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Schottische Disteln

Schottische Disteln

Titel: Schottische Disteln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa Canetta
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Schreibtisch oder in Konferenzen vor sich zu sehen. Oder war er gerade mit dem Helikopter unterwegs zu irgendeiner Bohrinsel weit draußen im Meer? Er hatte ihr erzählt, dass er sich gern selbst um alles kümmerte, um den Männern auf ihren gefährlichen Posten ein Gefühl von Verbundenheit zu geben. »Das ist wichtiger, als Bilanzen zu ziehen und Verträge zu schließen«, hatte gesagt und dabei fast sehnsüchtig zum Horizont hinübergesehen. Er war nicht nur ein Mann der Hügel und der Hochmoore, er war genauso sehr ein Mann des Meeres und des Himmels.
    Und dann stand Peter Erasmus plötzlich im Zimmer. Er hatte angeklopft und war eingetreten, als Mary die Tür öffnete. Andrea war so in Gedanken versunken, dass sie das Klopfen nicht hörte. Und er hatte Anne mitgebracht. Während nun drinnen zwei Freunde vorsichtig aufeinander zugingen, kämpften auf dem Flur vor der Tür zwei alte Ladies mit harten Bandagen.
    Anne, die als frühere Gouvernante vorzüglich Englisch sprach, machte Mary sofort klar, dass sie gekommen war, um Andreas Betreuung zu übernehmen und sie nach Hamburg zu holen.
    Und Mary erklärte furchtlos: »Sie können gleich wieder abreisen, Miss Andrea bleibt hier.«
    Aber so schnell ließ Anne sich nicht abweisen. »Irrtum. Ich kenne Miss Andrea länger, und ich weiß, wohin sie gehört.«
    »Nun«, erwiderte Mary, wütend über diesen Überfall, der ihr nicht einmal Zeit ließ, Mr McGregor anzurufen, »die Würfel sind längst gefallen, und sie sind endgültig gefallen, das sollten Sie zur Kenntnis nehmen.«
    »Wir werden sehen, welche Würfel hier fallen.« Und voller Optimismus sah Anne zur Tür, die in das Krankenzimmer führte. »Da drinnen ist der Mann, den Miss Andrea heiraten wird, sie erfährt es gerade.«
    Aber Anne erzählte nicht, wie viel Überredungskunst nötig war, Peter Erasmus von der Dringlichkeit dieser Reise zu überzeugen, und wie viel Mut sie ihm machen musste, bis er sich bereit erklärte, hier und heute Andrea um ihre Hand zu bitten. Dieser liebenswerte, schrecklich phlegmatische Mann, für den es so typisch war, Andreas Glück über sein eigenes zu stellen, musste zu seinem persönlichen Glück gezwungen werden. Sie hatte, von den Reinickes unterstützt, wirklich energisch werden müssen und ihm gedroht, ihn zu verlassen, wenn er sich nicht endlich in Bewegung setzte – noblesse oblige hin oder her – und sich zu seiner Liebe bekannte. Misstrauisch beobachtete Anne diese Mary, eine Frau, die ihr eigentlich recht sympathisch war, die ihr aber eines voraushatte: Sie durfte Andrea in den vier schrecklichsten Wochen ihres Lebens betreuen. Da war mit Sicherheit eine Bindung entstanden, die nicht so einfach gelöst werden konnte.
    Mary dagegen wusste überhaupt nicht, wie sie dieser Frau begegnen sollte. Wer war der Mann da drinnen, welche Beziehung hatte Andrea zu diesen Leuten, musste man die Drohung, Andrea abzuholen, ernst nehmen? Sie musste unbedingt telefonieren. Sie musste Mr McGregor Bescheid geben. Er würde ihr nie verzeihen, wenn sie ihm jetzt nicht half.
    Sie sah auf die Uhr und erklärte: »Ich habe zu tun.« Damit ließ sie die Deutsche stehen und ging zum Lift, um vom Foyer aus zu telefonieren. Da Ryan immer ein Handy bei sich trug und sie seine Geheimnummer hatte, war die Verbindung sofort da.
    »Mr McGregor, entschuldigen Sie, Sir, aber hier sind ein Mann und eine Frau aus Deutschland eingetroffen, die Miss Andrea abholen wollen. Das sollten Sie wissen, Sir.«
    Ryan zögerte einen Augenblick mit der Antwort. Nun war also eingetreten, was er befürchtet hatte. Wie sollte er sich verhalten?
    »Sind Sie noch am Apparat, Sir?«
    »Ja, Mary. Danke für den Anruf. Aber ich werde nicht kommen. Miss Andrea muss jetzt allein mit der Situation fertig werden.«
    »Sir, die Frau sagte mir, der Herr wird ihr einen Heiratsantrag machen.«
    »Ja, Mary, damit muss ich rechnen. Wenn Miss Andrea gehen will, kann ich sie nicht halten, aber ich glaube, sie hat sich längst entschieden. Ganz ruhig, Mary, wir warten.«
    »Jawohl, Sir.«
    Sie fuhr mit dem Lift wieder nach oben und beschloss, die Frau in die Cafeteria einzuladen. Immerhin war sie seit Stunden unterwegs, und die Jüngste war sie auch nicht mehr.
    Peter steckte voller Hemmungen, als er Andrea sah, und musste sich erst einmal räuspern, bevor er so forsch wie möglich sagen konnte: »Hallo, meine Liebe, es wird Zeit, sich um dich zu kümmern. Wie geht es dir?«
    Andrea ging ihm entgegen und reichte ihm die Hand. Sie

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