Schottisches Feuer
es heiß – sogar stickig –, obwohl nur eine einzige Kerze brannte. Die Hitze kam von Duncan, und Jeannies Schaudern kam von der Angst. Sie riss sich zusammen und zwang sich, ein paar Schritte näher zu treten.
O Gott! Ein erstickter Laut drang aus ihrer Kehle, und sie presste die Faust vor den Mund. Ich kann das nicht.
Kerzenlicht flackerte über sein Gesicht. Genug, um die verräterische kränkliche Scharlachröte auf seinen Wangen zu erkennen. Sein Mund war bereits weiß. Sie wusste, dass seine Lippen bald vor Durst, der nicht gestillt werden konnte, rau und aufgesprungen sein würden.
Instinktiv wich sie einen Schritt zurück.
Mairghread sah den entsetzten Ausdruck auf ihrem Gesicht, und ihre Blicke trafen sich in gegenseitigem Verständnis. Die alte Frau wusste, wie hart sie um das Leben ihres Mannes gekämpft und was der Verlust für sie bedeutet hatte.
Tränen schossen ihr in die Augen. »Werde glücklich, Jeannie. Es tut mir leid.« Das war das Letzte, was Francis zu ihr gesagt hatte, gerade so als hätte er sie enttäuscht und nicht umgekehrt.
»Ihr müsst nicht hierbleiben, Mylady. Beth weiß, was zu tun ist.«
Jeannie nickte. Das war es, was sie hören wollte. Es hatte sie fast umgebracht, zusehen zu müssen, wie der Mann starb, den sie hätte lieben sollen . Sie konnte nicht zusehen, wie Duncan dasselbe geschah. Duncan, der Mann, den sie einst geliebt hatte, aber nun hasste.
Zumindest wollte sie das. Doch während sie dastand, mit vor Angst zugeschnürter Kehle und wie von einem Schraubstock umklammerter Brust, spürte sie, wie die Fassade bröckelte. Es war nicht Hass, der die Narbe auf ihrem Herzen wieder aufgerissen und die rohe und immer noch blutende Wunde darunter freigelegt hatte. Es waren die Erinnerungen – die Sehnsucht nach einer Vergangenheit, die niemals Wirklichkeit sein konnte. Er hatte sie ruiniert, nicht nur ihre jungfräuliche Tugend, sondern etwas weit Wichtigeres – ihr Herz. Ihn wiederzusehen, brachte alles wieder zurück. Ihn zu küssen …
Darüber wollte sie nicht nachdenken. Gott, warum war er nur zurückgekommen?
Sein Körper verkrampfte sich, und er schrie auf, als die Fieberdämonen mit feurigem Griff von seinem Körper Besitz ergriffen.
Ich könnte ihn einfach sterben lassen, und alles wäre vorbei.
Entsetzt stieß sie den Gedanken beinahe ebenso schnell von sich, wie er aufgetaucht war. Der bösartige Impuls schockierte sie. Lieber Gott, woher war das gekommen? Es deutete auf eine Wut hin, die viel tiefer ging, als ihr bewusst gewesen war. Auf Wunden, die begraben, aber alles andere als verheilt waren.
Ich muss gehen. Doch ihre Füße waren wie angewurzelt.
»Mylady?«, fragte Beth mit sorgenvoll geweiteten Augen.
Mit einem tiefen Atemzug riss Jeannie den Blick von dem Mann auf dem Bett los. »Es geht mir gut«, antwortete sie, während der Schrecken langsam seinen Griff lockerte. Ihr Verstand wurde wieder klar. Er mochte sie zwar im Stich gelassen haben, aber sie würde ihm nicht dasselbe antun. Sie konnte ihn nicht einfach sterben lassen und nichts unternehmen, um ihn zu retten. Nicht, wenn es ihre Schuld war.
Sie mochte ihm vielleicht nicht dabei helfen können, seinen Namen reinzuwaschen, aber sie konnte sich auch nicht völlig von ihm abwenden.
Also straffte sie die Schultern und wappnete sich für die Schlacht, die vor ihr lag. Mit schnellen, entschlossenen Schritten trat Jeannie ans Bett und nahm Beths Platz an seiner Seite ein. Sie tauchte einen Lappen in die Schale mit kaltem Wasser, wrang ihn aus und presste ihn auf seine Stirn. Dabei legte sie ihm die Hand an die Schläfe und murmelte beruhigende Worte, während Mairghread sich um die entzündete Wunde kümmerte.
Beim Klang ihrer Stimme wurde er ruhiger. Flatternd flogen seine Lider auf, und ihre Blicke trafen sich einen schier endlosen Herzschlag lang, bevor er die Augen wieder schloss. Der Fiebernebel blendete ihn, dennoch fragte sie sich, ob er wusste, dass sie es war.
Zwei lange Tage und Nächte blieb sie an seiner Seite und kämpfte gegen das Höllenfeuer, das ihn verzehren wollte, ohne zu wissen, ob er leben oder sterben würde.
Sie wich nicht von seiner Seite. Weder Mairghread noch ihre Schwiegermutter, nicht einmal Ellas besorgtes kleines Gesicht konnten sie dazu bringen, das Zimmer zu verlassen. Das war nicht mehr, als sie für jeden anderen tun würde, redete sie sich ein. Es war ihre Pflicht.
Doch es fühlte sich nicht an wie Pflicht; es fühlte sich an wie die Austreibung von
Weitere Kostenlose Bücher