Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schöpfung außer Kontrolle: Wie die Technik uns benutzt

Schöpfung außer Kontrolle: Wie die Technik uns benutzt

Titel: Schöpfung außer Kontrolle: Wie die Technik uns benutzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Olsberg
Vom Netzwerk:
ungestörtes virtuelles Leben. In einer weiteren Schlüsselszene isst er in der »Matrix« ein Steak und stellt lapidar fest, dass das Fleisch gut schmeckt und es ihm herzlich egal ist, ob der Geschmack nur simuliert wird.
    Wenn wir unseren heutigen Umgang mit den Medien betrachten, müssen wir wohl feststellen, dass sich die weitaus meisten Menschen für die blaue Pille entscheiden würden.
    Wir spielen gern. Das liegt in unserer Natur, denn durch das Spiel lernen wir als Kinder, uns auf die Herausforderungen des Erwachsenenlebens vorzubereiten. Wir trainieren unsere Reaktionsfähigkeit, Körperbeherrschung, unser Denkvermögen, unsere soziale Kompetenz. Es macht uns Spaß, das heißt, unser Gehirn belohnt uns mit Wohlgefühl und Erfolgserlebnissen, wenn wir es tun. Gelegentliche Frustration, wenn man beim Mensch-ärgere-dich-nicht verloren hat, führt nur dazu, dass man den Wunsch verspürt, beim nächsten Mal erfolgreicher zu sein (und das hilft uns zu lernen, mit solchen Niederlagen im Leben umzugehen).
    Spielen ist ein wichtiger Teil unseres Lebens. Friedrich Schiller ging sogar so weit zu behaupten: »Der Mensch ist nur da ganz Mensch, wo er spielt.« So ist es nicht verwunderlich, dass Computer auch in diese Domäne Einzug gehalten haben.
    Sie begegnen uns dabei in sehr unterschiedlichen Formen: von sprechenden Plüschtieren bis zu automatischen Hunden und kleinen Dinosauriern, die das Verhalten von Tieren täuschend echt simulieren; von der Simulation eines Solitaire-Kartenspiels am PC bis zum Online-Rollenspiel »World of Warcraft«.
    Wer ein Kind beim Spielen beobachtet, der spürt, wie tief es manchmal in seiner Spielwelt »versinkt«. Der Effekt ist derselbe wie beim Fernsehen: Das Gehirn des Kindes »vergisst«, dass es nur spielt. Es empfindet die erfundenen Handlungen beinahe so, als wären die Puppen in seiner Hand reale Lebewesen. Dadurch wird der Lerneffekt des Spiels intensiver - das Gehirn kann die beim Spielen gemachten Erfahrungen so abspeichern, als habe es die Geschehnisse tatsächlich erlebt. Es verwundert also nicht, dass wir uns auch auf Computerspiele besonders intensiv einlassen.
    Als ich mir meinen ersten Rechner kaufte, gab es bereits Computerspiele - sie waren einer der Gründe dafür, dass ich unbedingt so ein Gerät haben wollte. Ich wollte nicht nur spielen, ich wollte selbst Spiele entwickeln.
    Natürlich sahen Computerspiele im Jahr 1981 anders aus als heute. Ihre Grafik war primitiv, falls es überhaupt eine gab. Ich erinnere mich an meine erste Version eines selbstprogrammierten Spiels nach dem Vorbild eines in einer Zeitschrift abgedruckten Programms namens »Ham-murabi«. Das Programm simulierte die Entscheidungen, die ein Herrscher der Antike treffen musste: Wie viele Menschen sollen als Bauern Korn anbauen, wie viele sollen für die Verteidigung des Landes eingesetzt werden? Wie hoch soll der Steuersatz sein? Der Computer simulierte die Ergebnisse der Entscheidungen unter Zuhilfenahme von Zufallseinflüssen, wie Seuchen, Missernten und Überfällen feindlicher Nachbarn. Das Spiel war nur ein paar Dutzend Zeilen lang, aber es funktionierte bereits recht gut und war in der Lage, mich für Stunden zu beschäftigen.
    Wesentlich aufwendiger waren die sogenannten Text Adventures, von denen »Zork« das bekannteste war. Sie gingen auf eines der ersten Computerspiele überhaupt zurück, »Colossal Caves«, das 1972 auf einem DEC Minicomputer entwickelt worden war. Der Computer beschreibt bei dieser Spielform Orte und Gegenstände in einer virtuellen Welt, in der sich der Spieler befindet. Durch Eingabe einfacher Kommandos wie »gehe nach Norden« oder »öffne die Schatztruhe« wird das Spiel gesteuert.
    Für mich haben diese Spiele immer noch eine Faszination, die über das hinausgeht, was heutige aufwendig simulierte 3D-Welten bieten können. Denn sie nutzten die eigene Vorstellungskraft und Phantasie des Spielers. Wenn man heutige Computerspiele mit den alten Text Adventures vergleicht, entsprechen Erstere einem gut gemachten Hollywood-Actionfilm, Letztere einem guten Buch. Die Firma Infocom, damals führender Anbieter solcher Text Adventures, schrieb in einer Anzeige: »Wir entfesseln den mächtigsten Grafikcomputer der Welt: das Gehirn.«
    Die Firma Infocom ist längst untergegangen, und ihre genialen Produkte sind in Vergessenheit geraten, obwohl es immer noch online spielbare Versionen gibt ( http://www . ifiction.org/games/index.php?cat=2). Doch die Grundidee interaktiver

Weitere Kostenlose Bücher