Schottische Engel: Roman (German Edition)
fahre ich mit eben diesem Lord nach Deutschland.«
»Wie heißt der noch mal?«
»David McClay, Lord of the Border Hills.«
»Der Name kommt mir bekannt vor.«
»Er ist ein berühmter Produzent von historischen Filmen. Für diese Filme braucht er eine verlässliche Requisiteurin.«
»Dann steht dein Name demnächst im Abspann der Filme?«
»Du kannst dich irgendwann davon überzeugen.«
»Ich habe keine Zeit für Filme. Du weißt doch jetzt selbst, wie anstrengend die Lämmergeburten sein können.«
»Aber du genießt die Wochen, wie ich dich kenne.«
»Klar, ist ja das, was ich immer wollte. Wir haben uns jetzt wieder Pferde zugelegt, weil die Abhänge hier an den Hügeln zu steil für die Rover geworden sind. Je weiter wir in den Sommer kommen, umso mehr zieht es die Herden in die höheren Hills.«
»Dann bist du jetzt wieder ein echter – na, Cowboy kann man nicht sagen, wie heißt das denn bei Schafen?«
»Sag doch einfach Sheepboy, das kommt dann schon irgendwie hin.«
Mary lachte. Gott sei Dank hatte er die Sache mit dem Unfall nicht zu ernst genommen. »Also, mein geliebter Sheepboy, ich wollte dir nur sagen, dass ich für eine Weile fort bin.«
»Und was ist mit dem Museum?«
»Erst mal habe ich Urlaub, dann werde ich weitersehen.«
»Muss ich beunruhigt sein, Schwesterchen?«
»Bestimmt nicht, dein Schwesterchen ist eine ausgewachsene Frau.«
»Halte mich auf dem Laufenden, ja?«
»Selbstverständlich. Der Produzent ist immerhin weltbekannt, vielleicht hast du schon mal von ihm gehört?«
»Hier, als Sheepboy? Nicht die kleinste Kleinigkeit.«
»Er ist der Beste für historische Filme. Und weil da immer wieder Fehler in der Requisite passieren, will er mich engagieren.«
»Und du kannst das?«
»Ich hab' ihn mal auf seine Fehler aufmerksam gemacht, und nun meint er, ich sei geeignet.«
»Und das gefällt dir besser als die Arbeit im Museum?«
»Ich lerne die Welt kennen, ich verdiene mehr, und ich mag den Mann.«
»Ach, daher weht der Wind.«
»Dieser Wind ist aber zweitrangig, Bruderherz, mich interessiert die Arbeit wirklich.«
»Wer's glaubt, wird selig, Schwesterchen. Aber ich wünsche dir alles Gute. Du weißt, wo du mich findest, wenn's nicht optimal läuft.«
»Danke, und nun Hals- und Beinbruch in den Hills und jede Menge kleiner Lämmchen, Sheepboy.«
XXII
Nach einem tiefen, festen Schlaf fühlte sich Mary frisch und ausgeruht. Es war die erste Nacht in Hamburg, und das Hotel an der Alster hatte für eine angenehme, ruhige Nacht gesorgt. Sie war nun seit drei Tagen unterwegs und voller Eindrücke, die sie kaum verarbeiten konnte. Da tat so eine geruhsame Nacht sehr gut.
David hatte sie pünktlich in Edinburgh abgeholt, und sie waren den Reportern unerkannt entkommen Dann hatte er ihr seine Pläne erklärt. »Also«, hatte er begonnen, »es klingt zwar unmodern und langweilig, aber ich habe vor, mit dem Wagen bis nach Hamburg zu fahren. Die Strecke ist landschaftlich wunderschön, und wenn du noch nicht viel auf Reisen warst, wird es dir gefallen, Land und Leute zu sehen. Ich muss meist aus Zeitgründen fliegen, aber diesmal möchte ich mir Zeit für dich nehmen und dir unser Land und dann einen kleinen Teil Europas persönlich zeigen. Ist dir das recht?«
Und sie hatte begeistert zugestimmt. So waren sie gemächlich durch die südlichen Regionen Schottlands gefahren und hatten in der Nähe von York in einem kleinen Landgasthaus übernachtet, waren am zweiten Tag, nachdem sie London großräumig umfahren hatten, bis Dover gekommen, und am dritten Tag durch den Eurotunnel aufs Festland und dann weiter über Belgien und die Niederlande nach Hamburg gefahren. Ein paarmal hatten sie den Platz im Bentley mit dem Chauffeur getauscht, wenn David ihn abgelöst hatte, die meiste Zeit aber saßen sie bequem im Fond, und David erzählte ihr Geschichten aus den Ländern, die sie sahen.
David war sehr rücksichtsvoll, vermied jede Art von Intimitäten und sorgte bei den Übernachtungen dafür, dass sie ein angenehmes, ruhiges Einzelzimmer bewohnen konnte. Auch hier in Hamburg war es so. Er hatte zwar zwei nebeneinanderliegende Suiten reservieren lassen, sich aber am Abend höflich und gentlemanlike vor ihrer Zimmertür von ihr verabschiedet. Sie wusste natürlich, dass sich das ändern würde, aber sie genoss die Zeit, die ihr dieser Mann ließ, damit sie sich aneinander gewöhnen konnten. Denn diese Reisetage waren nur das Vorspiel eines Abenteuers, das heute beginnen würde,
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