Schulaufgaben
den Kategorien Kinder, Ehe, Frauen. Die unterschiedlichen Anreizstrukturen unserer Steuer- und Beitragssysteme belegen das glasklar. Die Ehe führt zum Ehegattensplitting und, wenn man gut verdient und die Spielregeln beherrscht, zu richtig viel Geld. Kinder führen zu Steuerfreibeträgen, das ist vergleichsweise wenig Geld. Im deutschen Transfersystem erhalten – bei gleicher Einkommenssituation – die Paarhaushalte mit einem Kind höhere Transferzahlungen als Alleinerziehende mit einem Kind. Betrachten wir Maßnahmen, die besonders eng mit der Bildung sehr kleiner Kinder verbunden sind: das Erziehungsgeld, das Elterngeld und den Ausbau der außerhäuslichen Betreuung.
Zwischen 1986 und 2006 gab es neben dem Kindergeld das Erziehungsgeld für bedürftige Eltern. 1 Im Fachjargon bezeichnet man diese Transferzahlung als kindbezogene kompensatorische Leistung. Sie änderte sich ständig. Man spielte mit ihr und wollte zunehmend neben den Kindern auch ihre Eltern erziehen. Zunächst lagen die Leistungen bei 600 DM (300 Euro), und sie wurden für zehn Monate gewährt. 1988 erhöhte man auf zwölf Monate und bald auf 24 Monate. 2003 wurde es raffiniert: Eltern konnten wählen
zwischen 307 Euro für 24 Monate und dem »budgetierten Erziehungsgeld« von 460 Euro für zwölf Monate. Der Gesamtbetrag lag zwar bei einer längeren Erwerbsunterbrechung höher als bei einer kürzeren Bezugsdauer, doch die Umsteuerung von »lang und niedrig« zu »kurz und hoch« zeigte sich deutlich. Man wollte wegkommen von der Mütterfalle, weg von Anreizen für zu lange Erwerbsunterbrechungen, nach denen Frauen nur schwer in ihre Berufe zurückfinden.
Eingeführt von Familienministerin Renate Schmidt, die das Amt von 2002 bis 2005 innehatte, bereiteten die kürzeren Laufzeiten bei höheren Beträgen maßgeblich das spätere Elterngeld vor. Als erste Ministerin arbeitete Renate Schmidt offensiv mit den drei Dimensionen Zeit, Geld und Infrastruktur. Denn nach dem budgetierten Erziehungsgeld brachte sie das Kindertagesbetreuungsausbaugesetz auf den Weg. Es wurde 2005 verabschiedet und sah vor, bis 2010 insgesamt 230 000 neue Betreuungsplätze für unter Dreijährige zu schaffen. Zudem formulierte es erstmals klare Standards für die Qualität der frühkindlichen Betreuung. Ursula von der Leyen, Familienministerin von 2005 bis 2009, arbeitete mit diesen Ansätzen entschlossen und mutig weiter. Zeit, Geld und Infrastruktur waren auch ihre Themen: Das Bundeselterngeld und das Elternzeitgesetz wurden 2006 eingeführt, das Kinderförderungsgesetz mit seinem Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung ab dem ersten Geburtstag folgte wenig später.
Bei dem heutigen Elterngeld handelt es sich um eine elternbezogene Entgelt ersatz leistung. Das erste Lebensjahr von Kindern wird ähnlich wie ein Jahr in der Arbeitslosigkeit behandelt. Das Konstruktionsprinzip des Elterngelds entspricht dem des Arbeitslosengelds I (ALG I), das seit 2005 gezahlt wird. Beide Sozialleistungen werden für zwölf Monate gewährt, die Höhe richtet sich jeweils nach dem letzten Nettoeinkommen des Antragstellers. 2 Damit setzen beide Leistungen darauf, den vorherigen Status des Antragstellers zu
erhalten. Nur die zwei Partnermonate, die gezahlt werden, wenn der andere Elternteil, meist der Vater, zu Hause bleibt und sich um die Erziehung der Kinder kümmert, kennt man beim Arbeitslosengeld nicht.
So nachvollziehbar diese – nun von Kindern ausgelöste – uralte Logik eines Wohlfahrtsstaats erscheint, so verheerend sind einige Folgen dieses Vorgehens. Die Sozialleistungen bewahren zwar die wirtschaftliche Situation der Familie, eröffnen jedoch keine neuen Chancen. Kinder werden von Geburt an ungleich alimentiert – und zwar nicht entgegen dem Einkommen ihrer Eltern, um so einen vertikalen Ausgleich zwischen den sozialen Schichten zu schaffen, sondern entsprechend dem Einkommen der Eltern. Kurz gesagt: Die Kinder sozial schwacher Eltern bekommen weniger, die Kinder gut situierter Eltern mehr. Dies ist die klare Konsequenz der nun auf Eltern bezogenen Leistungen.
Aus diesem Ansatz einer Entgeltersatzleistung leiten sich weitere Folgen ab: Gegenüber dem Erziehungsgeld wurden die Gesamtleistungen bei nicht erwerbstätigen oder arbeitslosen Eltern drastisch vermindert. Zwar ist das Elterngeld nach unten bei 300 Euro gedeckelt, aber es wird nun für zwölf statt zuvor für 24 Monate gezahlt. Die Leistungen wurden damit halbiert. Eltern, die aus der Arbeitslosigkeit heraus
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