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Schottische Engel: Roman (German Edition)

Schottische Engel: Roman (German Edition)

Titel: Schottische Engel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa Canetta
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Bremsleuchten orientieren kann«, flüsterte sie und versuchte, das graue Asphaltband der Straße nicht aus den Augen zu verlieren.
    Draußen war es kalt geworden. Mary begann zu frieren und schaltete die Heizung ein. Sofort beschlugen die Fenster, und sie musste den Ventilator anstellen. Als das nichts half, drehte sie die Heizung wieder ab. »Verflixt«, schimpfte sie, »und von Tibbie Shiels Inn ist immer noch nichts zu sehen.«
    Als sie für einen kurzen Augenblick den Fluss neben sich sah, stellte sie fest, dass sein gegenüberliegendes Ufer verschwunden war. ›Dann hab ich St. Mary's Loch erreicht, dann ist es nicht mehr weit‹, dachte sie zufrieden und konzentrierte sich wieder auf die Straße. Im gleichen Augenblick kreuzte ein Schatten ihren Weg. Mary bremste mit aller Kraft. Und dann stieß mit einem ohrenbetäubenden Krachen der Maserati hinten in ihren Landrover. Mary, vom Sicherheitsgurt gehalten und vom Airbag vorn aufgefangen, schlug mit dem Kopf gegen die Seitenscheibe und wurde ohnmächtig. Dass ihr Wagen seitlich die Böschung zum See hinabrutschte, spürte sie nicht mehr.
    Die Hinterräder hatten bereits den schlammigen Uferrand erreicht und wurden vom Wasser umspült, als die Tür aufgerissen wurde und ein Mann versuchte, Marys Sicherheitsgurt zu lösen und die bewusstlose Frau aus ihrem Wagen zu zerren. Er selbst stand bereits bis zu den Hüften im Wasser, als er sie endlich freibekam und auf den schmalen Uferstreifen des Sees legen konnte. Sie blutete aus einer Wunde über der linken Schläfe, und er wagte nicht, sie durch das Tätscheln der Wangen aus der Ohnmacht zu wecken. So griff er zum Handy, wählte die Notrufnummer der Polizeistation von Tibbie Shiels Inn und schilderte die Situation, während der Landrover bis zum Dach im Uferschlamm versank. Dann lief er zurück zu seinem Wagen und holte eine Decke und seinen Regenmantel, um die durchnässte Frau vor dem prasselnden Regen zu schützen und den Kopf auf eine weiche Unterlage zu betten. Danach erst konzentrierte er sich auf den Anlass dieses halsbrecherischen Bremsmanövers und kontrollierte die Straße. Rechts im Graben lag ein Kinderfahrrad. Von einem Kind aber fand sich weit und breit keine Spur. Da das Rad keine Schäden aufwies, konnte die Frau mit ihrem Wagen das Kind auch nicht gestreift haben.
    Nach unendlich erscheinenden Minuten des Wartens hörte McClay weit entfernt die Sirene des Polizeiwagens. Er wartete am Straßenrand, bis der Kombi neben ihm hielt. Zwei Sanitäter stiegen aus und eilten mit einer Trage zum See hinunter. Der Polizeimeister begrüßte den Mann am Straßenrand: »Sorry, Mister McClay, schneller ging es nicht. Ich musste erst die Sanitäter abholen. Wir sind ja nur eine kleine Station, wie Sie wissen. Was ist eigentlich passiert?«
    »Ich habe den Wagen vor mir gerammt. Er bremste plötzlich, und die Sicht war gleich null. Da vorn im Graben liegt ein Fahrrad. Ich nehme an, ein Kind hat die Straße gekreuzt, und die Frau hat es im letzten Augenblick gesehen.«
    »Man erkennt wirklich nichts bei dem Regen.« Der Polizist stieg zum See hinunter und sprach mit den Sanitätern. »Was ist mit ihr?«
    »Eine Wunde am Kopf, eine Gehirnerschütterung vermutlich, sie ist noch bewusstlos, aber der Herzschlag ist stabil. Wir versorgen die Wunde provisorisch. Wenn sie zu sich kommt, wird sie höllische Kopfschmerzen haben. Aber was machen wir mit ihr? Sollen wir sie bis nach Moffat in die Klinik bringen oder nur zum Doc beim ›Rodono Hotel‹?«
    »Erst mal zum Doc, dann sehen wir weiter.«
    Die Sanitäter zeigten auf den Geländewagen. »Was ist mit dem? Wenn das Wasser bei dem Regen steigt, wird er fortgespült.«
    »Ich rufe die Werkstatt an, die müssen ihn so schnell wie möglich rausholen.«
    David McClay war wieder zum See heruntergekommen. »Wenn Sie alles notiert haben«, wandte er sich an den Polizisten, »sorge ich für den Abtransport. Und die Dame kann bei mir wohnen, bis sie sich erholt hat. Ich bitte den Doc, zum ›Lone House‹ zu kommen.«
    »Gut, dann bestellen Sie ihn in Ihr Haus. Was ist mit Ihrem Wagen?«
    »Ich habe eine exzellente Stoßstange, die hat kaum einen Kratzer abbekommen.«
    »Dann fahren Sie schon einmal vor, ich muss mich noch um das Kind kümmern. Haben Sie eine Ahnung, um wen es sich handeln könnte? Viele Kinder leben in dieser Gegend doch gar nicht.«
    »Bei meinen Angestellten gibt es ein Mädchen, könnte sein, dass sie auf dem Heimweg von der Schule war, bei dem Wolkenbruch

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