Schossgebete
sieben Jahren hatte. Der Anführerin der deutschen Frauenbewegung würden die Filme in unserer Familiensammlung bestimmt gut gefallen, keine Vergewaltigungen, keine Frauenerniedrigungen, eigentlich nur ganz viel Klitorisgediddeldididdel!
Ein bisschen kommt meine sexuelle Befriedigungskunst aber auch von mir, von innen, nicht nur zu hundert Prozent von meinem Mann und seiner Pornofilmsozialisation. Das habe ich zum Beispiel von meiner alten Sportlehrerin gelernt auf dem Gymnasium. Sie brachte uns sehr früh bei, wie man die Scheidenmuskulatur zusammenzieht und wieder entspannt, bis die Muskeln in dem Bereich spürbar stärker wurden. Ich glaube, meiner Sportlehrerin Frau Kühne habe ich zu verdanken, dass ich jedes Mal so übernatürlich heftig komme. Und dass ich bestimmen kann, wann der Mann kommt, wenn ich keinen Bock mehr auf Reibung habe. Irgendwann ist ja auch mal alles wund gescheuert.
Georg holt einen ganz flachen Plastikumschlag aus der Schublade unter dem Fernseher und gibt ihn mir in die Hand. Ich betrachte das Cover. Da steht »Glory Hazel« drauf. Cooler Name für eine Firma! Ich sehe schick schwarz-weiß gepixelt eine Frau, kniend von hinten, in Strapsen, zwischen ihren Beinen klemmt ein Männerkopf. Sie krallt sich mit weit ausgebreiteten Armen in eine Samtbettkonstruktion rein.
»Sieht super aus«, sage ich zu meinem Mann.
Ich klappe den Plastikverschluss auf und ziehe eine weitere Papierhülle raus, die falte ich auf, und eine schöne kleine Pflaume springt mir entgegen, nur leicht rasiert, wie das eben so war, damals.
Wir müssen beide lachen. Ich gucke ganz lange drauf, nehme die DVD und lege sie ein. Ich laufe noch schnell zum Kühlschrank und hole zwei Bier raus, öffne sie mit unserem an der Wand festgemachten Bieröffner, schön geordnet alles bei uns, setze mich mit meinem Mann auf die Couch und wickel uns beide in die übergroße Wolldecke ein.
Der Trailer geht schon mal sehr gut los. Porno ohne den ganzen peinlichen Scheiß dabei.
Ich lege unter der Decke meine Hand auf seinen Schwanz und seinen Sack und halte diese beiden komischen Gebilde fest in meiner Hand. Endlich habe ich frei von mir selbst. Anderen beim Sex zuzugucken ist ein ganz schön gesunder Drogenersatz. Es erzeugt wirklich einen richtigen Rausch.
Ein paar Minuten tauchen wir ein in diese sexuelle Kunstwelt, da klingelt es an der Tür. Ich reiße die Hand aus seiner Hose, fühle mich ertappt, wie ein Teenager in seinem Zimmer beim ersten Petting, springe sofort auf.
Georg lacht, der kennt das von mir. Sofort zur Stelle, sofort alles vertuschen, anstatt einfach nicht aufzumachen und liegen zu bleiben. Er guckt mich amüsiert an, dann auf seinen Schritt und sagt: »Ich kann grad nicht aufmachen.«
Ich wickel mich in die Decke ein, nicht weil ich nackt bin, sondern um mich zu schützen vor was auch immer da auf mich zukommt. Drücke den Pausenknopf der Fernbedienung und laufe zur Tür.
Ich atme noch mal tief durch, die Hand schon an der Klinke und reiße gespielt locker die Tür auf. Da steht unser Freund Jochen mit seiner Babytochter auf dem Arm. Ich freu mich immer sehr, wenn ich ihn sehe, er ist zwar nicht schön, aber sehr lustig und sehr versaut. Verbal, meine ich.
Er möchte nicht lange stören, entschuldigt sich fürs Wecken. Hä? Sehe ich so derangiert aus? Na ja, egal.
»Wer ist da? Mit welchem fremden Mann redest du?«, ruft Georg mit gespielter Empörung aus dem Wohnzimmer.
»Ich bin’s nur, der Jochen, keine Sorge!«
Ja, von wegen, keine Sorge. Wenn, dann der! Auf jeden Fall.
Er drückt mir eine DVD -Box in die Hand, die Georg ihm ausgeliehen hat, meine Phantasie dreht durch, ich versuche ihn mit den Augen zu fixieren, er hat aber anderes im Kopf, schuckelt seine Tochter, muss zu seinem Auto, parkt in zweiter Reihe. Er verabschiedet sich, quetscht ein bisschen die Tochter zwischen uns, Küsschen rechts, Küsschen links, schön. Er brüllt noch »Tschüs, Georg« durchs Treppenhaus, und weg ist er wieder. Mein Fremdgehkandidat Nummer eins!
Im Flur atme ich noch einmal tief aus, sammle mich nach den ganzen wilden Gedanken und geh zurück auf die Couch. Ich lege die DVD -Box auf den Tisch.
»Weiter?«, fragt Georg und drückt wieder auf Play . Wir versuchen wieder reinzukommen. Eine schön geschminkte Schauspielerin aus den späten Siebzigerjahren mit bemerkenswert starker Schambehaarung befriedigt sich auf einem braunen paisleygemusterten Bett selbst, begleitet von spacigen
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