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Schönesding!

Schönesding!

Titel: Schönesding! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Boehm
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entdeckt? Wenn ich aus der Reihe darf, muss ich sofort hingehen. Warum sitzen die nebeneinander!
    Kalle geht gleich zu Renate. Wenn alles gut läuft, wird er sie heute Frau Sommer vorstellen und versuchen gleich einen Termin für ein Meeting auszumachen. Frau Sommer weiß natürlich auch, was gespielt wird. Bestimmt weiß sie auch, wie wir Renate gefunden haben. Hier geht ja alles rum wie in einer Betriebskantine. Die können einfach nicht ihren Mund halten, die Knackis. Wahrscheinlich fragt Frau Sommer die gar nicht groß. Die laufen von alleine über. Solange sie nicht über sich selbst reden müssen, blubbern sie wie die Waschweiber.
    Kalle hat Renate auch schon geschrieben, was sie sagen muss. Jetzt stimmen sie noch die Feinheiten ab, hat er heute morgen erzählt. Und das alles, damit Kalle endlich einen Langzeitsprecher bekommt.
    Ich gehe zu Luise. Heute hat sie Hosen an. Ist auch besser so. Das wäre nicht gut gegangen, so wie sie vorgestern angezogen war. Unter einer Horde ausgezehrter Knastbrüder. Möchte eh wissen, was das sollte. Wollte mir wohl zeigen, was ich nicht haben kann. Als ob das nötig gewesen wäre.
    Als ich endlich hingehen kann, lachen Luise und Frau Sommer schon wieder. Das stimmt nicht ganz. Die lachen nicht, die gackern. Dabei gibt es hier keinen Alkohol. Im Knast gibt es nie Alkohol, außer du brennst ihn selbst. Und Luise trinkt eh nur ganz selten.
    Ich stelle mich an den Tisch. Ich sage Hallo, aber nicht viel mehr. Ich weiß nicht, was ich viel sagen soll, überlege, ob ich Luise vielleicht die Hand schütteln soll. Ich setze mich lieber. Wird sich schon was ergeben.
    „Na, Sie können Luise ruhig umarmen.“ Das ist Frau Sommer.
    „ Denke ich aber auch, Andrea.“
    Die beiden gackern schon wieder. Das ist ein Alptraum. Das ist ganz sicher ein Alptraum. Luise! Andrea! Jetzt duzen die sich schon! Im Knast duzt sich niemand außer Kalle und mir. Frau Sommer ist für mich ,Frau Sommer'. Ich bin, aus naheliegenden Gründen, für sie ,Herr Felder'. Und nichts anderes.
    Ich stehe auf, gehe um den Tisch und küsse Luise auf die Wange.
    „ Na, geht doch!“ Mehr Gackern. Was ist denn hier verdammt noch mal so lustig? Die sind doch betrunken. So war Luise noch nie. Bei Luise weiß ich, dass sie nichts trinkt. Aber bei ,Andrea' bin ich plötzlich nicht mehr so sicher.
    „ Luise hat mir gerade erzählt, dass Sie schon mal in
St. Hedwig Urin ins Weihwasserbecken gefüllt haben.“ Sie sagt Urin!
    Ich: „Luise, ich weiß nicht, ob das jetzt der richtige Moment ist...“
    „Nu, lassense doch. Wo ich gerade so viel über Sie erfahre.“
    Wenn ich's nicht besser wüsste, würde ich sagen, die sind angeschickert. Was ist denn bloß los mit denen? Sind die alle verrückt, oder was?
    Aber wenn ich jetzt zu Kalle und Renate gehe, dann sind die zwei allein. Dann wird das noch schlimmer. Das ist keine gute Idee. Bleib lieber hier, egal was jetzt passiert. Das hast du dir selber eingebrockt. Das musst du selber auslöffeln. Das kannst du auf niemanden schieben.
    Na, dann löffel mal schön.
    „Oder wie du einmal das Rathaus besetzt hast. Erinnerst du dich?“
    „ Luise, das ist jetzt wirklich nicht mehr komisch.“
    „ Jetzt sinse doch nicht so! Wir haben doch nur ein bisschen Spaß.”
    Spaß nennt die das! Spaß! Das ist nicht gut. Das ist wirklich nicht gut. Dir gegenüber sitzt die Frau, die dich gefragt hat: „Mit wie vielen Jahren haben Sie angefangen zu masturbieren?“ Und: „Tun sie es noch?“ Und daneben sitzt deine Freundin. Und die zwei verstehen sich gut. Sie verstehen sich blendend.
    Bisher hat es keinen Moment gegeben, in dem ich bereut habe mit Felder und Hubsi den Film gemacht zu haben. Jetzt schon. Das ist jetzt ganz sicher der Tiefpunkt. Kleine Hölle Moabit war ein Dreck dagegen. Was gäb ich dafür das jetzt ungeschehen zu machen.
    Aber es kommt noch besser.
    Ich höre nur noch halb zu, aber das bisschen, was ich höre – Samstag, Auto, Großbardshausen - reicht völlig aus, um zu wissen, um was es jetzt geht. Nicht diese Geschichte. Luise, bloß nicht diese Geschichte! Ich spüre, wie sich eine große Klammer um meinen Brustkorb legt. Und zudrückt.
    Na gut, was soll's! Eigentlich wusste ich ja, dass die Geschichte kommen wird. Ja, im Innern wusste ich genau, dass sie kommen wird. Dass sie kommen muss. Das mit St. Hedwig führt zum Rathaus. Und das mit dem Rathaus führt direkt nach Großbardshausen. Das hat sich bei Luise so eingebrannt. Das ist einfach drinnen. Das

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