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Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern (German Edition)

Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern (German Edition)

Titel: Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hagen Seidel
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»leaner« Unternehmensaufbau blieben erste Gründerpflicht im Hause Torstraße 218.
    Dass die Samwers übergroßen Einfluss auf die Geschäfte der Firmen nehmen, bei denen sie engagiert sind, bestreitet Gentz. Schon in den Anfangstagen von Zalando sei das nicht so gewesen. Das Büro in der Torstraße platzte schnell aus allen Nähten, obwohl der Untermieter längst ausgezogen war. Das Sortiment wurde immer größer, die Bestellzahlen stiegen und mit ihnen die Retouren. Diese Rückläufer mussten überprüft, bearbeitet und ins Lager gebracht werden, der Kaufpreis musste den Kunden zurücküberwiesen werden. Aus großen Schreibtischen wurden kleine Schreibtische, damit mehr Leute ins Büro passten. Die Stirnseiten wurden ebenfalls besetzt. Der Meetingraum wurde schnell umfunktioniert – auch das zieht sich durch die Zalando-Historie bis heute. Noch heute im Umspannwerk in Prenzlauer Berg herrscht ewiger Mangel an Besprechungsräumen. So werden immerhin Sitzungszeiten nur selten überzogen, weil schon die Nachfolgenutzer vor den Türen warten. Und die sind etwa in der Zentrale von 2013 in der Sonnenburger Straße in Prenzlauer Berg zumeist aus Glas, die nächste Gruppe ist also unübersehbar.
    In der Torstraße reichte auch der Platz für die Ware in der ersten Jahreshälfte 2009 nicht mehr aus, überall stapelten sich die Kartons. Der Raum unterhalb der Schreibtische der Programmierer wurde auch noch mit Schuhen zugestellt – und kurzerhand zum »Lager Nummer drei« erklärt. »Wir hatten zwar eine Art Aufschwung in unserem Mikrokosmos. Aber draußen in der Welt lähmte die Finanzkrise alles. Das hieß, dass es sehr schwierig war, Geld von Investoren zu bekommen«, sagt Gentz. Damit war das Wachstumstempo limitiert – und die Torstraße musste bis auf weiteres als Hauptquartier reichen.
    »Es ist kaum noch vorstellbar, wie das alles mal angefangen hat«, sagt Gentz in einem der wenigen Augenblicke der Erinnerung. »Heute würde ein solches Unternehmen sehr viel schneller und mit sehr viel mehr Power und Geld aufgebaut werden und es würde viel schneller wachsen.« Genau das passiert inzwischen mit den von den Samwers initiierten und gestützten Brüdern und Schwestern von Zalando in Asien, Lateinamerika oder Afrika.
    Doch das, was Gentz die nicht geplante »Strechphase« im Unternehmensaufbau 2008 und 2009 mit dem durch Finanzkrisen bedingten gebremsten Wachstum nennt, hatte den großen Vorteil, dass die Gründer ihr Unternehmen und alle anfallenden Tätigkeiten genau kannten, weil sie alles auch mal selber gemacht haben: »Früher haben wir alles selbst gemacht und wissen immer noch, wie der Prozess funktioniert. Das ist ein riesiger Vorteil im Vergleich zu Geschäftsführern großer Konzerne, die von außen in die Unternehmensleitung kommen«, glaubt Gentz. Und Schneider ergänzt, dass er diese Erfahrungen nicht missen möchte: »Wir haben wahnsinnig viel gelernt, zum Beispiel im direkten Kontakt mit unseren Kunden.«
    Gentz musste im Gespräch mit Kunden lernen, dass Konsumenten guten Service manchmal allzu selbstverständlich nehmen: Einen Tag vor Weihnachten 2008 bestand eine Kundin aus der Nähe von Düsseldorf darauf, das gerade erst bestellte Produkt auf jeden Fall noch vor dem Fest zu bekommen. »Und weil Robert sowieso zu seinen Eltern in der Nähe von Düsseldorf gefahren ist, hat er die Lieferung einfach eingepackt und der Frau gebracht«, grinst Schneider. Doch wer glaubt, in dieser Situation sei die Idee zum »Schrei vor Glück« gekommen, irrt: »Die Frau öffnete die Tür, nahm das Paket und machte die Tür wieder zu. Das war alle.« Keine Spur vom Glücksschrei!
    Kaum etwas symbolisiert das enorme Wachstumstempo von Zalando vom ersten Tag bis heute so plastisch wie die Raumproblematik: Ständig und viel schneller als erwartet wurden die Büros zu klein, weil wegen der rasant steigenden Nachfrage so viele neue Mitarbeiter eingestellt wurden. Die Torstraße platzte schon im Frühjahr 2009 aus allen Nähten. Bis zum Sommer allerdings hielten die damals 40 oder 50 Mitarbeiter – die wenigsten davon fest angestellt – noch durch, bis endlich der erste von vielen Umzügen in ein deutlich größeres Büro anstand.
    Zuvor allerdings musste Mitarbeiterin Nummer eins, Nicole Appel, das Kunststück fertig bringen, das Büro, von den Spuren erster Erfolge befreit, an den Vermieter zurückzugeben. Das Problem: Die Wände des Kellers, der als Lager gedient hatte, waren übersät von Zalando-Stempelabdrücken.

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