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Schottische Disteln

Schottische Disteln

Titel: Schottische Disteln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa Canetta
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entgegenzukommen: Sein Vater war mit der Firma beschäftigt, die er wohl geordnet und sehr renommiert vom eigenen Vater übernommen hatte und später dem Sohn in optimalem Zustand übergeben wollte, und seine Mutter war vollauf mit Wohltätigkeit beschäftigt. Kaum eine Initiative auf dem karitativen Sektor, der sie nicht angehörte, um damit dem Namen Erasmus in Hamburg nicht nur durch die Firma, sondern auch durch wohltätiges Engagement großes Ansehen zu verschaffen. Hinzu kamen zahllose gesellschaftliche Verpflichtungen, die sie beanspruchten. Keiner der beiden hatte Zeit, die bescheidenen Wünsche des einzigen Kindes zu erkennen und zu erfüllen. So zog sich Peter, unverstanden und, wie er meinte, wohl auch ungeliebt, immer weiter in sich selbst zurück. Er wurde ein stiller Junge, überaus intelligent und überaus scheu. Er absolvierte seine Schulzeit und sein Jurastudium in Hamburg ohne Zwischenfälle, stieg in die Firma ein, weil der Vater es wünschte, und übernahm den großen, angesehenen Betrieb, als die Eltern sich zur Ruhe setzten und nach Florida umsiedelten. Er war zwar ein würdiger Nachfolger, der seine Arbeit von der Pike auf gelernt hatte, trat aber nie als Chef hervor. Er wusste, dass er kompetente Mitarbeiter hatte, auf die er sich verlassen konnte, weshalb sollte er sich in ihre Arbeit einmischen?
    In all den Jahren war Anne bei ihm gewesen, zuerst als Erzieherin, später als Vertraute und schließlich als die einzige Bezugsperson, die er in seinem Leben hatte. Und dann war Andrea gekommen, eine fröhliche Frau, die ihn freundschaftlich und vertrauensvoll behandelte, die nicht nach seinen Problemen fragte und seine Hemmungen bewusst übersah. Sie könnte es schaffen, dachte Anne, aus ihm einen heiteren Mann zu machen, der es lernte, selbstbewusst nach vorn zu schauen.
    Sie sah nach draußen in den Garten, wo Peter an seinem Frühstückstisch saß, appetitlos in seinem Omelett herumstocherte und den Kaffee vor lauter Gedanken und Sorgen kalt werden ließ. Sie ging zu ihm. »Soll ich noch einmal frischen Kaffee aufbrühen oder lieber eine Tasse Tee?«
    »Nein danke, Anne. Ist schon in Ordnung.«
    »Darf ich dir einen Rat geben?«
    »Immer. Um was geht es denn?«
    »Du solltest hinterherfahren.«
    »Ach Anne, genau das will sie ja nicht. Und wo soll ich sie suchen?«
    »Na, das lässt sich doch feststellen. Und ob es ihr nun passt, danach würde ich überhaupt nicht fragen. Du bist ihr Freund, du bist einfach da, und schließlich wird sie sich darüber freuen.«
    »Meinst du?«
    »Ja. Und jetzt hole ich das Telefon, und dann versuchen wir‘s zusammen.«
    Während Anne sein Handy holte, suchte Peter die Nummer der Reinickes aus seinem Notizbuch. Nach mehrfachem Klingeln meldete sich Jens. Peter nannte seinen Namen und hat: »Ich brauche dringend die Adresse von Andrea Steinberg, könnten Sie mir weiterhelfen?«
    »Ich werde Sie mit meiner Frau verbinden, aber ich glaube nicht, dass wir eine Anschrift von Andrea haben. Sie hat sich nicht bei uns gemeldet.«
    Wenig später war Inken am Apparat. »Tut mir Leid, aber ich kann Ihnen nicht weiterhelfen. Andrea hatte keinen festen Reiseplan, sie wollte einfach drauflosfahren und fotografieren, was ihr gefiel.«
    »Aber irgendwie muss sie doch zu erreichen sein?«
    »Vielleicht versuchen Sie es über den Verlag, für den sie unterwegs ist. Aber die Telefonnummer habe ich im Büro, und auch in Edinburgh werden Sie sonntags niemanden erreichen, fürchte ich.«
    »Wenn Sie mir den Namen des Verlages nennen könnten, kann ich selbst die Nummer besorgen.«
    »Ja, den weiß ich auswendig.«
    Inken diktierte den schottischen Namen, und während Peter ihn notierte, überlegte er bereits, wie er an die Telefonnummer kommen könnte. Dann bedankte er sich, entschuldigte sich für die Störung und legte auf. Anne sah ihn gespannt an.
    »Sehr viel weiter bin ich nicht gekommen, aber versuchen wir es über die Auskunft.«
    Nach mehreren Fehlversuchen gelang es ihm schließlich gegen Abend, Mark an den Apparat zu bekommen, der nicht wenig erstaunt über dieses Ferngespräch war. Aber auch er hatte keinen Reiseplan von Andrea, rechnete jedoch aus, dass sie irgendwo zwischen Inverness und Glasgow an der Westküste sein müsste.
    »Tut mir Leid, aber etwas Genaueres kann ich nicht sagen. Sie hatte so viel vor und ist so unternehmungslustig hier abgefahren, dass ich glaube, ganz Schottland liegt ihr inzwischen zu Füßen«, lachte er, nannte ihm den Wagentyp, mit dem sie

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