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Schöpfung außer Kontrolle: Wie die Technik uns benutzt

Schöpfung außer Kontrolle: Wie die Technik uns benutzt

Titel: Schöpfung außer Kontrolle: Wie die Technik uns benutzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Olsberg
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Lakaien.«
    Dass Professor Weisenberg dieselbe Meinung vertritt wie ich in diesem Buch, ist natürlich kein Zufall. Er ist eine Figur aus meinem Roman »Das System«, der ich eine hoch komprimierte Zusammenfassung der in diesem Buch vertretenen Thesen in den Mund gelegt habe.
    In meinem Buch muss der Protagonist, Mark Helius, mit einer unangenehmen, zum Glück bisher nur hypothetischen Konsequenz der memetischen Evolution fertig werden: einem maschinellen Netzwerk, das nicht mehr das tun will, wofür es gebaut wurde, sondern seinen eigenen Willen entwickelt und beim Kampf um seine von den Menschen bedrohte Existenz die Menschheit selbst an den
    Rand der Auslöschung bringt. Aber die eigentliche Botschaft des Romans, die ich in die Rahmenhandlung eingewoben habe, entspricht der dieses Buches: Wir beherrschen die Dinge, die wir geschaffen haben, nur zum Teil. Sie beherrschen uns in einem mindestens ebenso großen Maße.
    Schauen wir uns das Beispiel der Schokolade im Supermarkt ein wenig genauer an. Einzelhandelsunternehmen müssen, um zu existieren, über den Durchschnitt mehrerer Jahre zumindest einen bescheidenen Gewinn machen. Gewinn ist definiert als Umsatz minus Kosten. Der Umsatz hängt davon ab, wie viele Produkte das Unternehmen zu welchem Preis verkaufen kann. Die Kosten setzen sich, grob vereinfacht, aus dem Einstandspreis für die verkauften Produkte und den Betriebskosten des Unternehmens zusammen. Die Betriebskosten wiederum bestehen im Wesentlichen aus den Personalkosten und den filialbezogenen Sachkosten wie Miete und Energie.
    Was kann ein Handelsunternehmen tun, um seinen Gewinn zu steigern oder wenigstens zu sichern? Die Preise erhöhen? In der Regel verbietet sich das, weil Verbraucher gerade im Lebensmittelhandel sehr preisbewusst sind und schnell zu einem Konkurrenten überlaufen, wenn man mit den Marktpreisen nicht mithalten kann. Es gibt zwar einige Tricks, um diesen festen Zusammenhang ein wenig zu lockern, wie zum Beispiel »Lockvogelangebote«, aber im Großen und Ganzen haben Handelsunternehmen nur wenige Möglichkeiten, den Preis ihrer Produkte zu ihren Gunsten zu verändern.
    Ähnlich verhält es sich mit dem Einstandspreis. Die jährlichen Preisverhandlungen mit den Lieferanten sind hart und enden in der Regel damit, dass keine Seite mit dem erzielten Kompromiss besonders zufrieden ist - die Hersteller können kaum die Produktionskosten decken, die Margen der Händler sind dennoch so klein, dass sie nur mit Mühe ihre Betriebskosten wieder hereinholen können. Das liegt daran, dass preisaggressive Wettbewerber einen niedrigen Einstandspreis in Form von Preissenkungen rasch an den Verbraucher weitergeben. Der dadurch erzielte Vorteil ist nur von kurzer Dauer, da die übrigen Händler nachziehen. Im Ergebnis sind die Preise »ausgelutscht«, und der Verbraucher ist der lachende Dritte. So sollte es jedenfalls sein, und so ist es nach meiner Erfahrung als Unternehmensberater in den meisten Bereichen des Handels in Deutschland auch tatsächlich.
    Die Preisgestaltung ist also nur ein begrenzter Hebel, um den Gewinn zu steigern. Aber was dann? Kostensenkungen? Auch aus diesem betriebswirtschaftlichen Instrument ist dank hochentwickelter Steuerungssysteme weitgehend »die Luft raus«. Als in den sechziger und siebziger Jahren die »Tante-Emma-Läden« durch Selbstbedienungs-Supermärkte verdrängt wurden, konnten Letztere aus einer deutlich besseren Kostenstruktur noch starke Marktvorteile ziehen. Heute wird der Lebensmittel-Einzelhandel von Discountern dominiert. Ich stehe immer wieder bewundernd in meiner lokalen Aldi-Filiale und staune über die unglaubliche Effizienz dieses Handelsunternehmens, das weltweit einen legendären Ruf genießt. Meiner Meinung nach sind hier Kostensenkungen kaum noch möglich. Zwar wird stellenweise schon mit Supermärkten experimentiert, bei denen die Kunden ihre Ware an Automaten selbst bezahlen, doch ob dieses System sich durchsetzt, muss sich erst noch zeigen. Die Kosten pro Quadratmeter Einzelhandelsfläche lassen sich kaum noch reduzieren.
    Wenn die Handelsmargen der Produkte nicht gesteigert und die Kosten pro Flächeneinheit nicht gesenkt werden können, dann gibt es nur noch eine Möglichkeit: Der Umsatz pro Flächeneinheit muss erhöht werden. Dies kann einerseits durch Werbemaßnahmen geschehen, die mehr Kunden in die Läden locken, und andererseits durch eine bessere Ausnutzung der zur Verfügung stehenden Fläche. Dieser Ansatz ist im Handel unter dem

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