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Schrei in der Nacht

Titel: Schrei in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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zugegeben, daß er an jenem Morgen völlig verkatert war. Er besteht darauf, daß er die Kisten verwechselt haben muß, ich meine, die mit dem Hafer und die mit dem Gift.«
    »Das sagt er?«
    »Ja. Jedenfalls glaube ich, daß Maude sich irgendwie über mich bei Ihnen entschuldigen will. Ich weiß, daß Joe zum Sheriff gegangen ist und mit ihm gesprochen hat, als sie letzte Woche zurückgekommen sind. Er ist wütend über das Gerede wegen seines Unfalls. Sie wissen ja, wegen der verdrehten Sachen, die er über Sie gesagt hat.
    Er sagt, er habe keine Ahnung, warum er es getan hat.«
    Armer Joe, dachte Jenny. Er versucht, einen Schaden zu beheben, der nicht wiedergutzumachen ist, und macht es nur noch schlimmer, weil er damit alles wieder aufrührt.
    »Oh, Jenny, die Decke ist ja fast fertig! Wie schön sie geworden ist. Sie haben eine Menge Geduld damit gehabt.«
    »Ich war froh, daß ich mich damit beschäftigen konnte«, sagte sie.
    »Hängen Sie die Decke als Wandteppich ins Eßzimmer, neben den von Caroline?«
    »Ich hab’ noch nicht darüber nachgedacht.«
    Sie hatte heute praktisch noch gar nicht nachgedacht, außer über die Möglichkeit, daß sie schlafwandelte. In ihrem Traum hatte sie versucht, eine Taube aus dem Zimmer der Mädchen zu jagen. Aber war sie wirklich in dem Zimmer gewesen?
    In den letzten Monaten waren einfach zu viele solche Dinge passiert. Wenn sie wieder zu Dr. Elmendorf ging, mußte sie mit ihm darüber reden. Vielleicht brauchte sie doch psychiatrische Hilfe.
    Ich habe solche Angst, dachte sie.
    Sie hatte neuerdings nagende Zweifel, ob Erich ihr jemals verzeihen würde, daß sie ihn zum Mittelpunkt von Klatsch und Tratsch gemacht hatte. Egal, wieviel Mühe sie sich beide gaben, es würde nie wieder ganz in Ordnung kommen. Und egal, was er sagte — sie war überzeugt, daß er insgeheim glaubte, das Kind sei nicht von ihm. Mit dieser Entfremdung konnte Jenny einfach nicht so weiterleben.
    Aber das Baby war ein Krueger und verdiente die beste medizinische Fürsorge, die Erich ihm mit seinem Reichtum kaufen konnte. Wenn der Kleine dann die Operation hinter sich hatte und es ihm wieder besserging, und wenn sich bis dahin mit Erich und ihr nichts zum Guten gewendet haben sollte, ja, dann würde sie gehen.
    Sie versuchte, sich vorzustellen, wie es sein würde, wieder in New York zu leben, in der Galerie zu arbeiten, die Kinder aus der Tagesstätte abzuholen, nach Haus zu hetzen, Essen zu machen. Leicht war es bestimmt nicht.
    Aber nichts war leicht, und viele andere alleinstehende Frauen schafften es auch. Außerdem war sicher alles andere besser als diese schreckliche Isolierung, dieses Gefühl, den Kontakt zur Wirklichkeit zu verlieren.
    Alpträume. Schlafwandeln. Amnäsie. Kam denn Amnäsie überhaupt in Frage? Sie hatte in New York nie irgendwelche Schwierigkeiten gehabt. Sie war damals immer abends hundemüde, konnte aber immer gut schlafen. Vielleicht hatte sie damals nicht annähernd genug Zeit für die Mädchen, aber jetzt kam es ihr vor, als hätte sie überhaupt keine mehr. Sie machte sich solche Sorgen um das Baby, und Erich nahm Tina und Beth immerfort zu Fahrten oder Besuchen mit, an denen sie nicht teilnehmen konnte oder wollte.
    Ich möchte heim, dachte sie. Heim war kein Ort, vielleicht nicht einmal ein Haus oder eine Wohnung.
    Heim war etwas, wo man die Tür zumachen und seinen Frieden haben konnte.
    Dieses Land. Selbst jetzt. Es schneite, der Wind heulte.
    Sie liebte die Wildheit des Winters hier. Sie stellte sich das Haus mit den Änderungen vor, die sie versucht hatte durchzusetzen — die schweren Gardinen fort, diesen Tisch ans Fenster —, sie dachte daran, wie sehr sie gehofft hatte, Freunde zu finden und Partys zu veranstalten.
    »Jenny, sie sehen so traurig aus«, sagte Rooney plötzlich.
    Sie versuchte zu lächeln. »Es ist nur…« Ihre Stimme wurde leise, versagte.
    »Für mich ist dies das schönste Weihnachten, seit Arden weggegangen ist. Einfach, weil ich sehen kann, wie glücklich die Kinder sind, und weil ich Ihnen mit dem Baby helfen darf…«
    Jenny fiel auf einmal auf, daß Rooney nie den Namen sagte, wenn sie von dem Kleinen redete.
    Sie hielt die Decke hoch. »Da, Rooney — fertig!«
    Beth und Tina beschäftigten sich mit ihren neuen Puzzlespielen. Beth sah auf. »Die ist sehr schön, Mami.
    Du kannst sehr gut nähen.«
    Tina fiel ein: »Viel schöner als die an der Wand.
    Daddy hat gesagt, deine ist nicht so schön wie die an der Wand, und ich finde, das

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