Schottische Disteln
Knochen.«
»Mir geht‘s genauso.«
»Und bei dir war er drinnen im Haus?«
»Ja, er ist durch die einzige undichte Stelle hereingekommen, und, was noch schlimmer ist, er kannte sich genau aus. Er wusste nicht nur, wo der Gewehrschrank steht, sondern auch, wo der Schlüssel versteckt ist, in welchem Schrankfach die Munition liegt und welches meine beste Büchse ist. Nichts war aufgebrochen, er hat für alles die richtigen Schlüssel benutzt. Es muss jemand sein, der sich hier bestens auskennt. Das habe ich auch Bob schon gesagt.«
Ryan sah nach draußen. »Es wird dunkel. Zeit, dass ich mich auch auf den Weg mache. Ich werde die Weiden draußen bei mir bis hinauf zum Hochmoor kontrollieren und am Firth entlang bis nach Auldearn. Wenn jemand fragt, weißt du, wo ich bin.«
»Und wo man dich suchen muss, wenn du auch verschwindest.«
»Mal nicht den Teufel an die Wand. Hier sind übrigens die sechs Pfund für den Treibstoff letzte Nacht, ich habe nicht gern Schulden.«
»Ist schon in Ordnung. Kannst du dich ab und zu mal melden, damit ich weiß, dass alles in Ordnung ist?«
»Mach ich. Also, dann bis später.«
Ryan nahm sein Gerät und stieg in den Wagen. Dann verließ er das Dorf in Richtung Westen und fuhr zunächst nach Hause, um nach den Tieren zu sehen. Danach vernagelte er das kleine Fenster in der Abstellkammer und packte etwas Brot und Käse ein. Es würde eine lange Nacht werden, und wer wusste schon, wo er morgen unterwegs sein würde. Landgasthäuser waren in dieser eher ärmlichen Gegend selten. Ryan schaltete sein Funkgerät ein und machte sich auf den Weg. Aus dem Apparat klang vielfältiges Stimmengewirr. Die Männer unterhielten anscheinend regen Kontakt, und das brauchten sie auch, so allein in der Nacht und mit dem Teufel im Nacken.
Gegen sechs Uhr früh hörte er die Durchsage: »Wir haben den Wagen von Bob, und wir haben das Motorrad.«
Seit gut einer Stunde war es hell, und Ryan war weit über das von ihm angegebene Gebiet hinausgefahren. Da die Durchsage sehr deutlich und nah klang, schaltete er sich sofort ein:
»Hier spricht Ryan McGregor. Wer hat die Meldung durchgegeben, und wo seid ihr?«
»Hier sind Keit und Kendell Durness, wir sind am Riff von Stoneoaks. Wir sehen niemanden, nur die beiden Fahrzeuge.«
»Seid vorsichtig. Bleibt in sicherer Entfernung, ich bin schon unterwegs, und die anderen haben auch zugehört.«
»Verstanden. Beeilt euch.«
Ryan wendete auf der schmalen Straße und fuhr so schnell er konnte in Richtung Küste davon. Stoneoaks war das einzige Gebiet hier an der Küste mit steil zum Meer hin abfallenden Felsen – ein sehr gefährlicher Küstenstreifen, weil die Brandung mit ungeheurer Wucht direkt vom Nordmeer auf die Küste traf. Ob Sturm oder Flaute, hier tobte das Meer immer. Als er sich dem Gebiet näherte, sah er andere Wagen herankommen. Von allen Seiten fuhren die Bauern das Gelände an. Er bog durch die einzige Zufahrt zu einer Weide, die nicht ahnen ließ, dass sie nach weniger als zwanzig Metern senkrecht ins Meer abfiel. Vereinzelt standen Schafe auf der Fläche, jetzt aufgeschreckt und unruhig, als ein Auto nach dem anderen durch das Gras hinüber zu den Klippen fuhr. Während ein Wagen in der Nähe der schmalen Einfahrt stehen blieb, um sie im Notfall zu versperren, schoben sich alle anderen Wagen in einem Halbkreis und einem Abstand von gut fünfzig Metern an das Motorrad und Bobs Wagen heran. Die Männer stiegen aus und blieben vor den Fahrzeugen stehen, Gewehre, Knüppel und Mistgabeln in den Armen. Auch Ryan stieg aus, den Revolver griffbereit im Gürtel. Die Männer riefen hin und her, aber keiner fühlte sich wirklich zuständig.
So gab Ryan schließlich seine Befehle. »Wartet hier, aber passt gut auf, der Kerl ist bewaffnet. Ich gehe nach vorn zum Kliff und sehe nach, was da unten los ist. Seid möglichst leise, damit ich etwas hören kann.«
Er war kaum zwanzig Meter gegangen, als über dem Kliffrand der schwarze Motorradhelm auftauchte, dann kamen die Schultern, der Körper, zum Schluss zog der Mann die Beine über den Rand. Er blieb erschrocken stehen, als er das Aufgebot an. Fahrzeugen und bewaffneten Männern sah, dann schüttelte er den Kopf und hob langsam, angesichts der auf ihn gerichteten Gewehre, beide Hände über den Helm.
Ryan, den Revolver in der Hand, sah, dass der Mann unbewaffnet war, und bedeutete ihm, die Hände herunterzunehmen. »Wer sind Sie, und was machen Sie hier?«
Der Motorradfahrer schüttelte noch
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