Schottische Disteln
das lange Haar wäre ständig mit Kletten und Disteln verklebt, das kann man bei Arbeitshunden nicht gebrauchen. Die Tiere müssen ihr Fell selbst pflegen, und deshalb muss es so kurz wie möglich sein. Aber Collies sind die besten Hütehunde, die es gibt, und ihr Fell ist dicht genug, damit sie mit den Schafen bei jedem Wetter draußen sein können.«
»Einen Collie habe ich immer mit Lassie in Verbindung gebracht.«
»Ja, ein Modehund, den wir natürlich nicht gebrauchen können.«
»Ich finde, deine Hunde sind auch größer als normale Collies.«
»Ja, sie müssen auch weiter und schneller laufen als Stadthunde und über Zäune springen, wenn es nötig ist.«
»Ich mag Hunde, ich könnte mich direkt in Ajax und Bella verlieben.«
»Hast du in Hamburg auch einen Hund?«
»Nein. Die Großstadt ist nichts für Hunde, und ich habe auch keine Zeit dafür. Ich bin durch die Fototermine so oft unterwegs, das kann ich keinem Tier zumuten.«
»Ach ja, deine Fototermine. Wollen wir noch einmal über deine Träume sprechen?«
Ryan war froh, das Thema wechseln und Andreas Gedanken auf die Antiquitäten lenken zu können. »Wie sieht es aus mit den Träumen?«
»Hm, ich denke schon daran. Es würde mir Spaß machen, in altem Kram zu stöbern und Schätze zu entdecken.«
»Dann solltest du das machen. Ich könnte dir doch dabei helfen.«
Andrea lachte laut auf. »Und wie willst du das mit einer riesigen Schafherde im Schlepptau machen?«
»Nun, der Anfang steht da drüben im Schuppen. Du mochtest doch die Sachen, die ich im Anhänger habe.«
»Ja schon, es sind sehr schöne Sachen, aber auch sehr teure.«
»Mit den Besitzern ließe sich reden.«
»Ich muss mir das sehr genau überlegen, Ryan, vor allem muss ich rechnen. Zumindest ein Anfangskapital müsste ich haben.«
»Das ist richtig. Du könntest aber auch auf Kommissionsbasis damit anfangen.«
»Du verstehst eine ganze Menge davon, nicht wahr?«
»Ich habe mir ein paar Gedanken gemacht. Es würde mir Spaß machen, dabei zu sein, wenn du deine Geschäfte entwickelst. Ich könnte mich umsehen und hier nach Antiquitäten suchen, und du bräuchtest den Trödel dann nur abzuholen.«
Ryan dachte an die Räume voller alter Sachen in seinem Haus in Aberdeen, die da vor sich hingammelten und dabei doch zum Teil wirklich sehr wertvoll waren. Er würde Andreas Regale füllen, ohne dass sie wüsste, woher die Sachen kamen, und er würde nur ein Minimum an Geld verlangen, gerade so viel, dass sie nicht auf den Gedanken kam, er schenke ihr die Sachen. Und gleichzeitig würde sie immer wieder herkommen und bei ihm sein. Sie würden sich besser kennen lernen, und wer weiß, vielleicht ...
Sie hatten das Haus erreicht. Ryan führte Andrea zur Bank.
»Komm, ruh dich etwas aus. Ich mache uns einen Tee.«
Andrea rieb sich die Schienbeine. »Ich glaube, ich habe Muskelkater in den Schienbeinen. Gibt es so etwas? Ich dachte, da seien nur Knochen.«
»Das kommt vom Bergsteigen. Du bist das Auf und Ab nicht gewöhnt.«
»Nein, überhaupt nicht.«
»Leg die Beine hoch«, er rückte einen Stuhl heran. »In fünf Minuten gibt es Tee, und wenn du willst, massiere ich deine Beine, ich bin darin Spezialist.«
Andrea lachte laut. »Das glaube ich sogar. Aber es wird nicht nötig sein, danke«, wehrte sie ab und tätschelte die Hunde, die sich neben sie gesetzt hatten und mit blanken Augen auf Streicheleinheiten warteten.
Ryan holte Geschirr und deckte den Tisch. »Die Hunde mögen dich.«
»Das beruht auf Gegenseitigkeit, und das spüren sie.«
Während Ryan im Haus beschäftigt war, sah Andrea sich um. Schön war es hier, sie würde gern hier leben oder wenigstens einmal wiederkommen und ein paar Tage hier sein. Musste sie wirklich morgen weiterfahren, immer die Zeit, immer die Arbeit im Nacken? Niemals konnte sie tun, was sie wirklich wollte, immer standen da Pflichten und Aufträge im Wege, die wichtiger waren als ihre Lust am Leben. Warum stand sie eigentlich unter diesem Zwang, warum tat sie nicht das, was wirklich Spaß machte, was sie wollte, sondern das, was andere von ihr wollten? War denn Geld immer nur das Wichtigste im Leben? Was aber sollte sie ohne Geld, ohne ihr Gehalt anfangen? Damit begann doch schon alles. Man musste wenigstens ein Minimum zum Leben haben, wenn man existieren wollte. Schön, es gab Menschen, die gingen diesen Weg des Ausstiegs, die schmissen alles hin und ließen sich treiben und überlebten auch, aber zu solchen Menschen gehörte sie
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