Schottische Engel: Roman (German Edition)
nach Venedig bekommen. Das Wetter meinte es gut mit ihnen. Sie hatten eine wunderbare Sicht, als sie die Alpen überquerten und dann über die Poebene mit dem weit verzweigten Flussdelta flogen. Selbst den Canale Grande und den Flughafen Marco Polo konnten sie deutlich erkennen, bevor die Maschine zur Landung ansetzte.
David hatte Mary den Fensterplatz überlassen und erklärte ihr während des Flugs, was sie da unten zu sehen bekam. Er wusste, es war der erste Flug für Mary, und er wollte, dass sie ihn genoss. Zwischendurch wurde ein Imbiss gereicht und mit einem Espresso beendet. Dann setzte die Maschine zur Landung an, und über die Gangway gelangten sie in die Pier und in die Ankunftshalle, wo sie schließlich ihr Gepäck in Empfang nehmen konnten.
In der Lagunenstadt herrschten bereits sommerliche Temperaturen. Als sie die gekühlte Halle verließen, legte sich die schwüle Hitze wie eine Glocke über die Passagiere. Mary spürte, wie Haare und Kleidung sofort am Körper klebten. ›Meine Güte‹, dachte sie, ›auf diese Hitze bin ich nicht eingestellt. Ich brauche komplett neue Kleidung. Aber dazu bin ich finanziell nicht in der Lage. Mein Gehalt wird erst Ende des Monats überwiesen, und vor der Abreise habe ich mein Konto total geplündert, um etwas Bargeld in den Händen zu haben. Aber ich kann doch David nicht um Geld für neue Kleider bitten. So etwas schickt sich nicht, wenn man noch nicht einmal verheiratet ist.‹
David winkte ein Taxi heran und half ihr beim Einsteigen, während der Fahrer die Koffer verstaute. »Wir wollen zum Lido«, erklärte er dem Chauffeur, »wie kommen wir am besten dorthin?«
»Ich bringe sie über die Ponte della Libertà zur Piazzale Roma, und von dort aus nehmen Sie ein Wassertaxi zum Lido.«
»Ist die Lagune ruhig genug, um mit einem kleinen Boot hinüberzufahren?«
»Heute ja, wir haben weder Wind noch Wellengang. Sonst müssten Sie an den Landungsbrücken von San Marco eine der Fähren nehmen.«
»Nein, das häufige Umsteigen ist mir zu unbequem. Wir machen es so, wie Sie vorgeschlagen haben.« Und Mary erklärte er: »Ich bin zwar schon mehrmals in Venedig gewesen, aber immer im eigenen Flugzeug, für kleine Maschinen gibt es eine Landebahn direkt auf dem Lido.«
Wenig später erreichten sie die Piazzale Roma, stiegen um in ein Wassertaxi, fuhren durch den Canale Grande und dann über die Lagune. David zeigte Mary die Sehenswürdigkeiten, die sie kreuzten, und erklärte ihr in wenigen Worten die Geschichte der einzelnen Paläste, Brücken, Kirchen und Kanäle. »Aber wir werden uns das alles in Ruhe ansehen, mein Schatz, heute machen wir es uns nur noch bequem, genießen das Meer und die wunderbare italienische Küche und, na ja, uns selbst genießen wir natürlich auch.« Liebevoll legte er ihr den Arm um die Schulter und zog sie an sich.
Die Lagune kräuselte sich dann doch in kleinen Wellen, und das Boot zog spritzend, hin und wieder auch springend, seinen Weg durch das Wasser. Aber die Spritzer erfrischten, und Mary lachte fröhlich, wenn sie so eine kleine Dusche abbekam. Auf keinen Fall wollte sie in der engen Bootskabine sitzen. Das Taxi brachte sie bis zu der Anlegestelle des ›Grand Hotel Excelsior‹, wo Hotelpagen sie und ihr Gepäck in Empfang nahmen, und Mary dachte für einen kurzen Augenblick, wie angenehm es sei, Geld zu besitzen. ›Es öffnet einem einfach alle Türen und alle Möglichkeiten, angenehm zu leben‹, dachte sie, etwas enttäuscht darüber, dass sie selbst jeden Penny umdrehen musste.
Clark Brown hatte von Hamburg aus zwei Suiten mit Durchgangstür für seinen Chef und Miss Mary Ashton bestellt, und Mary war froh, die gekühlten Räume betreten zu dürfen. Der Fahrtwind auf der Lagune hatte zwar etwas Kühlung gebracht, aber sobald das Taxi von der Lagune in den Kanal, der zum Hotel führte, eingebogen war, lag die Luft wieder heiß und bewegungslos über den Reisenden.
So war es nicht verwunderlich, dass beide erst einmal unter die Dusche gingen, zusammen, in ein und dieselbe, denn David versprach sich besondere Erfrischungen durch das gemeinsame Duschen. Und so war es dann auch: Sie seiften sich gegenseitig ein, berührten und bespritzten sich, lachten und spaßten und benahmen sich wie ausgelassene Kinder unter dem lauwarmen Strahl, während nebenan ein Zimmermädchen das Gepäck auspackte und frische Wäsche zurechtlegte.
Dem Duschen folgte die obligatorische Siesta der Südländer, und nur mit leichten Satintüchern
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