihn selber.“
    Das musste ich wohl. Ich hatte ja ohnehin noch so einiges anderes zu fragen.
     

* 27 *
     
    Lange Hölle Tegel: Luise ist nach Berlin gekommen. Schon vor ein paar Tagen. Denn heute ist unser Sommerfest. Kalle wird mit seiner Gruppe auftreten, er an der Gitarre, und ein paar Stücke spielen. Alle freuen sich. Alle haben ihre Familie eingeladen. Alle sind aufgeregt. Schon seit Wochen. Hoffentlich hält das Wetter, denn wir wollen grillen. Könnte eigentlich ganz gut werden. Könnte, ja, oder hätte können - wenn man so will.
    Leider ist unser Meeting - das heißt Luise und meines mit Frau Sommer – nicht so gut gelaufen. Meeting: So heißen die Treffen von Familien und Gruppenleitern. Sie sind Voraussetzung für Urlaub, ein paar Tage raus aus Tegel, und für den Langzeitsprecher. Langzeitsprecher: Allein gelassen werden für ein paar Stunden in der kleinen Wohnung in Tegel, Sofa, Küche, Bett, Dusche. Sex, Sie

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