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Schossgebete

Schossgebete

Titel: Schossgebete Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Roche
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mir erst ziemlich pervers vor, und als meine eigene Mutter würde ich sagen: »Spinnst du, du perverses Männerschwein, das hättest du wohl gerne!«
    Als die Frau meines Mannes habe ich gesagt: »Klar, können wir gerne mal ausprobieren.« Ich möchte für meinen Mann die coolste Frau sein, die er sich vorstellen kann. Ich möchte ihm das schenken, weil er mir auch so viel geschenkt hat. Alles, was er hat, teilt er mit mir. Geld. Zeit. Wohnung. Alles. Ich dürfte auch alles anziehen von ihm, passt mir aber nicht. Ich mache dafür alles für ihn, was ich kann, bis zur Selbstaufgabe. Für immer. Hoffentlich schaffe ich das. Das ist jedenfalls der Plan. Er soll aber nicht merken, dass es Selbstaufgabe ist, ist ja unsexy. Ich spiele vor, dass mir ein Puffbesuch mit ihm nichts ausmacht. Ich bin eine gute Schauspielerin. Und habe dann aber totale Angst davor. Wenn ich sage, ich mach was, dann mach ich das auch. Deswegen habe ich Angst, weil klar ist, dass ich das machen muss, wenn ich zugesagt habe.
    Als wir das erste Mal drüber sprachen, bekam ich sofort Durchfall. Alle aufregenden Sachen schlagen bei mir sofort auf den Darm. Mein Mann kennt das schon, ich renne einfach wortlos, peinlich berührt und lachend aus aufregenden Diskussionen weg und schließe mich im Gästeklo ein. So wird das heute Abend bei unserer Planung bestimmt auch enden. Ich kenne mich doch. Wir knien beide auf unserem großen Designersofa, das ist wirklich sehr groß. Wenn ich da mit ausgestreckten Beinen drauf sitze, mit dem Rücken an der Rückenlehne, kommen meine Füße nicht an das Ende der Sitzebene. Das Sofa ist noch aus seiner ersten Ehe. Nicht nur die Menschen sind Patchwork in unserem Leben, auch die Möbel. Wir knien und gucken einander an. Er weiß, dass es immer schwer ist für mich, darüber zu reden, weil ich ständig schwanke zwischen meiner Mutter und meinem Mann.
    Er lächelt mich an. Das beruhigt mich.
    Er sagt: »Ich habe schon einen Plan. Willst du ihn wissen?«
    »Klar.«
    Ich denke, wir planen zusammen! Natürlich hat er schon einen Plan. Ihm macht das Spaß, drüber nachzudenken, mir macht es Angst, und wenn ich grad mutig und locker und frei bin und es mir keine Angst macht, dann macht es mich aufgeregt. Und ich hasse es auch, aufgeregt zu sein. Mir kann man es nicht recht machen. Ich wäre nicht gern mit mir zusammen oder womöglich noch mit mir verheiratet. Horror!
    »Wir können ja um elf ein spätes Frühstück nehmen in dem Café nebenan, Café Fleur . Die haben da WLAN , hab schon angerufen. Wir nehmen den Laptop mit. Ich gehe alleine in den Sexclub um die Ecke und gucke, welche Frauen da sind. Vielleicht können wir sie nachher dann gemeinsam im Internet angucken.«
    Wir haben das ja schon öfters gemacht, und aus Erfahrung wissen wir, dass das Geschäft tagsüber brummt im Puff und nicht, wie man sich das als Laie vielleicht vorstellt, am verruchten Abend oder in der Nacht. Das Hauptgeschäft in diesem Edelpuff läuft in der Mittagspause, wenn die Männer dahin gehen, von der Arbeit aus. Kurz. Am Wochenende und am Abend hat das Etablissement zu, weil die Freier dann alle auf Familie machen müssen und nicht wegkommen, ohne Verdacht zu erregen.
    Meistens mögen die im Puff nicht, wenn ich als Frau direkt mitkomme. Mein Mann muss erst alleine rein. Ganz normal erst mal, wie ein Freier, der sich umguckt. In dem Preissegment, in dem wir uns bewegen, wird Diskretion großgeschrieben. Er wird meistens in einen Raum geführt, ohne dass ihn irgendein anderer Freier sieht, und dann kommen einzeln die Frauen rein, drehen sich einmal im Kreis, sagen, wie sie heißen, wirken meistens sehr gelangweilt, weil da ja noch kein Geld fließt, die wissen ja nicht, wie viel sie später mal an uns verdienen werden. Sie schätzen ihn falsch ein, als einen Hochstapler, der nur mal umsonst Beratungsgespräche in Anspruch nimmt und sich dann zu Hause für umme einen auf sie runterholt. Wenn er erzählt, dass er gerne seine Frau mitbringen würde, ob das für die jeweilige Frau in Ordnung ginge, lächeln sie ihn mitleidig an, weil sie denken: Ja, du armer Irrer, das hätten viele gern. Haben sie schon oft gehört: »Ich bring später meine Frau noch mit.« Und dann kommt keiner. Er muss dann jede Einzelne fragen, ob sie es auch mit einem Pärchen machen würde. Manche machen das, manche nicht. Ich weiß nicht, was die dagegen haben können. Egal. Ist eben so.
    Mein Mann checkt die Körper ab. Er mag nicht, wenn sie kräftiger sind und einen

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