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Schrei in der Nacht

Titel: Schrei in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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ist gemein.«
    Sie beugte den Kopf über ihr Puzzle. Alles an ihrem kleinen Körper strahlte verletzten Stolz aus.
    Jenny mußte lächlen. »Oh, Tinker, du bist solch eine Schauspielerin!« Sie ging zu ihr, kniete sich hin und gab ihr einen Kuß.
    Tina klammerte sich an sie. »O Mami.«
    Ich habe mich so wenig um die beiden gekümmert, seit das Baby da ist, dachte Jenny. »Wißt ihr was«, sagte sie impulsiv. »Wir holen Pummel gleich herunter. Wenn ihr euch die Hände wascht, dürft ihr ihn beide mal halten.«
    Rooney unterbrach ihre freudigen Ausrufe. »Jenny, darf ich ihn holen?«
    »Natürlich. Ich mache schnell seine Flasche fertig.«
    Rooney war einige Minuten später wieder unten und hielt ihr vorsichtig das in eine Decke gehüllte Baby hin.

    Sie machte ein besorgtes Gesicht. »Ich glaube, er hat Fieber.«
    Um fünf Uhr kam Dr. Bovitch. »Wir bringen ihn lieber ins Krankenhaus.«
    »Nein — bitte nicht.« Jenny gab sich alle Mühe, damit ihre Stimme nicht bebte.
    Der Kinderarzt zögert. »Wir können bis morgen früh warten«, sagte er. »Aber das Dumme ist, daß die Temperatur bei Säuglingen sehr schnell steigen kann.
    Andererseits bin ich auch nicht scharf darauf, ihn bei dieser Kälte ins Freie zu nehmen. Meinetwegen. Warten wir ab, wie es ihm morgen früh geht.«
    Rooney blieb da und machte Abendessen. Jenny gab dem Kleinen Aspirin. Sie fror selbst bis in die Knochen.
    Bekam sie eine Erkältung, oder war sie einfach taub vor Angst? »Rooney, geben Sie mir bitte die Stola rüber.«
    Sie schlug sie sich um die Schultern und bettete das Baby mit hinein, während sie es hielt.
    »Oh, mein Gott — « Rooneys Gesicht war aschfahl.
    »Was ist, Rooney?«
    »Es ist nur die Stola; beim Häkeln hab’ ich gar nicht daran gedacht, daß die Farbe… mit Ihren dunklen Haaren… Ich hatte eben das Gefühl, daß ich das Bild von Caroline vor mir sah. Es war irgendwie unheimlich.«
    Clyde kam um halb acht, um Rooney abzuholen. »Er paßt auf, daß ich abends nicht mehr aus dem Haus gehe«, vertraute Rooney ihr an. »Er mag es nicht, wenn ich so ungereimtes Zeug daherrede, nachdem ich draußen war.«
    »Was für ungereimtes Zeug?« fragte Jenny abwesend.
    Der Kleine schlief. Er atmete regelmäßig.
    »Ach, wissen Sie«, sagte Rooney im Flüsterton. »Bei einem von meinen Anfällen, bei denen ich immer alles mögliche rede, habe ich Clyde erzählt, daß ich Caroline in letzter Zeit so oft sehe. Da ist er furchtbar wütend geworden.«
    Jenny schauerte zusammen. Rooney hatte doch inzwischen so normal gewirkt. Seit den Wochen vor der Geburt des Babys hatte sie nicht mehr behauptet, Caroline gesehen zu haben.
    Es klopfte laut, und Clyde trat in den Küchenflur.
    »Komm, Rooney«, sagte er, »wir müssen los. Ich habe Hunger.«
    Rooney beugte sich schnell an Jennys Ohr. »Oh, Sie müssen mir glauben, sie ist hier! Caroline ist zurückgekommen. Ich kann sie verstehen, Sie nicht? Sie möchte einfach ihren Enkel sehen.«
    In den nächsten vier Nächten ließ Jenny das Kinderbettchen neben ihrem Bett stehen. Ein Luftbefeuchter verbreitete warme, feuchte Luft; ein gedämpftes Nachtlicht sorgte dafür, daß sie mehrmals in der Nacht nachsehen konnte, ob der Kleine noch zugedeckt war, ob er leicht und regelmäßig atmete. Der Arzt kam jeden Morgen. »Ich muß drauf achten, daß er keine Lungenentzündung bekommt«, sagte er. »Bei Säuglingen kann eine Erkältung in ein paar Stunden in die Lunge geraten.«
    Erich kam nicht von der Hütte zurück. Tagsüber holte Jenny den Kleinen herunter und legte ihn in die Wiege neben dem Herd. So konnte sie ihn die ganze Zeit im Auge behalten und trotzdem mit Beth und Tina zusammen sein.
    Die Möglichkeit, daß sie schlafwandelte, ließ ihr keine Ruhe. Großer Gott, war es wirklich denkbar, daß sie nachts draußen herumlief? Aus einer gewissen Entfernung würde sie aussehen wie Caroline, vor allem wenn sie die Stola umhatte.
    Falls sie tatsächlich schlafwandelte, so gab es für vieles eine Erklärung — Rooneys Behauptung, Caroline oft zu sehen, Tinas »Warum hast du nicht mit mir geredet, als du in unser Zimmer gekommen bist?«, Joes Gewißheit, er habe gesehen, wie sie zu Kevin ins Auto stieg.
    Als Dr. Bovitch an Silvester kam, wirkte sein Lächeln aufrichtig erfreut. »Ich denke, er ist über den Berg. Sie sind eine hervorragende Krankenschwester, Jenny. Jetzt brauchen Sie selbst ein bißchen Ruhe. Stellen Sie das Bettchen wieder in sein Zimmer. Wenn er nachts nicht vor Hunger schreit,

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