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Schrei in der Nacht

Titel: Schrei in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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es ihr vorkam? Sie blickte wie betäubt von einem zu anderen. Emily konnte ihre Verlegenheit nicht verhehlen. Luke sah starr geradeaus. Mark verzog keinen Muskel seines Gesichts. Sie spürten den Zorn in ihm.
    Erich lächelte liebevoll auf das Baby hinunter.
    Sie wußte jetzt mit absoluter Gewißheit, daß auf der Geburtsurkunde derselbe Name stand wie in der Anzeige.
    Das Baby begann leise vor sich hin zu wimmern.
    »Mein armer kleiner Liebling«, sagte sie. Sie stand auf.
    »Wenn ihr mich bitte entschuldigt, ich muß — « Sie hielt inne, fuhr dann gelassen fort: »Ich muß mich um Kevin kümmern.«
    Als der Kleine eingeschlafen war, saß sie noch lange an dem Korbbettchen. Sie hörte, wie Erich die Mädchen nach oben brachte und leise sagte: »Weckt das Baby nicht auf. Ich werde Mami für euch einen Gutenachtkuß geben. Waren es nicht schöne Weihnachten?«
    Jenny dachte: Ich kann so nicht weiterleben.
    Endlich ging sie nach unten. Erich hatte die Schachteln mit den Geschenken wieder zugemacht und ordentlich um den Weihnachtsbaum herum aufgebaut. Er hatte die neue Samtjacke an, die sie in Dayton für ihn bestellt hatte. Das tiefe Blau stand ihm hervorragend. Alle kräftigen Farben stehen ihm, dachte sie sachlich.
    »Jen, ich freue mich sehr über mein Geschenk. Ich hoffe, du freust dich über deines genauso.« Er hatte ihr eine weiße Nerzjacke geschenkt.
    Ohne auf eine Antwort zu warten, fuhr er fort, die Geschenke zu ordnen, und sagte dann: »Die Mädchen hatten nur Augen für die Puppenbetten. Man könnte meinen, sie hätten sonst nichts bekommen. Und das Baby. Nun, er ist vielleicht noch etwas zu klein, um etwas mit den Stofftieren anfangen zu können. Aber bald wird er schon damit spielen.«
    »Erich, wo ist die Geburtsurkunde?«
    »Ich habe sie im Büro abgelegt, Liebling. Warum?«
    »Welcher Name steht darauf?«
    »Der Name des Babys, Kevin.«
    »Du hast gesagt, daß du ihn änderst.«
    »Ja, aber dann ist mir eingefallen, daß es ein schrecklicher Fehler wäre.«
    »Warum?«
    »Jenny, findest du nicht, daß die Leute hier schon genug über uns geredet haben? Was würden sie wohl sagen, wenn wir den Namen des Babys änderten? Mein Gott, dann hätten sie Gesprächsstoff für die nächsten zehn Jahre. Vergiß nicht, daß wir noch nicht ganz neun Monate verheiratet waren, als er geboren wurde.«
    »Aber Kevin! Du hast ihn Kevin genannt.«
    »Ich hab’ dir doch den Grund erklärt, Jenny. Hör mal, die Leute tratschen schon nicht mehr so viel wie damals.
    Wenn sie von dem Unfall reden, erwähnen sie Kevins Namen gar nicht. Sie reden von Jenny Kruegers erstem Mann, dem Burschen, der ihr nach Minnesota gefolgt ist und mit dem Auto in den Fluß fuhr. Aber eines kann ich dir sagen. Wenn wir den Namen des Babys jetzt noch ändern, rätseln sie die nächsten fünfzig Jahre noch daran herum. Und dann vergessen sie Kevin MacPartland bestimmt nicht.«
    »Erich«, fragte sie zaghaft, »gibt es nicht ein wichtigeres Motiv dafür, daß du keinen anderen Namen hast eintragen lassen? Ist der Kleine kränker, als sie mir gesagt haben? Ist es, weil du deinen Namen für ein Kind aufheben willst, das am Leben bleibt? Sag es mir bitte.
    Verschweigt ihr mir etwas?«
    »Nein, nein, bestimmt nicht.« Er trat zu ihr und sah sie zärtlich an. »Jenny, verstehst du nicht? Es wird schon alles gut. Ich möchte, daß du aufhörst, dich zu quälen.
    Das Baby wird von Tag zu Tag kräftiger.«
    Es gab noch etwas, was sie ihn fragen mußte. »Erich, du hast im Kreißsaal etwas gesagt — daß das Baby genauso rostrote Haare hat wie die Mädchen. Kevin hatte rostrote Haare. Sag mir, daß du nicht etwa andeuten willst, daß Kevin der Vater des Kleinen ist. Schwöre es mir!«
    »Jenny, warum sollte ich das denn glauben?«
    »Weil du das mit den Haaren gesagt hast.« Sie hörte, daß ihre Stimme bebte. »Der Kleine wird dir wie aus dem Gesicht geschnitten sein. Warte nur noch ein bißchen, dann siehst du es selbst. Alle Haare, die er jetzt bekommt, sind blond. Aber als die anderen hier waren —
    die Bemerkung, die du gemacht hast, als ich sagte, daß er seinem Daddy sehr ähnlich wird. Die Art, wie du gesagt hast: ›Das habe ich von Anfang an gesagt‹. Du kannst doch nicht glauben, daß Kevin sein Vater ist?«
    Sie starrte ihn an. Der tiefblaue Samt ließ seine blonden Haare einen Ton dunkler schimmern. Sie war sich nie richtig darüber klargeworden, wie dunkel seine Wimpern und Augenbrauen waren. Sie dachte unwillkürlich an die Porträts in

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