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Schottische Disteln

Schottische Disteln

Titel: Schottische Disteln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa Canetta
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ich ganz allein.«
    »Aber Andrea, sieh mal, meine Laster rollen täglich zwischen Deutschland und England hin und her, mal voll und meist leer auf dem Rückweg. Die können doch ein paar Kisten von dir mitnehmen.«
    »Ja, das wäre natürlich gar nicht schlecht.«
    »Und dieses Lager in Hamburg – ich habe eine ganze leer stehende Büroetage in der City Nord. Die nützt keinem Menschen irgendetwas. Ich brauche sie nicht, sie war einmal eine gute Geldanlage und ich will sie auch behalten, aber sie ist absolut leer.«
    »Darüber können wir sprechen. Ein, zwei Räume gegen entsprechende Miete könnte ich gebrauchen.«
    »Na bitte, mit der Miete einigen wir uns schon. Keine Angst, ich weiß, dass du dir nichts schenken lässt. Wann soll denn das alles losgehen?«
    Draußen war es dunkel geworden, die Schwester kam, um das Bett für die Nacht zu richten, und Peter hatte seine Heiratsabsichten total vergessen. Andrea atmete auf. Und als das Abendessen serviert wurde, verabschiedete er sich, um ins Hotel zu fahren.
    »Wann besprechen wir die Einzelheiten? Wann soll ich morgen kommen?«
    »Gar nicht, Peter. Ich sagte doch schon, ich verlasse morgen die Klinik. Aber ich gebe dir meine Anschrift und die Telefonnummer, und du hörst von mir, wenn es losgeht.«
    Andrea nahm ein Blatt und schrieb die Adresse auf. »Und bitte, Peter, keine Überraschungsbesuche, ich möchte erst einmal zur Ruhe kommen, dann melde ich mich.«

XXI
    Andrea erlebte an diesem Tag verschiedene Überraschungen. Das fing mit einem orangeroten Sonnenaufgang an, als wolle Aberdeen sich zum Abschied von seiner schönsten Seite zeigen. Die Regenwolken hatten sich weit hinaus auf das Meer verzogen, und nur der ferne Horizont verbarg sich in den grauen Massen der vergangenen Tage. Die Sonne tauchte aus der wattigen Abgrenzung hervor, als wolle sie zeigen, wie mächtig sie in ihrer Schönheit war.
    Andrea stand am Fenster und sah zu, wie sie größer, glühender und heller wurde, bis man sie nicht mehr ansehen konnte. Mary packte hinter ihr die letzten Sachen ein und schüttelte den Kopf. »Du hättest gut noch eine Stunde länger schlafen können.«
    Andrea zog die alte Frau zum Fenster. »Schau, was ich dann versäumt hätte.« Nebeneinander standen sie hinter den Scheiben und sahen auf die Stadt, die langsam erwachte. Menschen fuhren zur Arbeit, viele auf Fahrrädern, Zeitungsjungen waren unterwegs, erste Barkassen schossen hinaus ins Hafenbecken, Kirchenglocken läuteten irgendwo, und die nächtlichen Scheinwerfer auf den Werften verlöschten einer nach dem anderen.
    »Ich kann es kaum glauben, aber ich habe mich hier wohl gefühlt, Mary, es fällt mir schwer zu gehen.«
    »Das ist doch natürlich, du hast entscheidungsreiche und schwere Wochen hier verbracht.«
    »Wann sehen wir beide uns wieder?« Andrea drückte die Frau an sich, die ihr so sehr geholfen hatte.
    »Bald, denke ich. Ich besorge den Haushalt für Mr McGregor, und ich hoffe, du besuchst uns in dem Haus am Dee. Der Chef wird nicht locker lassen, ich kenne ihn, und wenn der sich etwas in den Kopf setzt, dann bekommt er es auch.«
    »Das hört sich ja richtig rabiat an, Mary. Wie wohnt er dort, erzähl mir ein wenig davon, auf das Frühstück müssen wir sowieso noch warten.«
    Gedankenverloren sah Mary nach draußen. »Es ist ein bescheidenes Haus im Vergleich zum Wohnsitz der Vorfahren. Er hat sich die alte Remise mit der Kutscherwohnung ausbauen lassen. Früher standen die Kutschen der Familie darin und später die Autos.«
    »Und wo hat die Familie gewohnt?«
    »In McGregor House natürlich.«
    »Erzähl mir davon.«
    »Es ist ein riesiges graues Haus, halb Schloss, halb Burg, mit Türmen und Anbauten und Erkern, ein Moloch von einem Gebäude.«
    »Was ist daraus geworden?«
    »Mr McGregor hat es für ein Pfund an die Stadt verkauft, jetzt wohnen Waisenkinder da drin, das war seine Bedingung, aber Teile des Hauses stehen immer noch leer.«
    »Und Ryan ist in die Remise gezogen.«
    »Ja, was sollte er allein in dem Schloss, nachdem die Eltern nach Washington gezogen waren.«
    »Und jetzt wohnt ihr zusammen in dem Kutscherhaus.«
    »Ja, Mr McGregor, mein Mann James und ich. Es gibt eine Zugehfrau, die zweimal in der Woche kommt, und ein Mädchen, das mir täglich hilft. Aber die beiden wohnen nicht bei uns.«
    »Und wo steht dieses Kutscherhaus?«
    »Im Park, aber etwas versteckt. Vom Schloss aus wollte man früher die Wirtschaftsgebäude und die Stallungen nicht sehen.«
    »Und man sieht

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