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Schuhwechsel: Als Hausfrau auf dem Jakobsweg

Schuhwechsel: Als Hausfrau auf dem Jakobsweg

Titel: Schuhwechsel: Als Hausfrau auf dem Jakobsweg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosa Villas
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Bescheid und du kannst
den Weg alleine gehen“, biete ich ihr an, aber sie möchte dann doch lieber
weiter mit Wolfgang gehen, als so einfach abzuhauen.
    „Ist gut“, akzeptiere ich. Vielleicht brauchen sie die
gemeinsame Zeit ja noch, um etwas zu klären, denke ich mir. Aber vielleicht
leidet sie ja auch schon unter dem Stockholmsyndrom?
    Zur Hauptspeise wird endlich der Wein gereicht. Daniel
schenkt jedem der 8 Personen eine sehr überschaubare Menge in ein sehr kleines
Glas. Elsa, Petra und ich starren gleichzeitig so entsetzt auf den
Fingerbreiten Inhalt in unserem Glas, dass Daniel erschrocken nachschenkt. Mehr
als diese eine Flasche rückt das glückliche Paar trotzdem nicht heraus und das
ist fast ein bisschen schade.
    Genau genommen ist es eine Fremdbestimmung und regt mich
auf. Dieses familiäre
„wir-haben-uns-alle-so-lieb-in-diesem-glücklichen-Heim-Getue“ entspricht mir
leider gar nicht. Ich bin 39+ und durchaus in der Lage, solche Entscheidungen
selbst zu treffen!
    Nach dem Essen sitzen wir Frauen draußen vor dem Haus und
quatschen, wie Frauen das nun mal so tun, aber bald schon zieht es mich in mein
sauberes, frisch bezogenes, neues Bett.
    Es dauert nicht sehr lange bis die anderen fünf Schlafkameraden
folgen und dann wird es wieder laut. Einer der Herren schnarcht in
unglaublichen Tönen.

Tag 8:
    vom Nirgendwo nach Irgendwo
    Weil in diesem Familienrefugio alles so liebevoll und
gemeinsam zelebriert wird, (mir ist das ja schon fast zu viel) gibt es ein
gemeinsames Frühstück erst um 9.00 Uhr.
    Ein schneller Kaffee mit trockenen Keksen um 6.00 Uhr,
nichts reden, ein Gesicht ziehen, wie es mir passt und ab durch die Mitte, wäre
mir eindeutig lieber. Aber weil alle so nett und so bemüht sind, passe ich mich
an, setzte meinen Heiligenschein auf und strahle genauso verzückt durch die
Gegend wie alle anderen.
    Immerhin gibt es frisch gemolkene Kuhmilch vom Bauer
gegenüber. Dann spielen wir unmündigen Hausgäste, „Zahnfee“ und legen die
Spende unters Kopfkissen. Ich beobachte Elsa, wie sie ein paar kleine Münzen
unters Kissen legt und bin nicht überrascht. Übernachtung, Pilgermenü und
Frühstück kosten in jeder anderen Herberge mindestens 15.- Euro. Ich bin
gespannt, wie lange die Gastgeber ihre Dienste gegen freiwillige Spenden
anbieten.
    Es ist fast 10.00 Uhr als ich mich auf den Weg mache.
    Normalerweise habe ich um diese Zeit schon mindestens drei
Stunden der Tagesetappe hinter mir.
    Aber heute nicht. Heute darf ich in der prallen Hitze des
Tages wandeln. Weil ich in den unmöglichsten Momenten so nett und höflich bin,
um Menschen nicht zu enttäuschen, die es gut mit mir meinen und über meine Zeit
bestimmen. Menschen, die ich vermutlich nie wieder treffen werde. Ich bin eine
Idiotin.
    Wie gesagt, es ist heiß, als ich los gehe und mein linkes
Knie schmerzt. Keine Ahnung was mit dem los ist. Fühlt sich irgendwie
geschwollen an. Vielleicht ist mein Rucksack doch zu schwer und nun fordert
mein Körper seinen Tribut.
    Oder es sind einfach altersbedingte Abnutzungserscheinungen?
Ich weiß es nicht, aber es tut weh und wird nicht besser.
    So ist das eben auf dem Weg. Da gibt es 80-jährige Pilger,
die den Weg in voller Länge und ohne Probleme wandeln und junge Sportler, die
schon nach dem ersten Tag umfallen. Hier gibt es keine Regeln und keine
Garantien. Wenn man in Santiago de Compostela ankommt, ist es gut, wenn nicht,
dann ist es auch nicht schlimm.
    Einzig und allein das Trinken ist wichtig. Deshalb werfe ich
auch meine Wasserflasche in die nächste Mülltonne. Das erspart mir ein Kilo
Gepäck und da es sowieso an jeder Ecke eine Bar gibt, werde ich schon nicht
verdursten. Es wäre nicht das erste Mal, dass ich am Abend mit der vollen
Flasche im Refugio einlaufe, weil mir ein kaltes Erfrischungsgetränk aus einer
Bar lieber war als das lauwarme Wasser aus der Plastikflasche.
    Muss ich extra erwähnen, dass es gerade heute eine 15 km
lange Strecke, ohne einen Schatten und ohne eine Bar zu bewältigen gilt? Nee,
nicht. Gell?
    Aber gut, das weiß ich am späten Vormittag noch nicht, als
ich in Ponferrada über diese wahnsinnig hohe Brücke gehe und ganz konzentriert
eine Statue am anderen Ende fixiere, um nicht von den Tiefen angezogen zu
werden und hinabzustürzen in den Stausee.
    Vor mir gehen Petra und Wolfgang. Gemeinsam.
    In Ponferrada schaue ich nach neuen Ladegeräten. Gibt es
aber nicht. Während ich in einer Bar meinen letzten Kaffee und ein Wasser
trinke, kommt Petra und

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