Schottische Disteln
es nicht wagen ...«
»Ich werde!« Damit drehte er sich um und wandte sich einigen Reportern zu, die mit größtem Interesse den Disput verfolgt hatten. »Die Lady gehört Ihnen, meine Herren.«
»Ist da eine gute Story drin, Mr McGregor?«
»Überlassen wir es dem Richter, ich möchte nicht vorgreifen. Und nun, meine Damen und Herren, folgen Sie mir. Nebenan wartet ein reichhaltiges Büfett auf Sie.«
Als Ryan später die Direktionsetage erreichte, saß in einem der Sessel ein Fremder, der aufstand, als Ryan näher kam. Gleichzeitig kam Jane, frisch und ausgeruht, aus ihrem Büro.
»Darf ich vorstellen? Mr van Grunen, der Juwelier, Mr McGregor. Wenn die Herren mir bitte folgen wollen?«
Sie ging voraus in Ryans Büro, wo ein kleiner Tisch mit Snacks und Drinks gedeckt war. Jane wusste, was sich gehörte: Wenn ihr Chef den besten Juwelier der Stadt bestellte, dann sollte auch das Ambiente stimmen, in dem die Herren verhandelten. Natürlich fragte sie sich, was der Besuch zu bedeuten hatte, und sie kam zu der Überzeugung, dass Ryan McGregor, gentlemanlike wie immer, zwar ihre Annäherungsversuche übersehen hatte, sich nun aber für ihren nächtlichen Einsatz bedanken wollte. Womit sonst konnte sich ein Chef auf diskrete Weise erkenntlich zeigen? Und dass er den bekannten van Grunen dafür herbestellt hatte, ließ auf etwas Einzigartiges schließen.
Aber Ryan war nicht in der Stimmung für gepflegte Unterhaltung mit einem fremden Menschen. Er wollte, dass ein Auftrag schnell und problemlos ausgeführt wurde, und nahm hinter seinem Schreibtisch Platz. Das bedeutete, dass van Grunen ihm gegenübersitzen musste und dass das Gespräch nüchtern verlaufen würde und nicht in der romantischen Atmosphäre von Häppchen und Drinks. Ryan ließ sich die Zeichnungen geben und studierte sie aufmerksam. Dann entschloss er sich für einen durchbrochenen Armreifen, der sehr zart aussah und seinen Vorstellungen am ehesten entsprach.
»Das ist er«, erklärte er und zeigte auf die entsprechende Zeichnung. »Wenn ich das richtig erkenne, ist es der einzelne Zweig einer Distel, der sich um den ganzen Reifen zieht und die Blüten sehr hübsch zur Geltung kommen lässt. Wo ist der Anfang?«
Van Grunen beugte sich über den Schreibtisch und zeigte auf das Schloss. »Hier beginnt er, hier ist der Stiel am breitesten.«
»Sehr schön. Ich möchte, dass Sie unten neben den Stielanfang zwei Buchstaben setzen: Links ein A, rechts ein R.«
»Wünschen Sie einen bestimmten Schriftstil?«
»Ja. Ich denke an eine etwas antike Form, passend zu der altmodischen Reifenform, etwa an das A der Signatur von Albrecht Dürer, ist es Ihnen bekannt?«
»Selbstverständlich. Und dazu das entsprechende R.«
»So ist es. Wann kann das Schmuckstück geliefert werden?«
»Ich werde mehrere Leute beschäftigen, die in Schichten die Nacht über durcharbeiten. Es ist sehr anstrengend für die Augen, deshalb müssen wir oft wechseln. Die einen arbeiten am Reifen, die anderen an der Emaille. Morgen Mittag kann ich liefern.«
»Sehr gut. Es war mir ein Vergnügen, Sie kennen zu lernen.«
Er stand auf und verabschiedete mit diesen Worten den Juwelier, der die Geste verstanden hatte.
Ryan klingelte nach Danny, seiner zweiten Sekretärin. »Bitte räumen Sie die Snacks und die Drinks ab. Sie können eine Pause einlegen und zusammen mit den anderen Damen die Köstlichkeiten verputzen. Aber vorher verbinden Sie mich bitte mit dem Queen-Victoria-Hospital.«
»Sofort.«
Dann hatte er Mary am Apparat. »Wie geht es unserer Patientin?«
»Nicht sehr gut, Sir.«
Sie erzählte Ryan von dem Rückfall. »Miss Andrea weiß, was geschehen ist. Man hat ihr Spritzen gegeben, und sie schläft jetzt. Eine Schwester muss sie in den nächsten Stunden überwachen.«
»Ich komme sofort.«
»Mr McGregor, Sir, sie möchte keinen Besuch, hat sie gesagt.«
»Ich komme trotzdem. Sagen Sie dem Professor, dass ich unterwegs bin.«
Ryan umging Bodyguards und Chauffeur, fuhr im Lift direkt in die Tiefgarage, wo sein Jaguar stand, und brauste mit aufgeblendeten Scheinwerfern aus dem Gebäude, kaum dass der Pförtner die Schranke geöffnet hatte. Als er das Werftgelände hinter sich gelassen hatte, fuhr er langsamer, schaltete die Scheinwerfer aus und legte eine CD ein. Er liebte schottische Volksmusik. Die alten Instrumente, allen voran die Dudelsäcke und die Flöten, und dann die Rhythmen, die ein wenig an Marschmusik erinnerten, sie schafften es immer wieder, ihn
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