Schottische Engel: Roman (German Edition)
als allgemeines Interesse. Mir tut die Miss leid, die den Engel für ihr Museum beschaffen sollte. Hoffentlich verliert sie nicht ihren Job.«
»Aber Sie haben alles versucht, was möglich war.«
»Ja, gegen etwas, was es nicht mehr gibt, kann man nichts tun.« Sie hatten den Wagen erreicht und stiegen ein. Bevor sie starteten, zeigte der Chauffeur auf den Eingang des Auktionshauses, aus dem die Menschen strömten. Auf der Straße stand der Fotograf und machte Aufnahmen.
»Dumm gelaufen für den Auktionator«, murmelte Drumworld und fuhr an. »Fahren wir lieber, bevor wir in den Fokus geraten.«
McClay ärgerte sich. Vor allem über sich selbst. Er, der gewiefte Geschäftsmann, der erfolgverwöhnte Unternehmer, war das Opfer der eigenen Dummheit geworden. Warum hatte er sich nicht vorher informiert, ob die Statue überhaupt vorhanden war. ›Ein Telefongespräch, und ich hätte mir diese nutzlose Fahrt und die Folgen von der Begegnung mit Reporter und Fotograf erspart. Hat mich da etwa eine Pechsträhne erwischt? Erst dieser dämliche Unfall, der allein meine Schuld war, und heute diese Fahrt mit der nutzlosen Zeitverschwendung‹, schimpfte er stumm vor sich hin, und blätterte wieder in den Geschäftspapieren. Aber konzentrieren konnte er sich immer noch nicht. Ständig hatte er das Gesicht von Mary Ashton vor sich. ›Was wird sie sagen, wenn ich ohne die Skulptur nach ›Lone House‹ komme? Aber diesmal ist es nicht meine Schuld, und wäre sie selbst gefahren, wäre sie auch mit leeren Händen zurückgekommen. Eigentlich eine nette Person‹, dachte er, ›so natürlich, so aufgeschlossen, so offen. Ein Typ, der nicht lügen kann‹, überlegte er. ›Wenn ich da an die bemalten, gestylten, affektierten Stars und Sternchen in meinen Filmen denke, die statt Augenkontakt Sonnenbrillen bevorzugen, dann kommt es mir wie ein Wunder vor, dass es noch ungekünstelte Menschen gibt. Na ja‹, überlegte er, ›das eine ist meine Arbeit, das andere das Bedürfnis eines Menschen, eines Mannes. Ein Vermögen kosten mich diese Diven, nur gut, dass ich mir die besten leisten kann, dann spielen die Filme diese Vermögen auch wieder ein.‹
Seine Gedanken wanderten wieder zu Mary Ashton. ›Ob sie sofort wieder zurück nach Edinburgh fährt? Oder hat der Arzt ihr noch mehr Ruhe verordnet? Ich könnte ihr natürlich anbieten, sie zurückzubringen, das wäre eigentlich nur fair, aber andererseits würde ich sie ganz gern noch in ›Lone House‹ halten, ich hab sie ja noch gar nicht richtig kennengelernt.‹
Draußen war es dunkel geworden. Drumworld verlangsamte das Tempo, dann bog er nach links ab und verließ die geteerte Straße. Zehn Minuten später hatten sie die Zufahrt zum Schloss erreicht.
David McClay legte die Papiere in den Aktenordner. Viel gearbeitet hatte er allerdings nicht. Der Chauffeur hielt und öffnete ihm die Tür. »Einen schönen Abend noch, Lord McClay.«
»Danke, Drumworld.«
Er warf einen kurzen Blick auf sein Haus. Einige Fenster waren erhellt, die meisten waren dunkel. ›Schade‹, dachte er, ›hier fehlt das Leben, das Leben mit einer Familie, mit meiner Familie. Kinder sollten hier spielen, aber mir gelingt es nicht einmal, Tatjana herzuholen.‹
Die Haustür stand offen. In der Halle spiegelten sich Majolikalampen im Marmorboden und gaben dem großen Raum ein warmes, indirektes Licht. Eine Sesselgruppe war um ein Blumenarrangement in der Mitte der Halle geordnet. Aus einem angrenzenden Zimmer kamen Stimmen. Stimmen, die McClay sehr gut kannte.
Er ging in sein Büro und klingelte nach dem Butler. »Was ist hier los, warum ist mein Sekretär in ›Lone House‹ und Direktor Graham ebenfalls?«
»Die Herren sind vor einer Stunde eingetroffen. Sie sagten etwas von einer dringenden Konferenz, die einberufen werden müsse.«
»Kommt gar nicht infrage. Ich habe Ferien und ich will meine Ruhe. Schicken Sie die beiden morgen Früh zurück in ihre Büros nach Glasgow. In den nächsten Tagen will ich keinen von beiden sehen. Wo hält sich Miss Ashton auf? Mit ihr muss ich sprechen.«
»Miss Ashton ist in ihrem Zimmer, Mylord.«
»Ich möchte mit ihr zusammen dinieren. Sorgen Sie dafür, dass wir ungestört sind, und benachrichtigen Sie die Haushälterin.«
McClay war verärgert. Erst die nutzlose Fahrt nach Dumfries, jetzt der ungebetene Besuch seiner Mitarbeiter. Und wenn er verärgert war, bekamen das auch seine Angestellten zu spüren. Er, der eigentlich sehr tolerant und zurückhaltend
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