Schottisches Feuer
viel zumindest war die Wahrheit.
»Ich verstehe«, antwortete sie, während sie ihn über ihre lange Nase hinweg von oben herab musterte. Sein uneheliches Blut hatte die Marchioness endlich davon überzeugt, zumindest vorübergehend, dass er ihr Interesse nicht wert war. Doch Duncan wusste, dass die Ähnlichkeit mit seinem Vater ausgeprägt war. Wie lange würde sie brauchen, bis sie ihn mit dem Feind ihres Mannes, dem ehemaligen Campbell of Auchinbreck, in Verbindung brachte?
Sie sah Jeannie an. »Komm mit, Tochter. Es gibt etwas, das ich mit dir besprechen möchte.«
Viel wahrscheinlicher wollte sie Jeannie von ihm fernhalten. Doch in dieser Hinsicht brauchte sie sich keine Sorgen zu machen – Jeannie brauchte ihre Hilfe nicht. Die Marchioness drehte sich auf dem Absatz um und stolzierte majestätisch wie eine Königin davon. Jeannie wandte sich um, um ihr zu folgen, doch dann warf sie noch einen Blick über die Schulter zurück, einen besorgten Ausdruck auf dem Gesicht. »Das hättest du nicht tun sollen«, sagte sie mit gedämpfter Stimme.
Duncan schenkte ihr ein schiefes Lächeln. »Ich weiß.« Indem er Jeannie zu Hilfe gekommen war, hatte er sich dem prüfenden Blick der Marchioness ausgesetzt. Sie war argwöhnisch. Doch trotz der Gefahr konnte er es nicht bereuen. »Ich werde vorsichtig sein.«
Sie nickte und ging davon.
Duncan wusste, dass ihm nicht mehr viel Zeit blieb. Das Klügste wäre, sofort zu gehen und seine Suche nach Informationen, die seinen Ruf wiederherstellen würden, fortzusetzen. Doch er konnte nicht gehen – noch nicht. Er redete sich ein, es hätte nicht nur damit zu tun, dass sich seine Eingeweide bei der Vorstellung von Jeannie in Gefahr zu einem wirren Durcheinander verknoteten. In den folgenden Tagen könnte er auch den Wohnturm und das Arbeitszimmer durchsuchen und vielleicht Jeannies Geheimnissen auf die Spur kommen.
Doch er hoffte immer mehr, dass er nichts finden würde.
Getreu seinem Wort verwandelte Duncan im Lauf der nächsten Woche die Burg und ihre Bewohner. Jeannie konnte die Veränderungen kaum glauben, die er in so kurzer Zeit bewerkstelligte. Er nahm nicht nur am Training der Wachmänner persönlich teil, sondern hatte auch noch regelmäßige Spähtrupps organisiert, die Wachen verstärkt, die Tore befestigt und angeordnet, dass die Mauer um den barmkin repariert wurde, die man in den letzten paar Jahren hatte verfallen lassen.
Nachdem eine Gruppe von Viehdieben Anfang der Woche auf Duncan und seine Männer getroffen war, hatte sich auch die Stimmung um die Burg herum verändert. Die Nachricht verbreitete sich, dass Angriffe auf Aboyne – und auf Jeannie – auf Widerstand treffen würden. Tödlichen Widerstand.
Selbst Adam, der Captain der Wachmänner, dem es anfänglich äußerst widerstrebt hatte, seine Befehlsgewalt auch nur ansatzweise an Duncan abzutreten, war überzeugt worden. Hauptsächlich deshalb, weil Duncan ihm das Verdienst an den Veränderungen zuschrieb, obwohl jeder wusste, wer dafür verantwortlich war.
Jeannie lächelte, als sie vom Wohnturm in den Burghof hinaustrat, trotz des eisigen Windstoßes, der durch alle Knochen drang, und der dunklen Wolken, die am Himmel hingen. Zum ersten Mal seit dem Tod von Francis fühlte sie sich sicher. Sicher. Ihr war nicht bewusst gewesen, wie sehr es sie bedrückt hatte, hinter den Mauern der Burg eingeschlossen zu sein wie eine Prinzessin in ihrem Turm, bis die Last von ihr genommen würde.
Und das hatte sie Duncan zu verdanken. Es war schwer, den Mann, der er geworden war, nicht zu bewundern. Genauso schwer, wie sich nicht vorzustellen, was hätte sein können.
Sie schlang sich das Plaid um die Schultern und stapfte über den Burghof, während ihr der feuchtkalte Wind wie eisige Nadeln ins Gesicht stach.
Noch eine weitere Woche oder zwei, dann könnte sie möglicherweise ihre morgendlichen Ausritte wieder aufnehmen. Jetzt würde Duncan sie begleiten, doch er war so beschäftigt gewesen, dass sie ihn nicht darum hatte bitten wollen.
Nach dem Zusammentreffen mit der Marchioness hatte er sich aus der Burg zurückgezogen und sich zu den anderen Wachmännern in den Unterkünften gesellt. Sie wusste, dass es so richtig war, aber …
Aber was? Vermisste sie ihn? Nein.
Warum ertappte sie sich dann dabei, dass sie auf Gelegenheiten wartete, einen Blick auf ihn zu erhaschen? So wie jetzt. Oder warum machte sie genau zu der Zeit ihren Ausflug in den Garten, um das Gemüse für die Abendmahlzeit
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