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Schönesding!

Schönesding!

Titel: Schönesding! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Boehm
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kriegst du nicht mehr raus.
    Ohne hinzuschauen spüre ich, wie Frau Sommer in einer schnellen Bewegung Luise den Kopf zugewendet hat. Sie hört jetzt zu wie ein Reh, das ein Knacken im Unterholz gehört hat. Dass ich ihr gegenüber sitze, hat sie schon vergessen.
    Luise jedoch schaut mich an, während sie erzählt, fast so als helfe ihr das zu verstehen, was damals passiert ist. So als erwarte sie sich von mir eine Antwort. Von mir.
    Und natürlich erzählt sie die Geschichte falsch. Wir haben schon ein paar mal darüber gesprochen. Und konnten uns nicht einigen. Ich sehe auch nicht, wie wir uns einigen könnten. Luise hat sich das selbst zuzuschreiben. Ich weiß eigentlich gar nicht, was sie will.
    Luise stellt es natürlich so dar, als wäre es meine Schuld gewesen. Wie sie sich verhalten hat, hatte damit nichts zu tun. Es lag an mir.
    Na gut, ich kann genauso gut selbst erzählen, was passiert ist. Jetzt ist es eh zu spät. Und besser Sie erfahren es von mir als von Luise.
    Also, es war so. Wir sind nach Großbardshausen gefahren mit meinem Auto. Am Samstag, ja am Samstag, da hat Luise wahrscheinlich recht. Großbardshausen, das ist so ein Kaff. Das sind vielleicht sieben Kilometer von Schlummbach. Und dort sind wir auf den Wallersberg gefahren. Na ja, mehr auf den Wallershügel wahrscheinlich. Auf jeden Fall hat man von dort einen Klasse-Ausblick. Deshalb sind wir ja dort hoch gefahren.
    Das Wetter war gut. Es war Sommer. Wir haben uns eine Decke mitgenommen und haben uns draußen hingelegt und, na ja, geredet und die Aussicht genossen.
    Na ja, auf jeden Fall liegen wir so auf der Decke und auf einmal rennt Luise ins Auto, schmeißt die Tür zu und drückt das Knöpfchen.
    Erst verstehe ich gar nicht, was los ist. Anscheinend hat sie Angst. Vor was denn? Ich schaue mich um, ob da was ist. Ich gehe zu ihr hin. Luise komm raus. Was ist denn? Sie sagt, sie hat Angst vor mir. Sie hat Angst vor mir? Wieso das denn? Was soll das!
    Sie hat Angst vor mir. Bin ich so eine Art Monster? Die Unverschämtheit. Der Affront. Der Wahnsinn. Die spinnt wohl. Na warte, dir zeig ich's! Ich tanze um das Auto herum und brülle irgendwas. Ich rüttele an den Türen. Ich werfe mich auf die Motorhaube und schmeiße mich gegen die Windschutzscheibe. Jetzt hat Luise wirklich Angst. Das macht Spaß. Was muss sie sich auch in dem blöden Auto einschließen. Die Tür macht sie aber immer noch nicht auf.
    Irgendwann wird es langweilig, und ich will jetzt wirklich, dass sie die Tür aufmacht. Also rede ich ihr gut zu. Fast wie einem Hündchen, das sich erschreckt hat. Es dauert eine Weile, aber irgendwann beruhigt sie sich und macht die Tür auf.
    Und jetzt kommt's. Das Beste ist, danach weiß sie nicht mehr, warum sie sich eingeschlossen hat. Ich habe etwas gesagt, das ihr Angst gemacht hat. Was, Luise? Das weiß sie nicht mehr. Aber es hat ihr Angst gemacht.
    „Na, das ist ja wirklich sehr interessant“, sagt Frau Sommer. Sie legt den Kopf leicht nach links. „Weißt du, Luise, bei uns redet er fast gar nicht.“
    Und das wundert dich, Andrea? Sie schaut mich nicht an. Schau mich an, Andrea!
    „Er denkt wohl, dass er damit besser fährt. Dabei wollen wir ihm nur helfen. Dazu sind wir da.“
    Jetzt schaut sie mich an. So treudoof und unschuldig, dass du ihr die Zähne einschlagen möchtest.
    Jetzt weiß ich, was hier gerade passiert. Die genießt das. Die genießen es beide. Sie bestrafen mich dafür, dass ich ihnen nicht alles sage. Dass ich mein Innerstes nicht nach außen kehre. Damit sie mich noch besser auswaiden können. Das ist die Lektion, die ich lernen muss.
    Wenn Felder jetzt bloß hier wäre. Der wüsste bestimmt, was man in einer solchen Situation tut. Verdammt, Mann, wahrscheinlich wäre der schon längst weg. Ja, genau, der wäre gar nicht hier. Der wäre weg.
    Jetzt sagen die beiden nichts mehr. Jetzt ist es still. Das ist peinlich, wie still es ist an unserem Tisch. Sie warten, dass ich etwas sage. Diese Stille! Aber ich weiß nicht, was ich sagen soll. Was wollen die von mir hören?
    „ Na, da werden wir in unserer nächsten Sitzung sicher eine Menge zu besprechen haben.“
    Vielen Dank, Luise! Vielen Dank. Dieses Sommerfest hat sich wirklich gelohnt. Das war wirklich ein Fez, nicht wahr? Haben wir das genossen.
    Die sagen immer noch nichts. Beide schauen mich an. Und sagen nichts. Haben die das geplant? Haben die sich abgesprochen?
    Diese Stille!
    Ich glaube, ich kann nicht mehr. Ich glaube, ich muss jetzt irgendwas

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