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Schrei Aus Der Ferne

Schrei Aus Der Ferne

Titel: Schrei Aus Der Ferne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Harvey
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großartige Selbstbeherrschung. Können wir es jetzt einfach auf sich beruhen lassen? Das Thema wechseln? Okay?«
    »Okay. Aber Kinder   … ernsthaft.«
    »Will   …«
    »Nein, es wäre gut. Ich sehe das direkt vor mir: du und ein Baby.«
    »Will   …«
    »Wäre aber besser, wenn du es nicht so lange aufschiebst.«
    Sie ballte die Faust und stieß ihre hervorstehenden Knöchel kräftig in sein Bein, direkt über dem Knie, und Will schrie auf.
    »He! Das hättest du nicht tun sollen!«
    »Doch, ich musste. Willst du noch mehr oder hältst du jetzt ein für alle Mal den Mund?«
    »Ich halte den Mund.«
    »Gut.«
    Den Rest des Wegs legten sie schweigend zurück.
    Wollte sie nun Kinder oder nicht? Wenn Helen das nur mit Sicherheit zu sagen wüsste.
    Eigene Kinder.
    Aber sicher nur eins. Eins würde genügen.
    Der Wunsch war da, meistens tief im Inneren, aber die Zweifel auch. Die Angst. Sie dachte an den fünfjährigen Carl Carey, ein Waisenkind, das jetzt bei den alternden Großeltern in der properen Doppelhaushälfte aufwuchs, aufwuchs mit dem Bewusstsein, was sein Vater getan hatte.
Paul   – er war völlig vernarrt in das Kind.
So vernarrt, dass er eher der Mutter die Kehle fast von einem Ohr zum anderen durchgeschnitten und sich dann erhängt hatte, als zu riskieren, den Sohn zu verlieren, den er so liebte.
    Sie dachte daran, was Martina Jones, Christine Fell und den anderen passiert war. Die Verantwortung war einfach riesig, die Möglichkeiten des Scheiterns, des Verlusts einfach zu groß.

39
     
    Vernon Lansdales Tankstelle kam auf ihrer Straßenseite in Sicht; ein rostiges rundes Schild schwang leicht im Wind und versprach schnelle Reparaturen von Reifen und Auspuffen. Vier Zapfsäulen, paarweise angeordnet, die letzte ausschließlich für Diesel. Im Augenblick keine Kunden. Ein Laden mit Bedienungstresen schloss sich an den Außenbereich an und dahinter stand die doppelt so lange Werkstatt. Holzscheite waren auf der einen Seite der Ladentür aufgestapelt, auf der anderen standen Kartoffelsäcke.
    Auf einem Stuhl mit niedriger Rückenlehne und zwei Kissen hockte Lansdale hinter dem Ladentisch; als der Wagen einbog, sah er auf, dann widmete er sich wieder seiner Zeitung. Erst als Will und Helen eintraten, gab er sein Interesse an der Sportseite auf.
    »Er ist nicht da.«
    »Wer?«
    »Der Mann, nach dem Sie suchen.«
    »Hat er seinen freien Tag?«
    Lansdale schüttelte den Kopf. »Hat gekündigt.«
    »Wann war das?« Will runzelte die Stirn.
    »Ein paar Tage, nachdem Sie ihm die Eier poliert haben.«
    »Hat er einen Grund genannt?«, fragte Will und ignorierte den Blick, den Helen ihm zuwarf.
    »Einen anderen als das?«
    »Überhaupt einen Grund.«
    »Nein. Er hat eingesteckt, was ihm noch zustand, etwas Tabak und ein Päckchen Rizlas gekauft, und dann ist er weg. Hab ihn seitdem nicht mehr zu sehen gekriegt.«
    »Sind Sie da ganz sicher?«
    »Warum sollte ich lügen?« Lansdale hustete etwas in einen Stofffetzen. »Hab ihm angeboten, den Zeugen zu machen, falls er ’ne Klage wegen tätlichem Angriff anleiern will, aber er hat gesagt, das interessiert ihn nicht.« Dabei sah er Will direkt an, als wollte er ihn zum Widerspruch herausfordern.
    »Wie steht es mit Freunden?«, fragte Helen. »Hat er irgendwelche Namen erwähnt, solange er hier war?«
    »Hat nicht viel geredet, der gute Mitchell. Hat seine Arbeit gemacht und ansonsten den Mund gehalten.«
    »Aber hat er sich je mit jemandem hier getroffen? Ist vielleicht jemand vorbeikommen, um ihn zu sehen?«
    »Is’ mir nicht aufgefallen.«
    »Sie würden es aber mitkriegen?«, sagte Helen. »So weitläufig ist es hier ja nicht.«
    »Nur dass ich nicht die ganze Zeit hier bin. Muss immer mal wieder weg. Ersatzteile holen, Vorräte.«
    »Machen Sie den Laden dann nicht zu?«
    »Und nehm nix ein?«
    »Heißt das, dass Roberts für Sie eingesprungen ist?«
    »Warum nicht? Der kann genauso gut mit der Kasse umgehen wie ich. Und ja, bevor Sie fragen, hinterher hab ich kontrolliert. Wenigstens die ersten paar Male. Da fehlte kein Penny.«
    »Aber wenn Sie weg waren, hat er hier möglicherweise jemanden getroffen«, sagte Will. »Das scheinen Sie jedenfalls angedeutet zu haben.«
    »Ich deute gar nix an, wie Sie sich ausdrücken, nix dergleichen. Was ich nicht sehen kann, kann ich nicht beschwören. Das is’ alles.« Lansdale bedachte ihn mit einem schiefen Grinsen.
    »Wenn ich herausfinde, dass Sie etwas verschweigen   …«
    »Was? Schlagen Sie mich dann

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