Schrei in Flammen
entschloss sich also, die Unterlagen über die Brandfälle holen zu lassen und das Material mitzunehmen. In den letzten beiden Berichten fand sie zwei weitere Brände. Danach machte sie sich auf die Suche nach Annemarie.
Sie erklärte ihr, was sie brauchte, aber Annemarie biss sich auf die Lippe, sah auf ihre Uhr und dachte nach.
»Okay, machen wir einen Versuch.«
Katrine ging wieder zu ihrem Platz. Jetzt konnte sie nur noch warten.
Warum rief ihr Vater nicht zurück? Das sah ihm gar nicht ähnlich. Irgendwann ging sie nach draußen und rief ihn an, aber er nahm den Hörer nicht ab. Sie hinterließ ihm eine Nachricht und bat ihn, sie zurückzurufen, egal, ob es Neuigkeiten gab oder nicht. Dann ging sie wieder zurück nach drinnen.
*
Jens saß in seinem Büro und ging die Aussagen durch, die sie über die sonntägliche Schießerei aufgenommen hatten, als sein Handy klingelte. Der Anruf kam von einer unbekannten Nummer.
»Jens Høgh.«
Jemand weinte hysterisch.
»Sie haben Simone mitgenommen, ich weiß nicht, was da passiert ist. Sie müssen kommen …«
»He, he, beruhigen Sie sich, wer ist denn da?«
»Hier ist Fatima«, sagte die Stimme. »Die haben Simone mitgenommen!«
Jens versuchte, die Gedanken, die ihm durch den Kopf schossen, unter Kontrolle zu bekommen. Fatima war Simones Freundin. Jemand hatte Simone mitgenommen? Wer? Was war da los?
»Fatima, jetzt atme mal tief durch und sag mir langsam und ruhig, wer Simone mitgenommen hat und was da passiert ist?«
Jens hörte, dass das Mädchen hyperventilierte, während er es kaum schaffte, selbst ruhig zu bleiben.
»Okay, ich habe Simone und ihren Freund getroffen, Camillo, in der Lundtoftegade.«
Freund? Camillo?, dachte Jens verwundert. »Ja, und was ist dann geschehen?«
»Ja, also, dann kamen Camillos Freunde, das heißt, einer ist sein großer Bruder oder so. Ich glaube, die wollten sich Autos angucken. Und gerade, als sie wegfahren wollten, kam ein Auto mit lauter Glatzköpfen. Die hatten Pistolen und haben geschossen!« Fatima begann wieder laut zu weinen.
Simone in eine Schießerei verwickelt? Wie konnte das sein …? Jens durchfuhr eine Welle Angst.
»Ich habe Simone schreien gehört!«, sagte Fatime zwischen den Schluchzern. »Ich glaube, die haben sie getroffen! Und dann mussten alle in einen großen schwarzen Lieferwagen steigen, und mit dem sind die dann weggefahren.«
»Angeschossen? Simone?«, rief Jens.
»Ja, ich glaube schon«, heulte Fatima.
»Fatima, hör mir zu«, sagte Jens, während er die Ruhe zu bewahren versuchte. »Das ist sehr wichtig. Wann ist das passiert? Und hast du die Nummernschilder der Autos gesehen?«
Fatima schluchzte, trotzdem gelang es ihr zu stammeln:
»Gerade eben, vielleicht vor vier oder fünf Minuten. Ich hab erst meine Mutter angerufen, damit sie mir Ihre Nummer aus der Klassenliste raussucht. Aber die Kennzeichen habe ich nicht gesehen.«
»Weißt du, wer das war?«
»Nee, ich habe überhaupt keine Ahnung.«
»Okay, okay, gut Fatima. Du hast alles richtig gemacht. Danke, dass du angerufen hast.« Er beendete das Gespräch.
Jens hatte nicht bemerkt, dass sich Lars und ein paar andere in seinem Büro versammelt hatten. Er hatte so laut gesprochen, beinahe in den Hörer geschrien, dass die anderen alles mitbekommen hatten. Jens sah sie an. In ihm war nichts als Leere und eine Angst, die jede Zelle seines Körpers lähmte. »Simone ist entführt worden!«, sagte er.
*
Torsten Bistrup nahm zum x-ten Mal vor Asger Dahl und dessen Anwalt Platz. Man hatte keinen Einfluss darauf, von wem man verhört wurde, das hatte Dahl im Laufe der letzten Wochen einsehen müssen.
Bei den vorangegangenen Verhören hatte Dahl müde und kraftlos gewirkt, doch heute, da der nächste Haftprüfungstermin nur noch zwei Tage entfernt war, wirkte er obenauf, als wäre er sicher, bald entlassen zu werden. Er glaubte anscheinend wirklich daran, nach Hause zu kommen und womöglich die Klage gegen die Polizei vorzubereiten, mit der er ihnen gedroht hatte. Aber damit würde jetzt bald Schluss sein, freute sich Torsten.
»Also, Asger«, sagte Torsten. »Seit unserem letzten Gespräch sind neue technische Beweise aufgetaucht.« Dahl schwieg. Seine Stimmung schien einen Dämpfer bekommen zu haben. »Beweise, die ein für alle Mal belegen, dass Sie uns von Anfang an belogen haben! Unsere Kollegen von der Kriminaltechnik haben Ihre DNA unter den vielen Spuren im
Salon S
feststellen können.«
Er sah nicht zum ersten Mal, wie
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