Schottische Engel: Roman (German Edition)
Promenade Lungomare entlang bis zur Piazzale Bucintoro und dann die Gran Viale Santa Maria Elisabetta mit ihren Restaurants, Boutiquen und Geschäften hinunter. David hätte die Frau an seiner Seite gern mit Geschenken überhäuft, wagte aber nicht, sie in Verlegenheit zu bringen. So kauften sie nur, was Mary unbedingt für die Tage in Venedig benötigte, und sie bestand darauf, dass alles mit ihrem Honorar verrechnet würde. Nur einmal konnte David nicht widerstehen und bestand auf seinem Recht als Verlobter. »Liebling, wir werden jetzt in dieses Juweliergeschäft gehen, und du musst mir erlauben, einen Verlobungsring für dich zu kaufen. Ich möchte, dass er dir gefällt und dir passt, sonst hätte ich ihn allein gekauft, um ihn dir dann an den Finger zu stecken.«
Mary wusste, dass es sich nicht gehörte, diese Bitte abzuwehren, und nickte mit dem Kopf, als er vor dem Schaufenster von Bulgari stehen blieb. ›Es ist das teuerste aller Juweliergeschäfte hier in der Straße‹, dachte sie, wagte aber nicht, ihm zu widersprechen. Drinnen war sie allerdings von der Schlichtheit des Ambientes überrascht: getäfelte Wände und schlichte Glasvitrinen mit ganz wenigen Ausstellungsstücken, ein samtweicher indischer Teppich, eine unaufdringliche Bedienung und eine dezente Hintergrundmusik.
An kleinen Tischchen wurde Champagner serviert, während wenige Kunden sich Schmuck zeigen ließen. David äußerte seinen Wunsch, und man begleitete sie zu einem der Tische, an dem sie Platz nehmen konnten. Nach einem Schluck vom köstlich kühlen Champagner brachten zwei Verkäufer einige kleine schwarze Tabletts mit einer Auswahl schlichter Platinringe. Einziger Schmuck: Brillanten in den verschiedensten Größen. David legte Mary liebevoll den Arm um die Schulter. »Auswählen musst du selbst, mein Liebes.«
Und Mary zögerte nicht lange. Die Ringe mit den großen, von Brillanten eingefassten Edelsteinen interessierten sie nicht. Sie wählte den schlichtesten Ring, den sie finden konnte und der doch am allerschönsten aussah: Ein schmaler Ring kleiner Brillanten umgab den Platinring, sodass es aussah, als umringe einer den anderen.
Fragend sah Mary den Mann an ihrer Seite an. »Ist es dir recht, wenn ich mich für ihn entscheide?«
»Selbstverständlich, Mary, er soll dir gefallen, und du sollst deine Freude daran haben. Ich freue mich, wenn er dir gefällt.« David nickte dem Verkäufer zu und hielt ihm die offene Hand hin. »Wir wollen ihn gleich benutzen.« Und während der Verkäufer den Ring von dem kleinen Tablett löste und ihn mit einem weichen Tuch noch einmal polierte, gab David dem andern Verkäufer seine goldene Scheckkarte zur Abrechnung. Er hatte nicht einmal nach dem Preis gefragt. Dann nahm er den Ring, schaute Mary tief in die Augen und flüsterte: »Für dich, für immer und ewig.« Damit steckte er ihr den Ring an die linke Hand. Mary sah ihn glücklich an und erwiderte: »Für immer und ewig, lieber David.« Im Geschäft erklang dezenter Applaus, und eine junge Dame kam mit einer frischen Flasche Champagner, füllte die Gläser, und alle stießen auf dieses feierliche Versprechen an.
Am nächsten Morgen begann die Arbeit. David hatte einen Fotografen engagiert, mit dem er früher schon in Rom und Florenz zusammengearbeitet hatte. Sie hatten sich am Fuß der Rialto-Brücke verabredet und wollten von dort aus die Objekte aufsuchen, die in dem Roman beschrieben wurden und die für den Kulissenbau möglichst genau fotografiert werden mussten.
»Ich dachte, du filmst an Ort und Stelle?« Mary war verunsichert, sie merkte, dass sie noch viel zu wenig über die Filmarbeit und die Gepflogenheiten dieser Branche wusste.
»Wir werden auch hier Aufnahmen machen, aber wenn, dann haben wir nur ein, zwei Tage hier zu tun, und auch nur, wenn es dringend notwendig ist. Wir haben sehr erfahrene Kulissenbauer in unserem Team. Historische Filme an Ort und Stelle zu drehen, ist heute fast unmöglich. Die Zeiten, die Objekte, die Technik, alles ändert sich ständig und in einem so rasanten Tempo, dass man nicht mehr nachkommt. Es ist heute zum Beispiel unmöglich, Gondeln auf dem Canale Grande zu filmen, ständig hätten wir Motorboote und Lastkähne im Bild. Das ist genauso wie mit dem Hamburger Jungfernstieg. Man kann ihn nicht in eine Flaniermeile zurückverwandeln, auf der nur Damen mit Reifröcken, Herren mit Zylinder und Kutschen unterwegs sind. Da müssen die Filmemacher schon tief in die Trickkisten
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