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Schottische Engel: Roman (German Edition)

Schottische Engel: Roman (German Edition)

Titel: Schottische Engel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa Canetta
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sesshaft geworden. Auch sie waren Künstler gewesen und hatten als Glasbläser in dem fernen Kontinent angefangen. Aus Gläsern und Vasen und Tellern wurden dann feinste Christbaumkugeln, und aus der kleinen Werkstatt wurde ein großes Unternehmen. ›Aber irgendwie haben meine Wurzeln noch immer einen Halt im sogenannten Abendland. Und nun sollte auch meine Frau aus der Alten Welt stammen.‹
    Andere Hoffnungen, die mit seinem Beruf zusammenhingen, hatten sich erfüllt: Er hatte in den modernsten Kliniken neue Erfahrungen gesammelt, neue Medikamente erproben können und moderne Methoden der Anästhesie kennengelernt. Nur sein privater Wunsch von der blonden Europäerin war ihm immer wieder zwischen den Fingern zerronnen. ›Da war ja auch nie Zeit für ein Privatleben‹, entschuldigte er sich selbst. Und plötzlich waren seine Gedanken wieder bei Mary Ashton. ›Morgen muss ich mich um sie kümmern. Morgen ist mein freier Tag, morgen habe ich Zeit, nach Tibbie Shiels Inn zu fahren.‹
    Die Gedanken an das kleine Ferienhaus, an die Leute dort, die seine Freunde geworden waren, an das Segelboot, das er bald seeklar machen musste, an David McClay, den er beim Ritt in die Hills begleiten wollte – und eben an Mary Ashton holten ihn aus der Welt der Erinnerungen in die Welt der Melodien zurück.
    Das Konzert endete mit Händels Feuerwerkmusik. Begeisterter Applaus, frenetische Rufe nach einer Zugabe ließen den riesigen Konzertsaal erbeben. Aber das Konzert war zu Ende, der Dirigent verließ das Pult, die Musiker gingen von der Bühne.
    James Grantino stand auf. Erst jetzt sah er, dass in der Loge neben ihm Professor Lloyd und Isabelle gesessen hatten. Jovial winkte ihm der alte Mediziner zu, seine Frau begrüßte ihn nur mit einem kurzen Kopfnicken. ›Na, wenigstens nimmt er sie hin und wieder mit in ein Konzert‹, dachte Grantino und grüßte zurück. Ohne nach weiteren Bekannten zu suchen, verließ er die Anna Hall und fuhr zurück in sein Haus. Diesmal ließ er sich Zeit.
    Endlich daheim, verzehrte er das Abendessen mit dem trocken gewordenen Toastbrot, den Wurst- und Käsescheiben, die sich inzwischen auf dem Teller kringelten, und den Tomatenstückchen, die als Dekoration den Tellerrand schmückten. ›Wenigstens die sind noch saftig‹, dachte er und zog sich während des Essens aus.
    Der nächste Morgen, ein klarer, frischer Frühlingstag, weckte ihn mit Sonnenschein und einer frischen Meeresbrise. Wie immer hatte James Grantino bei offenem Fenster geschlafen und wie immer hatte ihn der Hund vom Nachbarn mit seinem Bellen geweckt. ›Macht nichts‹, dachte er, ›diesmal ist's mir recht, ich will so früh wie möglich starten.‹
    Er duschte, zog seinen Freizeitdress an und packte ein paar Sachen ein, die er während des Tages am St. Mary's Loch brauchen konnte. ›Da unten weiß man nie, wie sich das Wetter entwickelt, und wenn ich wirklich das Boot klarmache und rausfahre, kann es frisch werden. Wir haben erst April, und da ist sogar noch Schneefall möglich.‹
    Er fuhr über die Schnellstraße bis zur Autobahnauffahrt Abington, dann über die Autobahn nach Moffat und von dort nordwärts bis Tibbie Shiels Inn. Es war zwar ein Umweg, aber er kam schneller voran als auf der schmalen Landstraße von Selkirk aus.
    Er sah hinüber zu den schneebedeckten Gipfeln der Tweedsmuir Hills. ›Man könnte die Skier noch einmal auspacken‹, überlegte er, ›aber dann sitze ich den größten Teil des Tages im Auto, um bis zur Schneegrenze zu fahren, es lohnt sich nicht für einen einzigen freien Tag.‹
    Leicht enttäuscht wandte er sich wieder der schmalen Straße zu und erreichte wenig später das abgelegene ›Rodono Hotel‹ mit seinem geliebten Blockhaus dahinter. Fünf hohe Kiefern mit dicken, runden Zapfen überragten das Dach. Der niedrige, rechteckige Holzbau mit der lang gezogenen, überdachten Veranda an der Vorderseite lehnte sich behaglich in die hügeligen Matten. Vom Wetter dunkel gebeizt, hob es sich von den frühlingsgrünen Wiesen ab, Gemütlichkeit und Geborgenheit versprechend. James fuhr den Wagen in den Carport hinter dem Haus, nahm seine Reisetasche und lief nach vorn zum Eingang. Glücklich, endlich angekommen zu sein, nahm er die drei Stufen zur Veranda mit einem Satz und schloss die Haustür auf. Drinnen war es kalt und dunkel. Zuerst stieß er die Fensterläden auf, damit Licht hereinkam, dann legte er zerknülltes Papier in den Ofen, Kienspäne darüber, und als Papier und Späne brannten,

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