Schottisches Feuer
einzufordern, war es zu spät – und zu gefährlich war es außerdem, bei allem, was sie noch zu verlieren hatte –, doch irgendwie schien es wichtig zu sein, dass er die Wahrheit kannte. »Ich hatte die Karte nicht genommen, Duncan. Ich hätte dich niemals so betrogen. Ich habe dich geliebt.«
Er wandte den Blick nicht ab, doch er antwortete auch nicht. Was hatte sie denn erwartet? Er hatte ihr vor Jahren schon nicht geglaubt, als er noch behauptet hatte, sie zu lieben. Warum sollte er ihr jetzt glauben, wo sie ihm nichts mehr bedeutete?
»Hast du meine Schuld nicht ein einziges Mal infrage gestellt in all diesen Jahren?«, fragte sie mit höher werdender Stimme. »Hast du kein einziges Mal daran gedacht zurückzukommen?«
Hast du überhaupt an mich gedacht?
Sein Blick wurde ausdruckslos. Kalt. Am liebsten hätte sie ihm mit den Fäusten gegen die granitharte Brust gehämmert. Sie hasste es, dass er so unbeteiligt sein konnte, wo sich ihr Schmerz so roh anfühlte.
»Du hast geheiratet. Ziemlich schnell, wenn ich mich recht erinnere.«
Ihr Atem stockte. Der scharfe Tonfall in seiner Stimme verriet ihn. Hatte ihre Heirat ihn von einer Rückkehr abgehalten?
Was für eine schreckliche Ironie. Sie hatte geheiratet, um ihrem Sohn einen Namen zu geben, und dadurch vielleicht verhindert, dass er seinen rechtmäßigen Namen bekam. Doch sie konnte nicht zurückblicken. Was geschehen war, war geschehen. Sie würde nicht so dumm sein, ihm wieder zu verfallen.
Er richtete den Blick auf sie, hart und unerschütterlich. »Wenn du nichts mit dem Komplott gegen mich zu tun hattest, warum hast du dann so schnell geheiratet?«
Ihr Herz setzte einen Schlag lang aus, denn sie wusste, welche Gefahr in seiner Frage lauerte. Besorgt versuchte sie, das wilde Rasen ihres Herzschlags unter Kontrolle zu bringen, doch ihre Fingerknöchel traten weiß hervor, als sie die Hände im Schoß verkrampfte. »Mein Vater wünschte es so.« Das war die Wahrheit. So viel sie ihm davon geben konnte.
Seine Mundwinkel verzogen sich. »Und natürlich würde die pflichtbewusste Tochter nicht im Traum daran denken, ihm zu trotzen.«
Sie hörte die nicht gerade subtile Kritik und bemühte sich krampfhaft, ihr Temperament zu zügeln. »Wie kannst du es wagen!«, schäumte sie. »Einst hätte ich meinem Vater auf die schlimmstmögliche Weise getrotzt. Ich war bereit, mit dir durchzubrennen. Ich hätte alles für dich zurückgelassen. Nicht ich war es, die das Versprechen brach. Du warst derjenige, der fortging. Welchen Grund hätte ich haben sollen, Francis nicht zu heiraten? Hätte ich all diese zehn Jahre darauf warten sollen, dass du zurückkommst?«
»Nein«, antwortete er, verblüfft von den heftigen Gefühlen in ihrer Stimme.
Er hatte das, was geschehen war, nie von ihrem Standpunkt aus betrachtet. Er hatte ihr die Unschuld genommen, versprochen, sie zu heiraten, und sie dann verlassen. Damit hatte er sie verletzt, das konnte er nicht leugnen.
Er war der Meinung gewesen, dass er einen guten Grund hatte, doch was war, wenn er sich irrte? Sie klang so aufrichtig. Er hätte sie nicht nach ihrer Vergangenheit fragen sollen, doch ihre Traurigkeit war ihm aufgefallen, und er hatte sich gefragt, was für ein Leben sie geführt hatte. Aber der Gedanke an ihre Ehe mit einem anderen Mann fraß sich wie Säure durch seine Eingeweide. Der selbstsüchtige Teil in ihm wünschte sich, sie hätte dieselbe Leere kennengelernt wie er. »Du streitest ab, die Karte genommen zu haben, aber du hast kein einziges Mal erwähnt, dass du mich für schuldig hältst. Warum ist das so?«
Langsam hob sie den Blick und sah ihn an. »Vielleicht habe ich mehr Vertrauen in dich, als du in mich hast.«
Die Zurechtweisung verfehlte ihre Wirkung nicht. Hätte er ihr vertrauen sollen, obwohl alle Beweise gegen sie sprachen? Von Jeannie hatte er sich völlig hinreißen lassen. Er hatte zugelassen, dass seine Gefühle für sie sein Urteilsvermögen beeinflussten; etwas, was ihm noch nie zuvor passiert war und was ihm gar nicht gefiel. Als er glaubte, sie hätte ihn verraten, schämte er sich dafür, dass er sich von seinen Gefühlen hatte in die Falle locken lassen. Er fühlte sich verantwortlich für die Niederlage in der Schlacht und den Tod seines Vaters. Hatte er in seiner Scham und Wut vorschnell geurteilt? Das wäre eine schreckliche Ironie in Anbetracht dessen, was ihm widerfahren war.
Konnte er sie so jämmerlich im Stich gelassen haben? Er stieß den Gedanken von sich
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