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Schottische Disteln

Schottische Disteln

Titel: Schottische Disteln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa Canetta
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ein regelrechter Sturm geworden, Blitz und Donner kamen näher, und bevor die Plane rundum befestigt war, begann es in Strömen zu regnen. Dennoch, die Waren lagen im Trocknen, wenn auch Andrea und der Händler triefend nass geworden waren.
    »Kommen Sie hier herein, schnell.«
    Andrea ergriff die ausgestreckte Hand und sprang in den Transporter. Die Haare klebten am Kopf, vom Pullover lief der Regen, und in den Schuhen quietschte das Wasser. Sie sah an sich hinunter. »Schöne Bescherung, nur gut, dass meine Fototasche wasserdicht ist.«
    »Ich habe Sie beobachtet, sind Sie Fotografin? Ich bin Ryan.«
    »Ich heiße Andrea. Ja, ich bin Fotografin.«
    Ryan hob seine Tweedjacke auf und reichte sie ihr. »Am besten ziehen Sie die nasse Bluse aus und die Jacke an. Dieser kalte Meerwind hat es in sich.«
    »Danke, Sie haben Recht, warm ist mir nicht. Wie schnell das Wetter umgeschlagen ist!«
    »Das macht die See, die ist hier oben unberechenbar. Möchten Sie einen Whisky? So als Ofen von innen?«
    »Der würde jetzt gut tun.«
    Ryan zog eine Flasche aus einem Sack, zog den Korken heraus und wischte den Rand mit dem Ärmel ab. »Bitte, Gläser habe ich nicht.«
    »Macht nichts, es wird auch aus der Flasche schmecken. Danke und prost.«
    »Prost? Woher kommen Sie?«
    »Aus Deutschland, aus Hamburg, um genau zu sein.«
    »Hamburg kenne ich, ich war einmal da.«
    »Auf der Reeperbahn“«
    »Klar, auch auf der Reeperbahn. Aber nun ziehen Sie sich aus, ich drehe mich um.«
    »Nett von Ihnen. Aber Sie sind selbst ganz nass.«
    »Das macht nichts, ich bin das Wetter gewöhnt.«
    Andrea streifte Pullover und Bluse ab und schlüpfte in die Tweedjacke. Ryan zog ein Päckchen aus dem Sack und breitete es auf dem Boden aus.
    »Hier, setzen Sie sich. Wollen Sie etwas essen?«
    Er wickelte Brote aus und reichte ihr den Packen. »Hab ich selbst geschmiert, und die Wurst ist erste Klasse, direkt vom besten Schlachter in der ganzen Gegend.«
    »Danke.« Andrea biss kräftig in das derbe Brot und sah auf die Uhr. »Meine Güte, es geht schon auf den Abend zu, wo ist bloß die Zeit geblieben, kein Wunder, dass ich Hunger habe.«
    »Wollen Sie ein Bier dazu? Etwas anderes habe ich nicht.«
    »Doch, ich trinke gern einen Schluck. Sagen Sie bitte, was stinkt hier eigentlich so entsetzlich?« Andrea zog die Nase kraus und sah sich um. Sehr sauber sah es in dem Hänger gerade nicht aus. Stroh- und Mistreste klebten überall. »Nach Pferden riecht das eigentlich nicht.«
    Ryan lachte: »Sie haben ein feines Näschen. Das stinkt nach Schafen. Ich fahre sonst nur Schafe damit hin und her, und mit dem Transport von dem Krempel da draußen musste es so schnell gehen, dass ich keine Zeit fürs Großreinemachen hatte.«
    Andrea lachte. »Hat sich der Handel überhaupt für Sie gelohnt? Ich habe Sie beobachtet. Großes Interesse am Verkauf hatten Sie nicht.«
    Ryan grinste verschwörerisch. »So, so, beobachtet haben Sie mich? Na, macht nichts. Nein, ich hatte keine Lust auf diesen Markt, ich bin nur hier, weil ein paar Freunde das wollten.«
    »Und jetzt haben Sie Ihre Freunde enttäuscht.«
    »Sie werden es überleben. Aber ich lass mir noch etwas einfallen, damit sie zu ihrem Geld kommen.«
    »Sie haben zum Teil sehr schöne Sachen da draußen.«
    »Hm, es geht, aber mit den Preisen kamen die Leute nicht klar. Interessieren Sie sich dafür?«
    »Ein paar Dinge gefielen mir recht gut.«
    »Sie können sie haben.«
    »Nein, nein«, wehrte Andrea ab. »Erstens habe ich kein Geld, zweitens zu Hause keinen Platz und drittens keine Möglichkeit, solche Sachen nach Hamburg zu transportieren. Vielen Dank, trotzdem.«
    Sie lächelte. Ein witziger Mann, dieser Ryan, erst wollte er nichts verkaufen, und nun war er bereit, ihr die Sachen zu schenken.
    »Für alles lässt sich ein Weg finden. Wieso interessieren Sie sich für solchen Kram?«
    Andrea überlegte. Sie fühlte sich einfach angesprochen von diesen Sachen, die so viel älter waren als sie selbst, die ein Stück Geschichte darstellten und bestimmt wertvoll waren, wenn sie richtig gewürdigt wurden.
    »Wissen Sie, Ryan, irgendwie interessiert mich dieses Zeug. Ich weiß nur nicht, auf welche Art. Es spricht mich an, aber ich kann nicht beschreiben, wieso. Ich würde mich gern ausführlich damit beschäftigen, mit der Art der Verarbeitung, mit Herstellungsmethoden, mit der Frage, wann und für wen diese alten Sachen gemacht wurden.«
    Ryan steckte sich eine neue Pfeife an und starrte in den Regen. »Ich

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