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Schottische Engel: Roman (German Edition)

Schottische Engel: Roman (German Edition)

Titel: Schottische Engel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa Canetta
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Gesellschaft, die der Professor seinen Ärzten gab – wie ein unerreichbar schönes Bild hatte er damals die junge Frau bewundert, die so eine perfekte Gastgeberin war. Eine formelle Begrüßung, ein angedeuteter Handkuss – sonst war kein Wort zwischen ihnen gefallen. Dann traf er sie zufällig im Labor, aber sie war so beschäftigt, dass sie nicht einmal aufsah, als er sie grüßte. Schließlich hatte er ihr einmal seinen Schirm geliehen, als sie bei strömendem Regen die Klinik verlassen wollte und ihm in der Tür begegnete. Die Haushälterin hatte ihn einen Tag später zurückgebracht. Und sonst? Nichts!
    Der Verkehr wurde weniger. Es war die Zeit, in der die Theater, Konzerte und Kinos mit den Abendvorstellungen begannen. Erst später, kurz vor Mitternacht, würde der Verkehr noch einmal laut werden.
    Sicher und geschickt steuerte er den Wagen durch die Stadt.
    Sie unterbrach das Schweigen. »Mein Mann hat mir viel von Ihnen erzählt, wann gehen Sie zurück nach Brasilien?«
    »Im Herbst. Mein Vertrag mit der Klinik läuft bis Ende Oktober.«
    »Gefällt es Ihnen bei uns, oder wären Sie lieber in Ihrer Heimat?«
    »Ich bin gern in Europa, aber ich freue mich auch wahnsinnig auf das Leben in Brasilien.«
    »Wie alt sind Sie, Doktor?«
    »Ich werde bald vierzig, Madam.«
    »Oh –« Und nach einer kleinen Pause: »Ich bin viel jünger als Sie. Wie kommt es, dass Sie noch so jung aussehen?«
    Grantino lachte sie offen an. »Vielleicht habe ich keine Zeit zum Älterwerden – und keine Lust dazu.«
    Sie sah ihn einen Augenblick an. »Sie sind gern lustig, nicht wahr? An den Augen haben Sie Falten, die kommen vom Lachen.«
    »Haben Sie das in der Dunkelheit gesehen, Madam? Ich kann das kaum glauben.«
    »Könnten Sie nicht Isabelle zu mir sagen? Bei unserem Altersunterschied müsste das doch ganz leicht für Sie sein – oder?«
    »Das klingt nach Freundschaft. Wollen Sie das?«
    »Natürlich, sonst wäre es doch sinnlos.«
    Bestürzt sah Grantino die Frau an seiner Seite an. »Sie sind sehr offen, und Sie sind sehr schnell. Ich habe den Eindruck, Sie sind wirklich zu oft allein. Weshalb?«
    »Seit meiner Heirat habe ich kaum noch Freunde. Ich bin zu reich, zu fein, zu bekannt, zu elegant für sie geworden.« Und nach einem Augenblick fuhr sie fort: »Früher – da war alles anders. Meine Freunde und ich kamen aus dem gleichen Milieu – wir alle waren Künstler, mehr oder weniger jedenfalls. Einige hatten Talent, einige hatten keins, aber Lebenskünstler waren wir alle, das hielt uns zusammen.«
    »Und heute?«
    »Heute gehöre ich nicht mehr dazu. Mein Leben funktioniert ohne finanzielle Akrobatik und ohne die Spannung zwischen Erfolg und Misserfolg, die es so interessant macht. Fragen Sie bitte nicht, warum ich diesen Kreis verlassen und mit der Villa meines Mannes getauscht habe. Es gibt Dinge im Leben, die sollte man vergessen – Freundschaft gehört dazu.«
    Grantino wagte eine ehrliche Antwort: »Ich habe mir oft gewünscht, Ihr Freund zu sein.«
    Sie schwieg einen Augenblick, dann erklärte sie: »Ich hasse Ärzte, das müssen Sie wissen.«
    Betroffen sah er sie an. »Hat man Ihnen so wehgetan?«
    »Mehr, als eine Frau ertragen kann. Aber nicht auf eine Art, die Sie als Mann jetzt vermuten – oh nein, mein Mann ist sehr zurückhaltend und korrekt, wirklich«, fügte sie bestätigend hinzu, als brauchten ihre Worte noch eine Bekräftigung.
    Sie hatten Dalmeny erreicht. Grantino musste auf die Straße achten.
    »Wir müssen durch den Ort hindurch auf die Anhöhe. Bitte fahren Sie jetzt langsam, ich muss mich orientieren. Sonst ist immer mein Mann gefahren, da habe ich nicht auf die Straße geachtet. Aber wir sind gleich da. Ja, dort drüben ist die Einfahrt.«
    Dezente Bodenlampen am Rande der Auffahrt, ein festlich erleuchtetes Haus mit einem Rondell davor, an dessen Rand zahlreiche Autos parkten. Bedienstete liefen hin und her und halfen den Gästen aus ihren Wagen. »Ein festlicher Empfang. Wie heißt unser Gastgeber eigentlich?«
    »Mister Södergren. Er ist sehr bekannt für seine Sammlungen, und anscheinend hat er neue Stücke erworben. Dann gibt er immer ein Fest für seine Freunde. Wir nennen es eine Vernissage.«
    »Södergren? Der Name –« Grantino stockt einen Augenblick. »Etwa  d e r  Södergren von der Oil-Company of SVERIGE?«
    »Genau der. Kennen Sie ihn?«
    Er lachte. »Wer kennt schon einen Multimilliardär? Nein, natürlich nicht persönlich. Aber der Name ist bekannt.«
    »Dann

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