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Schuld: Drama (bis Mitte Juni 2013 kostenlos)

Schuld: Drama (bis Mitte Juni 2013 kostenlos)

Titel: Schuld: Drama (bis Mitte Juni 2013 kostenlos)
Autoren: Jay S.
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er alle drei bis fünf Minuten in irgendeinem Kaff anhält. Ich betrachte das alte, verlassen wirkende Bahnhofshaus mit dem seit Ewigkeiten geschlossenen Warteraum und frage mich, ob immer noch der alte einsame Greis darin wohnt, den ich ein paar Mal Pfeife rauchend am Fenster im ersten Stock gesehen habe.
     
    Amy sieht etwas blass aus und wirkt immer noch sehr müde.
    „Willst du nicht noch ein wenig schlafen?“, frage ich sie und deute auf Vicki-Kopfkissen.
    „Aber nur wenn du mich weckst“, murmelt sie und zieht kurz darauf behutsam ihren Teddy aus dem Rucksack.
    Wir sitzen in einem Abteil, das früher noch für Raucher und jene Nichtraucher, die keinen anderen Platz mehr gefunden hatten, reserviert war.
    Während der Zug anfährt, überkommt mich selbst die Müdigkeit. Wir fahren bis zur Endstation, ich muss mir also keine Sorgen ums Verschlafen machen.
    Ich ziehe meine Jeansjacke aus, falte sie als Nackenstütze zurecht und schließe die Augen.
     
    Ich kann nicht einschätzen, ob ich wirklich geschlafen oder nur vor mich hingedöst habe, als mich jemand an die Schulter stupst. Etwas orientierungslos öffne ich die Augen und blicke in das starre Gesicht eines uniformierten Kontrolleurs.
    „Fahrscheine bitte.“
    Ich greife nach meiner Jacke, in der die Tickets sein müssten und ziehe ein zusammengefaltetes Stück Papier aus der Innentasche, auf dessen Rückseite irgendein kaum entzifferbares Datum aufgedruckt ist. Das sind definitiv nicht die Tickets.
    „Fahrscheine bitte.“, wiederholt der Kontrolleur seine Aufforderung mit unverändert kaltem Gesichtsausdruck.
    „Jaja, kommt gleich.“, entgegne ich gereizt.
    Ich greife in die andere Tasche und reiche ihm die beiden Fahrkarten. 
    Mit zusammengezogenen Augenbrauen analysiert er die beiden Tickets und blickt von mir hinüber zu meiner schlafenden Tochter und zurück.
    „Das hier ist eine Juniorkarte.“, stellt er schließlich fest.
    „Ja, und was ist daran so besonders?“, will ich wissen.
    Der Kontrolleur deutet auf Amy, die immer noch tief schläft.
    „Sie ist sieben!“, antworte ich, vielleicht etwas zu laut.
    Der Kontrolleur lässt sich nicht von meiner erhobenen Stimme beeindrucken und zückt einen gelben Formularblock und den Kugelschreiber aus seiner Hemdtasche.
    „Juniorkarten sind nur für Kinder bis acht Jahre gültig, ihre Tochter ist mindestens neun, eher zehn.“, sagt er und beginnt, eines der Formulare auszufüllen.
    In diesem Moment blicke ich noch einmal zu Amy herüber. Ich zucke zusammen, mein Herz scheint einen Moment auszusetzen, mein Atem stockt. Wo zuvor noch meine sieben Jahre alte Tochter mit dem Kopf an ihren Teddy gelehnt in Träumen versunken war, schläft nun ein um mehrere Zentimeter größeres Mädchen. Sie hat dieselben blonden Haare und auch ihr Gesicht sieht jenem von Amy beängstigend ähnlich. Doch sie ist eindeutig älter.
    Meine Stimme zittert, als ich an den Kontrolleur gewandt sage: 
    „Das… das… ist nicht….meine Tochter…“
     
    Jemand stupst mich an. Ich öffne die Augen und blicke in Amys müdes Gesicht.
    „Was redest du denn da, Paps?“ fragt sie besorgt.
    Ich versuche, mich zu sammeln. Ein Traum… nur ein Traum.
    „Nichts Kleines. Es ist alles gut.“

Kapitel 20
    Der Schock des seltsamen Traumes sitzt mir noch immer in den Knochen, während wir unsere Sachen packen und den Zug verlassen. Ich kann mich nicht erinnern, wann mir das letzte Mal ein Traum so real erschienen ist. 
    Wir sind fast die Einzigen, die bis zur Endstation gefahren sind. Nur ein älterer Mann und eine südländisch aussehende Frau mit Kinderwagen steigen auf der anderen Seite des Zuges aus.
    Der Himmel ist praktisch wolkenlos, ein Wetter wie aus dem Bilderbuch. 
    Wir stehen auf dem einzigen Bahnsteig, den es an diesem kleinen Bahnhof gibt und betrachten die Gegend, als wären wir zum ersten Mal hier.
    „Munter und ausgeschlafen?“, frage ich Amy.
    „Jap. Aber du nicht, oder?“
    „Ging mir schon schlechter“ antworte ich lächelnd.
     
    Wir nehmen den Weg durch den Wald, eine Abkürzung, die wir zwei Jahre zuvor entdeckt hatten. 
    Bestimmt war es vor langer Zeit einmal ein viel genutzter Weg, als es noch keine Straßen und Autos gegeben hat, doch in der Zwischenzeit ist der Weg stark überwuchert und fast völlig zugewachsen, immer wieder müssen wir uns ducken und die Äste aus dem Weg biegen. Unser Ziel liegt hinter dem nächsten Waldstück, welches auch durch den fast doppelt so langen Wanderweg, der an
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