Schöpfung außer Kontrolle: Wie die Technik uns benutzt
Jahr 2008 erfolgreichsten Computerspiel aller Zeiten. Über 11 Millionen Menschen waren zu dieser Zeit bei dem Spiel angemeldet, und im Unterschied zu »Second Life«, wo es ähnlich viele Anmeldungen, aber zahllose »Karteileichen« gibt, zahlen alle diese Spieler regelmäßig Geld und sind tatsächlich aktiv. Damit hat die »Welt der Kriegskunst« mehr Einwohner als beispielsweise Österreich oder Tschechien und generiert jährlich Milliardenumsätze.
Anders als in »Second Life« steht hier nicht die Kreativität der Teilnehmer im Vordergrund. Der Name deutet schon an, dass es in dieser virtuellen Welt nicht besonders friedlich zugeht. Im Wesentlichen besteht das Spielziel darin, Monster zu besiegen, dabei Schätze zu erbeuten und Erfahrungspunkte zu sammeln, die die eigene Figur stärker machen, so dass man noch größere Monster besiegen kann, um noch wertvollere Schätze zu erbeuten, und so weiter. Die sogenannten »Level« geben dabei die Stärke der Figur an und repräsentieren gleichzeitig so etwas wie Ansehen und sozialen Status in der Spielwelt.
Natürlich ist das Spielprinzip nicht ganz so simpel, wie es oben klingt. »World of Warcraft« lebt vor allem von den komplexen sozialen Interaktionen der Spieler untereinander. Die meisten Aufgaben kann man nur mit mehreren Spielern gemeinsam lösen. Also muss man sich einer der zahlreichen »Gilden« anschließen, die wiederum untereinander Meinungsverschiedenheiten austragen oder Bündnisse schließen. All das macht eine Menge Spaß, den man nur wirklich ermessen kann, wenn man es einmal selbst ausprobiert hat.
Ähnlich wie in »Second Life« gibt es auch in »WOW«, wie es die Spieler nennen, eine komplexe Wirtschaft mit virtuellem Geld. Und auch wenn der Betreiber des Spiels, Blizzard Entertainment, es ausdrücklich untersagt, können Gold, wertvolle Waffen und Ausrüstungsgegenstände bei einschlägigen Anbietern gegen harte Dollar erworben werden.
Anders als in »Second Life« ist die Knappheit der Güter hier real: Dieses besondere Seelenschwert mit dem ExtraSchadensbonus gegen Untote oder jene superstabile Zwer-genrüstung gibt es vielleicht tatsächlich nur ein einziges Mal im Spiel. Kein Spieler kann so etwas selbst herstellen, das können nur die Entwickler. Kein Wunder also, dass sich eine riesige »Schattenwirtschaft« um das Spiel rankt. Man kann nicht nur Gold und Ausrüstung erwerben, sondern seine Spielfigur auch von Profis vom schwächlichen Anfänger zum Level-50-Superhelden »trainieren« lassen -gegen Geld natürlich. Angeblich leben in China eine halbe Million Menschen von derartigen Dienstleistungen oder dem Erbeuten und gewerblichen Verkauf besonderer Spielgegenstände.
Das Problem ist dabei nicht, dass Jugendliche ihr ganzes Taschengeld für nichtexistierende Schwerter ausgeben oder dafür, dass jemand anderes für sie ein Spiel spielt. Das in den Medien vieldiskutierte Problem ist die »magische« Anziehungskraft, die »WOW« und vergleichbare, sogenannte »Massive Multiplayer Games« ausüben.
Man kann den Entwicklern von »World of Warcraft« nicht vorwerfen, ein sinnleeres Spiel geschaffen zu haben, das Gewalt verherrlicht und Jugendliche abstumpft. Im Gegenteil haben sie sich viel Mühe gegeben, das Spiel interessant und abwechslungsreich zu gestalten. Die Graphik ist eindrucksvoll, es gibt viele interessante Rätsel zu lösen, und vor allem steht hier - im Unterschied zu den zu
Recht geschmähten »Egoshootern« - das Miteinander, die soziale Interaktion mit anderen Spielern, im Vordergrund. Die »WOW«-Spieler begeben sich freiwillig und begeistert in diese Welt, weil sie so viel interessanter und bunter ist, so viel mehr Bestätigung und Erfolgserlebnisse bietet als die triste, graue Realität. Das Spiel macht nicht dumm, es macht vor allem süchtig.
Eine Studie des Zentrums für empirische pädagogische Forschung der Universität Landau kam bei Auswertung von Online-Fragebögen zu der Ansicht, dass 11,3 Prozent der Befragten ein pathologisches, also krankhaftes Verhalten zeigten. Diese Zahlen kann man nicht verallgemeinern, da hier vor allem männliche Jugendliche teilnahmen, die einen Online-Zugang hatten, und somit der VielspielerAnteil überdurchschnittlich hoch ist. Dennoch hat die Studie ein beträchtliches Medienecho ausgelöst und die Vorbehalte insbesondere gegenüber »World of Warcraft«, das pathologische Spieler überdurchschnittlich oft spielten, verschärft.
Es geht mir nicht darum, Online-Rollenspiele
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