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Schuhwechsel: Als Hausfrau auf dem Jakobsweg

Schuhwechsel: Als Hausfrau auf dem Jakobsweg

Titel: Schuhwechsel: Als Hausfrau auf dem Jakobsweg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosa Villas
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ihren Schritt.
    „Geh du mal nur voraus, Schnepfe“, denke ich und verlangsame
meinen Schritt. Wie ist sie mit ihrem seltsamen Gefühl nur so weit gekommen,
frage ich mich und entscheide mich in diesem Moment für den harten Weg. Einem
herrlichen Eichenwald kann ich nicht widerstehen.
    Laut meinem Büchlein müssten sich die Wege am Ende des
Ortes teilen. Nach links in den harten Camino und nach rechts in den
Straßen-Camino. Ich lese die Beschreibung mehrmals und gründlich. Dann folge
ich den deutlich sichtbaren Muschelwegweisern und bin mir ziemlich sicher, auf
dem Camino Duro zu pilgern, denn es geht steil bergauf. Allerdings einer Straße
entlang, aber mit Wald drum herum und einer herrlichen Aussicht auf die Stadt.
Genau so steht es in meinem Reiseführer beschrieben.
    Nach vielen Kilometern, in denen dieser angekündigte schöne
Eichenwald immer noch nicht auftaucht, kommen mir die ersten Zweifel. Bin ich
nun doch auf dem Straßencamino?
    In den letzten zehn Jahren hat sich hier doch einiges
verändert. Eine ca 1 m hohe Betonmauer trennt die Pilger von der Straße und dem
Verkehr. Über dem Camino wurde ein Autobahn gebaut, die vermutlich den größten
Teil des Verkehrs abfängt. Der Camino verläuft im Zickzack unter der Autobahn
hindurch.
    Über ausgesprochen viel Verkehr kann ich mich also nicht
beklagen, es fährt kaum ein Auto vorbei. Aber es ist ein sehr früher
Sonntagmorgen, die Spanier schlafen vermutlich alle noch und das kann an
anderen Tagen, zu anderen Tageszeiten durchaus anders sein.
    Langsam geht mir dieser Weg aber auf den Wecker. Der Pfad
ist asphaltiert, rechts neben mir die Betonmauer und die Straße, über mir die
Autobahn, links und rechts steigen bewaldete Berge auf und keine Aussicht auf
Besserung. Seit einigen Kilometern gibt es sowieso überhaupt keine Aussicht
mehr. Das ist ein schmales, langweiliges Tal, in der eine Straße verläuft, an
deren Rand ich trotten darf. Nicht mal eine Bar gibt es hier. Das regt mich
auf.
    Vor lauter Verzückung über diesen wunderschönen Morgen habe
ich mir heute keine Denkaufgabe gestellt und nun denkt mein Hirn kreuz und quer
und völlig wirr.
    Aha. Also braucht ein Gehirn ebenfalls eine Richtung, in das
es denken kann. Wer hätte das gedacht? Muss ich mir merken.
    Wo ich schon mal dabei bin, mich aufzuregen und mein Hirn
gerade eh in keine ertragreiche Richtung denkt, komme ich wieder auf mein
Lieblingswutthema: Die katholische Kirche.
    Also wenn die heute schon wieder in meinem Kopf auftaucht,
dann sollte ich da mal genauer hinschauen. Bin ich etwa auf diesem Weg, um mit
denen meinen Frieden zu finden? Das wäre ja mal ein christlicher Gedanke im
Sinne der Nächstenliebe und der Toleranz.
    Müsste ich dann den Brüdern ohne Erlaubnis auf Sex
eigentlich nicht verzeihen? Und wenn ja, was genau sollte ich denen
eigentlich verzeihen? Ich persönlich habe in diesem Leben keine sooo gravierend
schlechten Erfahrungen gemacht, die SOLCH eine Wut rechtfertigen könnte.
Allerdings hatte ich auch noch nie SOLCH eine Wut in mir, wie ich sie habe,
seit ich auf dem Jakobsweg wandle. Das ist neu und überrascht mich selber.
Vielleicht schwirrt ja ganz allgemein etwas revolutionäres durch die Luft, was
sich in naher Zukunft entladen wird?
    Aufgewachsen bin ich in einem kleinen Dorf im Allgäu und ich
erinnere mich schon noch sehr genau an meine Begegnungen mit dem „Herrn
Pfarrer“. Er war eigentlich ein unsicherer und schüchterner Mann, der sich in
seiner Rolle nicht so wirklich wohl fühlte, so scheint es mir im Nachhinein. Er
tat einfach was man von ihm erwartete und das war den Kindern eines hinter die
Ohren zu geben, wenn sie den Herrn Pfarrer nicht ordentlich begrüßten.
    Eine „ordentliche Begrüßung“ wie man sie damals von einem
Mädchen erwartete, war: Die Hand geben, in die Augen schauen, einen Knicks
machen und „gelobt sei Jesus Christus“ zu sagen. Die Buben mussten dabei einen
„Diener“ machen und sich verbeugen.
    Viel schlimmer empfand ich die drei strengen Nonnen, die
ebenfalls im Dorf wohnten und den Kindergarten leiteten, in den ich ging.
Abgesehen davon, dass man die Damen ähnlich begrüßen musste , wenn man
ihnen auf der Straße begegnete (was wir Kinder natürlich eifrig zu vermeiden
versuchten), erwarteten sie ein fromm gehauchtes „gegrüßet seist du Maria“. Was
ich nicht verstand, denn die Schwestern hießen gar nicht Maria und in unserem
Dialekt sprachen wir das „kekrüüsedzeistu Maria“ so seltsam aus, dass mir

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