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Schrei in der Nacht

Schrei in der Nacht

Titel: Schrei in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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keine
Furcht«, beruhigte er sie, »dies wird Hannahs Sohn sein
– Charlie.«
      Der Junge stand wenige Schritte vor ihnen und hielt
das tote Kaninchen hoch. »Ich fand es«, sagte er.
»Ein Wiesel hatte es erwischt, aber ich jagte es davon.« Er
sah auf das Kaninchen und setzte traurig hinzu: »Es ist
tot.«
      Fallon lächelte. »Was willst du mit ihm tun? Soll es eine Mahlzeit ergeben?«
    Ein Ausdruck von Entrüstung huschte
über Charlies Gesicht: »Ich werde es begraben. Ich begrabe
sie immer.«
      Anne bewegte sich nervös, und Fallon
flüsterte: »Keine Angst, er ist absolut harmlos.« Er
hob die Stimme: »Hast du eine gute Nacht gehabt?«
      Charlie strahlte und nickte. »Ich schlief in der
alten Jagdhütte auf der anderen Bergseite. Als der Regen
aufhörte, ging ich nach draußen. Die Sterne waren wunderbar
– wie Diamanten am Himmel – Tausende von ihnen.« Auf
seinem Gesicht lag ein Ausdruck der Begeisterung.
      Fallon drückte Annes Hand beruhigend. »Wir
gehen jetzt zu der Farm zurück. Willst du mit uns kommen?«
      Charlie war voller Eifer. »Oh, das freut mich.
Ich habe es sehr gern, wenn Besucher bei uns bleiben. Wir hatten lange
Zeit keinen Besuch.«
      Während sie die Schlucht bis zu dem Haus
entlanggingen, blieb er an ihrer Seite, rannte aber bisweilen wie ein
Kind ein Stück davon, um bei etwas zu verweilen. In einem fort
sprach er von den Vögeln und den anderen Tieren, die auf der
Bergseite lebten, so, als ob sie Freunde wären.
      »Was ist mit ihm geschehen?« fragte Anne
flüsternd, und als Fallon ihr von der Krankheit des Jungen
erzählte, hatte sie sofort großes Mitleid mit ihm.
»Wie furchtbar. Während meiner Zeit im Krankenhaus kamen ein
oder zwei Fälle dieser Art vor. Das ist eines der
bedrückendsten Dinge, die ein Arzt zu behandeln hat. Man kann nur
sehr wenig dafür tun.«
      Fallon nickte. »Er sieht ganz glücklich
aus, aber das Leben kann manchmal unaussprechlich grausam sein.«
      Als sie über den Bauernhof gingen und die
Küche betraten, war der Tisch schon gedeckt, und Hannah stand
etwas ungehalten am Herd. »Sie hätten beinahe das Essen
verpaßt«, sagte sie, »wir wollten gerade
beginnen.«
    Murphy, der schon Platz genommen hatte,
begrüßte Anne und Fallon. »Ich hoffe, der Spaziergang
hat Ihren Appetit erhöht.« Anne errötete und setzte
sich schnell. Hannah drehte sich zu ihrem Sohn und sagte: »Na,
Charlie, laß dein Kaninchen draußen und wasch dir die
Hände. Bevor du das nicht getan hast, kannst du auch nicht
essen.«
      Es wurde eine lustige Mahlzeit. Johnny Murphy redete
unaufhörlich, hauptsächlich zu Hannah gewandt.
Allmählich taute die alte Frau auf, und ein- oder zweimal huschte
sogar so etwas wie ein Lächeln über ihr wettergebräuntes
Gesicht.
      Als die Mahlzeit beendet war, erhob sich Anne, ging
zum Abwaschbecken und erbot sich, beim Abwasch zu helfen. Hannah
sträubte sich. »Nicht, solange Sie mein Gast hier sind. Ein
zahlender Gast sogar. Wenn ihr dafür Sinn habt, geht für den
Nachmittag in die Berge, ihr alle. Ich werde euch ein paar Brote
machen. Charlie kann euch den Weg zeigen.« Sie sah aus dem
Fenster zum Himmel auf und meinte: »Der Regen wird in der Nacht
wieder beginnen. Dies wird der letzte schöne Tag vor dem Winter
sein.«
      Anne drehte sich zu Fallon um, strahlendes
Lächeln lag auf ihrem Gesicht. Johnny Murphy sprang erfreut auf.
»Das ist eine großartige Idee, Mr. Fallon. Kommen
Sie!«
      Fallon zögerte für einen Moment, doch dann
erinnerte er sich der stillen Minuten auf dem Berg, als ihm
bewußt wurde, daß dies der einzige Tag sein wird. Er schlug
mit der Hand auf den Tisch und rief aus: »Gut also, worauf warten
wir noch?«
      Zwanzig Minuten später schritten sie wieder durch
die Schlucht, fort von dem Bauernhaus, immer tiefer in die Berge
hinein. Es war der glücklichste Nachmittag, an den sich Fallon
erinnern konnte. Murphy und Charlie gingen, den Weg bahnend, voraus.
Anne und Fallon folgten ihnen. Die Luft war wie Sekt, und die Sonne
brannte auf ihren Rücken. Als sie den Gipfel des Berges erreicht
hatten, erschien es ihnen, als ob sie auf der Spitze der Welt
stünden und all die Furcht und Unruhe der vergangenen Tage hinter
sich gelassen hätten.
    Sie aßen ihre Brote in der Jagdhütte, die Charlie erwähnt
    hatte, und setzten ihren Weg über das weite Moor mit dem
Heidekraut und dem lieblichen Geruch fort. Am späten Nachmittag
kamen sie über den Berg zurück, und zum letztenmal

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