Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Schrei in der Nacht

Titel: Schrei in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
Vom Netzwerk:
Mantel genommen, weil er den Anschein erwecken wollte, er habe sie gesehen, und war dann die falsche Abzweigung gefahren. Vielleicht hatte er in der Hoffnung, Geld zu finden, in die Manteltasche gelangt und den Schlüssel herausgeholt, und vielleicht war das Auto in eben diesem Augenblick über die Böschung in den Fluß gerollt?
    Aber das erklärte noch nicht den Anruf. Nach dem Mittagsschlaf tollten Beth und Tina am liebsten draußen auf der Wiese herum. Jenny saß auf der Westveranda und behielt sie im Auge, während sie strickte oder kleine Stoffvierecke für die Bettdecke zuschnitt. Rooney hatte auf dem Speicher viele Reste gefunden, Stoffe von Kleidern, die vor langer Zeit genäht worden waren, einen Beutel mit Stoffschnipseln, eine ganze Rolle dunkelblaue Baumwolle. »John hat sie gekauft, und ich habe davon Vorhänge für das Schlafzimmer hinten gemacht, als er es bezog. Ich habe ihm gleich gesagt, daß die Farbe viel zu dunkel ist. Er wollte nicht zugeben, daß ich recht hatte, aber ein paar Monate später mußte ich sie wieder abnehmen, und dann habe ich die gemacht, die heute noch dort hängen.«
    Jenny brachte es aus irgendeinem Grund nicht fertig, sich auf Carolines Schaukel zu setzen. Sie benutzte einen Korbsessel mit bequemen Kissen. Sie dachte oft daran, daß Caroline hier auf der Veranda gesessen hatte, um zu nähen und ihr Kind zu beobachten, wie es auf den Feldern spielte.
    Sie litt nicht mehr unter dem Mangel an Gesellschaft.
    Jetzt lehnte sie ab, wenn Erich auswärts essen wollte.
    »Noch nicht, bitte. Mir wird schon übel, wenn ich Essen nur rieche.«
    Er fing an, die Kinder mitzunehmen, wenn er Besorgungen macht. Bei der Rückkehr plapperten sie aufgeregt über die Leute, die sie unterwegs getroffen oder besucht hatten und von denen sie Milch und Kekse bekommen hatten.
    Erich schlief immer in dem hinteren Zimmer. »Jen, so ist es leichter. Wenn ich nicht in deiner Nähe bin, kann ich es aushalten; aber wenn ich Nacht für Nacht neben dir liege, bringe ich es einfach nicht fertig, dich in Ruhe zu lassen. Außerdem hast du einen unruhigen Schlaf.
    Und du selbst schläfst jetzt auch wahrscheinlich besser, wenn du allein bist.«
    Sie hätte dankbar sein sollen, aber sie war es nicht. Sie hatte regelmäßig Alpträume; immer wieder war ihr, als berührte sie etwas Lebendiges, ein Gesicht im Dunkeln, als fühlte sie Haare über ihre Wange streifen. Sie wagte nicht, es ihm zu erzählen. Er hätte sie doch nur für verrückt gehalten.
    Am Tag vor der Reise nach San Francisco schlug Erich ihr vor, doch mit zum Stall zu kommen. Ihr war seit zwei Tagen morgens nicht mehr übel gewesen.
    »Es wäre mir lieber, wenn du dabei bist, wenn die beiden reiten. Ich bin nicht mehr recht glücklich mit Joe.« Ein besorgter Stich durchfuhr sie. »Warum nicht?«
    »Ich habe gehört, daß er neuerdings jeden Abend mit seinem Onkel in der Kneipe hockt. Josh Brothers ist im Augenblick der schlechteste Einfluß, den man sich für Joe vorstellen kann. Aber wie dem auch sei, wenn du merkst, daß Joe eine Fahne hat, vertrau ihm die Mädchen bitte nicht an. Ich werde mir sehr überlegen müssen, ob ich ihn behalten kann.«
    Mark war im Stall. Seine sonst so ruhige und freundliche Stimme war laut und zornig. »Weißt du denn nicht, wie gefährlich es ist, so nahe am Hafer Rattengift aufzubewahren? Wenn nun etwas davon ins Futter kommt? Die Pferde würden total durchdrehen. Was zum Teufel ist neuerdings mit dir los, Joe? Eines sage ich dir, wenn das noch mal vorkommt, muß ich Mr. Krueger empfehlen, dich rauszuwerfen. Baron ist selbst für einen erfahrenen Reiter wie Erich schwierig genug. Wenn er Strychnin ins Futter bekommt, wird er jeden zertrampeln, der ihm vor die Hufe kommt.«
    Erich ließ ihren Arm los. »Was gibt’s?«
    Joe, mit puterrotem Gesicht, offenbar den Tränen nahe, gestand: »Ich wollte das Gift gerade in die Fallen tun.
    Und dann fing es an zu regnen, und ich hab’ die Kiste hier reingezogen, und dann hab’ ich sie vergessen.«
    »Du bist entlassen«, sagte Erich kalt.
    Joe sah Jenny an. Hatte sein Gesichtsausdruck irgendeine besondere Bedeutung, oder war er einfach flehend? Sie konnte es nicht sagen.
    Sie trat vor, nahm Erichs Hand. »Bitte, Erich. Joe kann so gut mit den Kindern umgehen. Er hat so viel für sie getan, und er hat so viel Geduld bei den Reitstunden. Sie würden ihn schrecklich vermissen.«
    Erich musterte sie. »Meinetwegen, aber nur, weil dir etwas daran liegt«, sagte er kurz und wandte

Weitere Kostenlose Bücher