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Schottische Engel: Roman (German Edition)

Schottische Engel: Roman (German Edition)

Titel: Schottische Engel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa Canetta
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Letzte, was mich interessiert. Na gut, sie will den Engel, sie braucht den Engel, also soll sie den Engel haben.‹
    Er sah aus dem Fenster. Die Berge blieben zurück. Sie näherten sich der Westküste mit ihrem milderen Klima. Hier waren die Wiesen schon grüner, die Blattknospen an den Bäumen deutlicher zu sehen, und auf den Weiden führten Schafe ihre ersten Lämmer aus. McClay grinste und rieb sich mit der Hand über die Augen, als wolle er die Bilder fortwischen. ›Mein Gott, seit wann interessiere ich mich fürs Frühlingserwachen?‹ Energisch wandte er sich wieder den Geschäftspapieren zu. Aber es gelang ihm nicht, sich zu konzentrieren. Er dachte an seine Wiesen, auf denen inzwischen auch die ersten Lämmer herumtollten, an den Wald mit den Moorhühnern, die endlich den strengen Winter überstanden hatten, an den Bach hinterm Haus, der dem Loch zustrebte und dicke Forellen mit sich führte. ›Ich komme viel zu selten her‹, überlegte er, ›vor allem im Frühling und im Herbst bin ich kaum einmal hier. Auf die Touristenströme im Sommer kann ich verzichten, aber die stillen Jahreszeiten muss ich besser nutzen. Für St. Mary's Loch mögen die Gäste, die Leben und wirtschaftliche Erfolge in die stille Gegend bringen, ja von Vorteil sein, aber für einen gestressten, Ruhe suchenden Mann wie mich sind sie Gift.‹
    Er dachte an die vergangenen Jahre, in denen er den lange vernachlässigten Familienbesitz wieder lebenswert gemacht hatte. An die verwahrlosten Wälder und die brachliegenden Wiesen und Felder, um die er sich aus Mangel an Zeit nicht kümmern konnte.
    Nach dem Tod der Eltern hatte er zwei Jahre gezögert, den Besitz zu bewohnen und wieder aufzubauen. Das war nun zehn Jahre her, zehn Jahre, die er nicht bereute, denn wann immer er hierherkam, fühlte er sich wieder so zu Hause wie damals als Kind.
    Für Tibbie Shiels Inn hatte der Wiederaufbau von ›Lone House‹ eine Sensation bedeutet. Plötzlich interessierten sich Touristen und Filmfans aus der ganzen Welt für die abgelegene Region im Ettrick Forest, denn McClay, sein modernisierter Besitz und die weltberühmten Schauspieler, die bei ihm zu Gast waren, wurden ständig von den Medien verfolgt. Das Fernsehen berichtete mehrmals und deckte alte, interessante Geschichten seiner Vorfahren auf, und McClay duldete die Berichterstattung, denn sie förderte die soziale Lage der Bevölkerung in der Region. Handwerker bekamen Arbeit durch den Umbau des Schlosses, Landwirte neue Aufgaben, Waldarbeiter feste Anstellungen, und für die Haushaltsführung im Schloss wurde auch wieder Personal gebraucht. Aber danach hätte McClay gern die ursprüngliche Ruhe wiederhergestellt. Doch das war nicht möglich, jedenfalls nicht in den Sommermonaten. Getränkebuden und Andenkenläden schossen wie Pilze aus der Erde, Fotografen blockierten die schmale Landstraße, und auf der anderen Seeseite vergrößerte sich ein kleiner Campingplatz um das Vierfache. Es dauerte ein paar Jahre, bis der größte Rummel vorbei war, und dann ließ McClay Hinweisschilder auf ›Lone House‹ abreißen und die Zufahrt so verändern, dass kein Fremder sein Domizil fand.
    David McClay schreckte aus seinen Gedanken hoch, als der Wagen vor der ersten Ampel in Dumfries hielt.
    »Wir sind gleich da, Mylord. Soll ich den Wagen parken und Sie begleiten?«
    »Ja, das ist eine gute Idee. Ich habe keine Ahnung, ob ich die Skulptur gleich bekomme und wie schwer sie ist. Besser, wir sind zu zweit in dem Saal.«
    Die Eingangstür zum Antiquariat Alexander Salvan stand weit offen. Menschen strömten hinein. McClay und Bert Drumworld schlossen sich der Menge an. Links vom Eingang ging es in das Geschäft, das an diesem Nachmittag geschlossen war. Aber ein breiter Gang führte durch das Haus hindurch zu einem Nebengebäude, in dem die Versteigerung stattfinden sollte. Die aufgestellten Stuhlreihen waren fast voll besetzt. McClay und sein Chauffeur nahmen ziemlich weit hinten Platz. Sie erhielten jeder einen Katalog, nachdem sie für den Eintritt bezahlt hatten. Vorn, neben dem Podest für den Auktionator, standen Tische und Staffeleien, auf denen die angebotenen Unikate aufgestellt würden, sobald sie an der Reihe waren. Leise Unterhaltungen, Begrüßungen und das dezente Rascheln des Kunstdruckpapiers füllten den Saal. Irgendwo schlug eine Turmuhr viermal. Mit einem diskreten Räuspern betrat der Versteigerer das Podium.
    Er verbeugte sich nach allen Seiten, setzte eine Brille auf und blätterte

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