Schottische Disteln
fragte, trat ein junger, adrett gekleideter Mann auf ihn zu und stellte sich als Fahrer vor. »Ich bin Byron, Ihr Chauffeur, Mr Erasmus. Der Wagen steht vor der Tür. Wenn Sie bitte mit mir kommen wollen?«
Er nahm Peters Koffer und führte ihn zu einer Limousine, neben der ein anderer Mitarbeiter der Firma mit Schlüsseln und Papieren wartete. Nachdem Sie den Flughafenbereich verlassen hatten und der Fahrer sich nach der Strecke erkundigt hatte, bat Peter ihn, anzuhalten, da er zunächst ein Telefongespräch führen müsse. Nach einigen Vermittlungen hatte er Mark am Telefon.
»Hallo Mr McLaughley, ich bin jetzt in Glasgow und wollte Ihnen die Nummer meines Autotelefons durchgeben. Hat sich Miss Steinberg inzwischen gemeldet?«
»Nein, tut mir Leid, aber ich habe mir die Strecke noch einmal angesehen, die sie fahren wollte, und ich denke, sie ist heute in den Inverewe Gardens an der Westküste, später fährt sie dann am Loch Ness vorbei den Caledonian Canal entlang, weil sie ja von Oban aus hinüber auf die Hebrideninsel Iona wollte.«
»Die Inverewe Gardens, was ist das?«
»Es sind Gärten, in denen Sie Pflanzen aus aller Welt bewundern können. Sie liegen in der wärmsten Ecke von Schottland, denn hier bringt der Golfstrom seine Wärme direkt bis an die Küste, und selbst tropische Pflanzen, von Reisenden und Kaufleuten in Jahrhunderten mitgebracht, gedeihen hier. Ein Besuch dort ist eigentlich ein Muss für jeden Schottlandreisenden, deshalb wollte Miss Steinberg sie fotografieren. Und ich glaube, mein Vater hat sie dazu auch ermutigt.«
»Braucht man dazu Mut?«
»Nun, da oben im Wester Ross beginnt die Einsamkeit: kaum befahrene Straßen, mit Schotter statt mit Asphalt aufgefüllt, enge Durchlässe mit Eisengittern auf der Erde, damit das Vieh nicht auf fremden Weiden grast, und nachts schlafende Kühe und Schafe auf den wenigen Asphaltstraßen, weil diese die Sonne speichern und die Tiere wärmen. Und kaum Menschen in der Gegend. Die Kleinbauern sind im vorigen Jahrhundert alle ausgewandert, weil die Großgrundbesitzer sie vertrieben haben. Ein sehr einsames Land.«
»Und gefährlich für eine Frau, die allein unterwegs ist?«
»Nur, wenn sie Probleme mit dem Wagen hätte, Menschen gibt es dort ja kaum.«
»Dann ist meine Sorge um Frau Steinberg berechtigt?«
»Nein, ich habe einen absolut sicheren, fast neuen Wagen für sie bereitgestellt. Sie wird keine Probleme damit haben.«
»Aber ich bin sehr beunruhigt.«
»Vergessen Sie das. Warten Sie in Oban am Fähranleger auf Miss Steinberg. Wenn sie sich nicht vorher meldet, müssten Sie sie dort treffen. Spätestens morgen oder übermorgen wird sie dort sein.«
Aber Peter ließ sich nicht beruhigen. »Wie konnten Sie einer allein reisenden Frau einen solchen Auftrag geben?«
»Mr Erasmus, niemand hat ihr einen Auftrag gegeben. Sie hat die Strecke allein gewählt. Mein Vater hat nur einige Hinweise gegeben. Unter die fallen die Inverewe Gardens genauso wie die Werften von Aberdeen, und ich würde sagen, die Industrieanlagen sind gefährlicher für eine Frau als die Einsamkeit im Wester Ross.«
»Hat der Wagen von Frau Steinberg wenigstens ein Telefon?«
»Tut mir Leid, aber darauf habe ich leider nicht geachtet«, gab Mark kleinlaut zu. »Aber ich werde mich sofort erkundigen. Ich rufe gleich zurück.«
Noch bevor Peter antworten und seinem Ärger Luft machen konnte, hatte Mark aufgelegt. Ratlos sah er den Fahrer neben sich an.
»Wester Ross, wo ist das, und wie kommt man dorthin?«
Byron nahm die Karte und zeigte auf die nordwestlichen Landstriche von Schottland. »Hier oben liegt der Landstrich. Man muss nach Inverness und von dort aus nach Westen. Eine lange Strecke und nur Landstraßen. Ich glaube nicht, dass wir das heute noch schaffen.«
Peter studierte die Karte. »Fahren wir erst einmal in Richtung Norden. Ich muss noch ein Telefongespräch abwarten.«
Es dauerte fast eine Stunde, bis Mark zurückrief.
»Tut mir Leid, aber es ging nicht schneller. Die Verleihfirma musste erst ihre Unterlagen durchsehen, und dann war der Sachbearbeiter nicht da, der die Wagen mit Telefon betreut. Also, Miss Steinberg hat ein Telefon im Wagen, und ich gebe Ihnen jetzt die Nummer. Ich möchte aber gleich dazu sagen, dass ich bereits versucht habe, sie zu erreichen, aber sie hat das Telefon nicht abgenommen. Ich denke, bei dem schönen Wetter ist sie zu Fuß unterwegs, um zu fotografieren, und hört das Telefon im Wagen nicht.«
Peter, inzwischen
Weitere Kostenlose Bücher