Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern (German Edition)
während oder in den Minuten nach dem Werbespot? Schießt die Zahl der Bestellungen in die Höhe? Sofort kann man erkennen, ob der Werbespot zu dieser Uhrzeit bei diesem Sender während dieser Sendung eine gute Investition war oder ob die Investition umgeschichtet werden sollte. Der Betreiber einer stationären Ladenkette hat niemals eine solch exakte Erfolgskontrolle seiner Werbung.
»Wir messen und analysieren alle unsere Marketingmaßnahmen. Das macht so kein anderer in Deutschland«, sagt Christian Meermann, der das Zalando-Marketing maßgeblich mit aufgebaut hat. »Jeder Euro wird dreimal umgedreht, bevor wir ihn ausgeben. Wir wollen genau wissen, wie viel Umsatz wir mit 1 000 Euro Marketingausgaben zusätzlich erzielt haben, etwa durch einen Werbespot. Das kann man im E-Commerce mit speziellen Tools besonders schnell und genau messen.« Oder – nach Art des Hauses Zalando – noch direkter ausgedrückt: »Jede Marketingaktion muss zu Visits und zu zusätzlichen Verkäufen führen.«
Vor das Auswerten hat Zalando allerdings das Ausprobieren gesetzt: »Wir testen alles«, sagt Meermann. »Es gibt eigentlich kein Werkzeug, das wir vor dem Einsatz nicht ausprobiert hätten. So haben wir zum Beispiel Radiowerbung in Frankreich versucht. Aber als wir nach drei Tagen merkten, dass diese nicht funktioniert und keinen Effekt hat, haben wir es schnell wieder gelassen.« Durch das Ausprobieren von immer neuen Ideen sind sie bei Zalando sogar zu der überraschenden Erkenntnis gekommen, dass sich ein Schuh besser verkauft, wenn seine Spitze nach links zeigt. Ist sie dagegen nach rechts ausgerichtet, klickt der Kunde seltener.
Auch Geschäftsführer und Finanzmann Rubin Ritter ist ein großer Freund des Testens, wenn es um die Unternehmensentwicklung geht: »Diese Versuche kann man auch im Kleinen machen, ohne große Kosten. Und wenn es nicht klappt, probiert man eben etwas anderes, bis die beste Lösung gefunden ist. Wir gehen keine riskanten Wetten ein. Eine einsame Entscheidung, mit der die Existenz der Firma aufs Spiel gesetzen würde, wird es bei uns nicht geben. In dieser Hinsicht sind wir sehr vorsichtig und konservativ.«
Dennoch sind die Marketingkosten nach allgemeiner Überzeugung in der Branche bei Zalando deutlich höher als bei Konkurrenten. Das Unternehmen erkaufe sich für viel Geld Umsatz und Kunden. Darin sehen Kritiker ein Indiz dafür, dass es gar nicht darum gehe, ein langfristig tragfähiges Geschäftsmodell aufzubauen. Hoher Werbeeinsatz, so die Argumentation, brächte hohe Umsatzsteigerungen und die führten dann schließlich zu einem hohen Verkaufspreis, den die Investoren bei ihrem Ausstieg bekämen. Und genau auf einen solchen Exit der Geldgeber mit möglichst hohem Gewinn liefe die ganze Konstruktion Zalando hinaus. Folglich würden die Marketinginvestitionen pro Kunde ganz allein für das Ziel eingesetzt, möglichst schnell den Verkaufspreis des Unternehmens zu steigern und nicht, wie offiziell behauptet, um den Umsatz und den Gewinn zu erschließen, den Zalando mutmaßlich mit dem neuen Kunden für den Rest seines Lebens erzielen kann.
Inzwischen fährt Zalando seinen Etat für Fernsehspots leicht zurück. Denn die Marke hat einen extrem hohen Bekanntheitsgrad erreicht: 95 Prozent der Deutschen sagen bei Umfragen, sie hätten den Namen Zalando schon einmal gehört. »Wir steuern den Einsatz der TV-Werbung jetzt noch intelligenter und flexibler: Zu den Modesaisons im Mai und Juni sowie im Herbst zeigen wir mehr Fernsehspots, in der Zeit dazwischen fahren wir den Einsatz etwas zurück«, sagt Meermann.
Bei Gutschein-Aktionen indes powert das Unternehmen immer noch, um an neue Kunden zu kommen. Insbesondere in Modezeitschriften und Publikationen für die Internet-Community finden sich diese Coupons, die beim Onlineshoppen einen Rabatt von zumeist zehn Euro garantieren. Denn das funktioniert richtig gut, um zunächst diese digital natives im Alter zwischen 25 und 30 Jahren erst einmal zu Zalando zu holen und sie anschließend an die Marke zu binden, damit sie wieder und wieder hier kaufen.
Sind Couponing und TV-Werbung letztlich auch noch analoge Marketinginstrumente, verfeinert Zalando seine Methoden immer mehr genau dort, wo die Konsumenten bereits deutlich weniger weit weg sind vom Onlineshop mit dem orangefarbenen Logo: direkt im Internet nämlich. Der Kampf, der hier um den Kunden tobt, ist eine unsichtbare Welt für sich: Durch Link-Kooperationen mit anderen Websites, Geldzahlungen,
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