Schottische Disteln
mir einen gut sortierten Picknickkorb ins Auto gestellt.«
»Das ist wunderbar, den nehmen wir uns später vor.«
Während Peter zu seinem Auto ging und Andrea sich in die Schlange der Würstchenkäufer einreihte, schüttelte sie den Kopf. Da hatte er seine gute alte Anne mitten in der Nacht aus dem Bett gescheucht, damit sie einen Picknickkorb für sie richtete. Beim nächsten Besuch würde sie sich dafür revanchieren und Anne den neuesten Thriller mitbringen, den sie finden konnte. Sie kannte die geheime Leidenschaft der bescheidenen Haushälterin und beschloss, in ihrer Buchhandlung Ken Folletts Jubiläumsausgaben zu besorgen, die es im Moment zu Sonderpreisen gab. Dann hatte sie in der nächsten Zeit Geschenke zur Hand, wenn sie Anne sah.
Sie setzte sich auf die Anhängerkupplung eines abgestellten Pferdetransporters und biss in ihr Würstchen. Während sie auf Peter wartete, wurde ihr klar, dass sie sich bald ernsthaft mit ihrem Verhältnis zu diesem Mann beschäftigen musste. Bisher hatte sie weder Zeit noch Lust dazu gehabt, aber es gab Signale, die nicht mehr zu überhören waren: Peter dachte an eine ernsthafte Beziehung, und sie wusste immer noch nicht, wie sie sich verhalten sollte.
Sie sah ihn zurückkommen, stand auf und ging ihm entgegen. Dann versuchten sie zusammen, den Startplatz zu erreichen. Er befand sich am Anfang einer kleinen Asphaltstraße, die später auf Sand- und Waldwegen weiterführte. Das Gedränge war so groß, dass Andrea keine Möglichkeit sah, in die Nähe der Absperrung zu kommen, um zu fotografieren.
»Komm, wir gehen ein Stück die Straße entlang, dann haben wir die Reiter allein, und ich habe bessere Möglichkeiten«, sagte sie.
Nach wenigen Minuten kam der erste Reiter im Schritt vorbei, um das Pferd langsam warm zu reiten. Ein zu schnelles Tempo auf dieser Strecke, so hatte Andrea in den Bestimmungen gelesen, würde Strafpunkte einbringen.
Sie verglich seine Rückennummer mit der Starterliste. Die Reiter kamen im Abstand von fünf Minuten, mit dem ersten Engländer musste sie gegen halb acht rechnen, der nächste würde kurz nach acht kommen.
»Wir haben noch Zeit, setzen wir uns.«
Peter, fürsorglich wie immer, hatte eine Decke im Arm und legte sie über die Böschung im Straßengraben. Ein halbhohes Maisfeld im Rücken, das vor dem frischen Ostwind schützte, vor sich im Westen die entfernten Häuser der kleinen Stadt Salzhausen mit der alten Kirche auf einer Anhöhe und die warme Sonne auf den Schultern – Andrea gähnte.
»Ich könnte sofort einschlafen.«
»Mach das. Ich wecke dich, wenn die Engländer kommen.«
Andrea legte die Apparate griffbereit hin und streckte sich aus.
»Aber gut aufpassen, Peter.«
Als der Freund sie am Arm schüttelte, wachte sie aus tiefsten Träumen auf. Etwas entfernt hörte sie Hufgeklapper auf dem Asphalt.
»Jetzt kommt ein polnischer Reiter. Der nächste ist der erste Brite.«
»Danke, Peter.« Andrea stand auf und machte ein paar Probefotos, um Lichtverhältnisse und Entfernungen an den einzelnen Apparaten einzustellen. Sie fotografierte immer mit mehreren Apparaten, um ganz sicher zu gehen, und heute kam es besonders darauf an. Denn nachstellen konnte man die Situation später nicht. Nach wenigen Minuten kam Bob Thorsen. Er lächelte und winkte und man spürte, dass die Nervosität der Vorbereitungen abgefallen war. Es ging los, und die eingeübte Routine ergriff von Pferd und Reiter Besitz. Andrea machte ihre Aufnahmen, winkte und rief ihm ein fröhliches »Bye-bye« nach.
Dann setzte sie sich wieder zu Peter und ließ ihre Augen über die Landschaft schweifen, die durch Kuhkoppeln und Pferdeweiden unterteilt war. Die Strahlen der tief stehenden Morgensonne ließen die vielen Grünschattierungen aufleuchten und die roten Dächer der fernen Häuser glänzen. Im ganzen Umkreis grünten und blühten die Wiesen und Butterblumen, Wiesenschaumkraut, Klee und rote Lichtnelken zauberten ein Farbenmeer über das leicht hügelige Land, das sich meilenweit bis zum fernen Wald erstreckte.
Nach dem zweiten Engländer packten sie ihre Sachen zusammen und gingen zurück zum Parkplatz. Mit einiger Mühe gelang es Peter, den Wagen auf die Landstraße zu manövrieren. Er musste sich in einen Autokonvoi einreihen, der nur im Schritttempo vorwärts kam und schließlich auf einem riesigen, brachliegenden Feld zum Stehen kam, das zu einem Parkplatz umfunktioniert worden war.
Andrea wurde nervös. Das alles hatte viel zu lange gedauert,
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