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Schuhwechsel: Als Hausfrau auf dem Jakobsweg

Schuhwechsel: Als Hausfrau auf dem Jakobsweg

Titel: Schuhwechsel: Als Hausfrau auf dem Jakobsweg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosa Villas
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voller Blasen hat, dem die Bocadillos aus den Ohren wachsen und der
mich nach einer schönen Pension fragt, soll ich ihm dann ganzheitlich erklären:
„Ja, da gibt es eine Pension 10 km südlich vom Camino und die ist, wie sie
ist.“??? Besser ist, ich sage doch, was ich denke: „In der Pension Lukas finde
ich es wunderbar. Erstklassiges Essen, saubere Zimmer, einen Garten mit
Liegestühlen, mitten in der Stille an einem See. Kostet ein paar wenige Euro
und ist sagenhaft wunderbar.“ Dann könnte ich es relativieren, indem ich
hinzufüge: „es gibt aber keinen Pool, sondern nur ‘nen Froschteich.“
    Oder geht es bei meiner Verurteilerei nur um Menschen? Das
ich keine Menschen vorverurteilen soll, weil jeder Mensch das gesamte Potential
des Universums in sich trägt, nur ist es anders verteilt?
    Kann man in der Astrologie sehr schön nachvollziehen. In
jedem Radix eines Menschen sind alle Planeten unseres Systems vorhanden, jedoch
bei jedem anders verteilt. Das macht jeden Menschen einzigartig, obwohl in uns
allen die gleichen Teile sind. Nur eben unterschiedlich verteilt. Und demnach
steht es weder mir noch sonst jemandem zu, über die Verteilung dieser Teile zu
urteilen.
    Genug der Teile, ich humple mal an den See.
    Hier vögeln die Vögel und fröscheln die Frösche. Ich werde
neidisch und vermisse meinen Geliebten.
    Dieser Flecken Erde ist deshalb so herrlich für mich, weil
er einsam ist. Hier bin ich allein. Mit dem All eins. Nur Gottes herrliche
Natur und ich. Das ist schön. Sollte ich eines fernen Tages noch ein Buch
schreiben, dann würde ich gerne hier anfangen. Am Ufer dieses Sees, in der
Abgeschiedenheit der Stille. Hier stört mich niemand.
    Liege wieder im Liegestuhl. Über mir spannt sich ein Dach
aus Rosen. Die Blütenblätter regnen leise auf mich herab. Habe noch nie
realisiert, wie wahnsinnig weich und zart so ein Rosenblütenblatt ist. Und
dabei bin ich schon einiges über 39.
    Mit fällt nichts mehr ein. Zeit für ein Nickerchen.
    Jedes Mal wenn ich ur- teile, beiße ich in den Apfel
und trenne mich vom göttlichen all-eins-sein. Dann werfe ich mich selber aus
dem Paradies. Aha.
    Habe gerade geschlagene drei Stunden geschlafen. Auf diesem
Liegestuhl unter dem Baldachin aus weißen Rosen. Es ist ja nicht so, dass ich
letzte Nacht nicht 12 Stunden geschlafen hätte, aber ja, es waren gerade noch
einmal drei Stunden. Entweder bin ich total erschöpft oder krank. Oder beides.
Habe außerdem das Mittagessen verpasst. So ein Mist. Jedenfalls geht es mir
jetzt deutlich besser. Ich könnte schon fast wieder lospilgern. Im Übrigen habe
ich festgestellt, dass in meiner schmerzenden Kniekehle ein faustgroßer
Muskelklumpen sitzt, der vor ein paar Tagen noch nicht da war. Vermutlich
drückt der auf diverse Bänder und Sehnen und verursacht die Schmerzen. Versuche
ihn mit Massagen weg zu bekommen.
    Zurück zum Urteil:
    Jeder Mensch hat also genau gleich viel, nur anders
verteilt. 12 Sternzeichen, 12 Häuser, diverse Planeten, Trigone und Quadrate.
Sie beschreiben den Charakter und die Möglichkeiten im Leben eines Menschen.
    Jeder Mensch hat also genau so viele Planeten, Zeichen und
Eigenschaften, nur eben unterschiedlich verteilt. In Summe bleibt es gleich
viel.
    Wie kann ich dann jemanden als gefühlskalt verurteilen, nur
weil seine Stärken vielleicht im Intellekt liegen? Mir scheinen sie nämlich
genau dort zu fehlen. Macht mich das neidisch? Versuche ich mein Gegenüber
klein zu halten, indem ich seine Schwächen verurteile, damit meine Stärken
besser da stehen? Dann wäre ich „größer“. Aber nur in meinem Kopf. In
Wirklichkeit sind wir sowieso gleich groß. Nur anders verteilt, beziehungsweise
anders bunt.
    Mit den drei Grundfarben lassen sich endlos viele Farben
mischen. Mit den Planeten und Konstellationen lassen sich endlos viele
Persönlichkeiten kreieren. Wenn alle Menschen auf dieser Welt aufhören würden
zu urteilen, wären wir wieder eins. Theoretisch. Denn ohne dieses Ur-Teil gibt
es keine Bewertungen. Man müsste „schlecht“ nicht mehr bekämpfen und versuchen
in „gut“ umzuwandeln.
    An einem gewalttätigen Verbrecher finde ich sicherlich auch
etwas liebenswertes (vielleicht kann er gut kochen) Deshalb bleibt er trotzdem
ein Idiot! Also wozu will Gott mir zeigen, dass ich mit meiner Verurteilerei
aufhören soll? Ich habe noch 30 Kilometer, um das herauszufinden. Ich denke an
die verschiedenen Religionen und die Kriege, die durch unterschiedliche
Glaubensformen verursacht

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