Schon wieder Greta!
gewesen, dass er in irgendeiner Weise die Oberhand behielt. Er war derjenige, der bestimmte. Klar, es hatte ihr auch gefallen, verwöhnt zu werden, nicht nachdenken zu müssen und sich überraschen zu lassen. Schließlich waren die Überraschungen meist auch gelungen und absolut willkommen. Dennoch blieb immer eine Nuance Unselbstständigkeit zurück, ein Nicht-ernst-genommen-Werden, oder ein Gefühl von »Ich-hab-nichts-zu-sagen«. Nie zuvor hatte sie so den Ton angegeben wie jetzt. Endlich fühlte sie sich ihm gewachsen. Und das konnte sie auch an Mikes Körperhaltung und seinem Gesichtsausdruck ablesen. Sie waren sich jetzt ebenbürtig.
»Gut, Greta, dann werde ich mal auspacken. Die ganze Wahrheit. Es ist nicht alles schön, aber du hast ein Recht darauf. Zudem habe ich heute den Eindruck, dass du es auch so willst. Egal, was danach mit uns passiert, du sollst wissen, dass ich es immer ernst mit dir gemeint habe. Ich finde du bist ein Super-Weib und ich möchte mehr von dir.«
Jetzt war Greta platt. »Okay!«, war alles was sie erwidern konnte.
»Du weißt ja, dass Steve in Jamaika lebt«, fuhr Mike fort. »Er bewohnt dort in den Bergen eine Finca und hatte sich ursprünglich dorthin zurückgezogen, um mit seiner Behinderung klarzukommen. Das ist auch alles gut gelaufen - bis er Kontakt zu Drogen bekam. Aber selbst das wäre zunächst mal nichts Dramatisches. Die Jamaikaner nehmen es mit den Drogen nun mal nicht so ganz streng. Die wachsen quasi mit Dope auf. Wenn du nun aber als unbeschriebenes Blatt da mitmachen willst, kann das ziemlich in die Hose gehen. So musste Steve erfahren, dass er nicht so easy mit den Drogen umgehen kann. Er rutschte immer tiefer in die Sache rein und hat dann noch Ärger mit den Behörden bekommen. Das Üble war: Ich wusste davon bis letzte Woche gar nichts. Ich habe seine Stimmungsschwankungen immer auf seine Psyche zurückgeführt. Für mich war immer der Unfall, der zu seiner Querschnittlähmung geführt hat, der Grund für sein Benehmen. Nie wäre ich auf die Idee gekommen, dass da Drogen im Spiel sind.«
Nach einer kurzen Pause fuhr Mike fort. Greta schwieg. Sie wusste sowieso nicht, was sie von dem Gerede halten sollte.
»Nun gut, letzte Woche wollte Steve Geld von mir. Ich gab ihm das Geld und war mir sicher, dass alles okay ist. Er meinte, er wolle nicht zu unserem Vater gehen, es sei sowieso nur kurzfristig geliehen. Ich habe nicht weiter nachgefragt. Vielleicht hätte ich das besser machen sollen.
Gestern im Office mache ich mich gerade fertig, ich wollte ja zum Flughafen, um dich abzuholen. Meine Sekretärin aber hielt mich auf. Und die Polizei stand plötzlich im Büro. Ich war total überrascht, dachte eigentlich, es ist 'ne Verwechslung und es geht um unseren Nachbarn, denn der hatte schon mal mit der Polizei zu tun. Die Polizisten aber fragten mich, ob ich Steve Sloan kenne. ›Na klar, ist doch mein kleiner Bruder. Hat er was angestellt?‹, frag ich noch scherzhaft. Und dann nahmen die mich einfach fest. Keine Ahnung warum. Auf der Wache erfahre ich dann vom Chief, dass mein kleiner Bruder ebenfalls festgenommen wurde - und zwar wegen Drogenkonsums und Drogenhandel. Außerdem sei ich ebenfalls beschuldigt, mit Drogen zu handeln. Schließlich habe mein Bruder das Geld für seine dubiosen Geschäfte ja von mir erhalten. Ob ich selbst auch Drogen konsumierte, würden sie schon feststellen.
Tja, so bin ich gestern den ganzen Nachmittag und Abend bei der Polizei gewesen und hab mich mit dem Thema Drogen rumgeschlagen. Ich musste mir Blut abnehmen lassen. Am Ende habe ich mir einen Anwalt organisiert, der mich rausgepaukt hat. Steve ist noch in Haft. Die vielen Stunden auf der Wache waren echt übel. Du glaubst ja gar nicht, was für ein Pack sich da so rumtreibt. Als ich dich dann angerufen habe, konnte ich dir doch nicht so einfach die ganze Geschichte aufbürden, oder? Ich bin selbst noch ganz benommen von den gestrigen Ereignissen. Ehrlich, ich kann es auch nicht glauben, dass das alles passiert ist.«
Greta schwieg. Sie wusste überhaupt nichts mehr. Sollte sie ihm jetzt einfach glauben? War es wirklich so gewesen? Seinem Bruder traute sie ohnehin nicht recht. Ein Rüpel und ein Widerling, einer, dem man besser aus dem Weg ging. Irgendwie schien die ganze Geschichte ja stimmig - aber dann doch wieder so irrsinnig.
Mike fuhr fort. »Ich muss mich heute noch um Steve kümmern. Er ist noch in Haft. Nachdem die Polizei keinen Drogenkonsum bei mir nachweisen
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