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Schuld: Drama (bis Mitte Juni 2013 kostenlos)

Schuld: Drama (bis Mitte Juni 2013 kostenlos)

Titel: Schuld: Drama (bis Mitte Juni 2013 kostenlos)
Autoren: Jay S.
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los?“
    „Nichts Schatz. Es ist alles ok. Hast du schon gepackt?“

Kapitel 17
    Es ist das erste Mal seit Langem, dass ich am Morgen das Gefühl habe, durchgeschlafen zu haben. Als ich in die Küche komme, sitzt Amy schon selbstbedient am Küchentisch vor einer Schale Cornflakes. Sie ist eines der wenigen Kinder, die nicht gerne Süßes haben, weshalb sie auch morgen für morgen die gleiche, in meinen Augen fast geschmackneutrale Sorte in sich hineinlöffelt.
    Nachdem die ersten fünf Tage der Woche von wolkenbedecktem Himmel und durchsetzungsschwachen Sonnenstrahlen geprägt war, ist heute endlich wieder richtig schönes Sommerwetter. Einen Moment komme ich mir vor wie in einer Kunstwelt, einem Werbespot mit Vater und Tochter am Frühstückstisch.
     
    „Schönen guten Morgen die Dame“, begrüße ich Amy, die kurz von dem unheimlich interessant scheinenden Verpackungsrücken aufblickt. 
    „Hallo Paps.“
    Ich trinke ein Glas Orangensaft aus dem Supermarkt, der laut Hersteller angeblich „frisch gepresst“ ist, obwohl er ein einwöchiges Haltbarkeitsdatum hat, setze mich Amy gegenüber an den schmalen Tisch an der Wand unterhalb des weit geöffneten Fensters und blättere eine unserer Konkurrenzzeitschriften durch. Dabei stoße ich auf einen Artikel über irgendein Massaker an einer Schule, das vor ziemlich genau zwei Jahren passiert sein soll. Ich beginne, den Bericht irgendwo in der Mitte zu überfliegen und lege das Magazin kurz darauf wieder auf den Zeitschriftenstapel. Zum Glück esse ich morgens nie etwas. Es ist grauenhaft, wie geschmacklos gewisse Journalisten ihre Berichte illustrieren und wie sie bei solchen Tragödien richtig aufzublühen scheinen. Die Tatsache, dass es nun zwei Jahre her ist, heben sie hervor als wäre es der Geburtstag eines Nobelpreisträgers. Was würden die Medien wohl tun, wenn eines Tages keine grauenhaften Dinge mehr auf der Welt geschehen würden?
     
    „Hast du alles beisammen?“, frage ich Amy, als wir uns vor der Wohnungstüre treffen.
    „Jap.“, antwortet sie fröhlich.
    „Bist du dir ganz sicher?“, hake ich nach.
    „Gaaanz sicher.“
    „Hundertprozentig, garantiert und bestimmt?“
    „Jaaaa Paps! Gehen wir jetzt endlich?“, fragt Amy und verdreht dabei demonstrativ die Augen.
    Sie zieht ihren knallroten Rucksack an und öffnet mir die Tür.
    „Merci, Madame“
    „Au plaisir, monsieur“, antwortet Amy beinahe Akzentfrei. Wenn sie so weitermacht, wird sie eines Tages wohl Dolmetscherin, denke ich mir, während ich vor der Abreise noch einen Blick zurück in die Wohnung werfe.
     
    An der Bushaltestelle gehe ich im Kopf noch einmal meinen Bericht durch, während Amy neben mir sitzt und mit den Beinen in der Luft baumelnd durch ein kleines Bilderbuch blättert.
    Sie ist eines der wenigen Kinder, die noch nicht auf den Digitalhype aufgesprungen sind, worüber ich mich immer wieder freue. Die Digitalisierung der Menschheit geht so weit, dass es mich nicht verwundern würde, wenn eines Tages zeugungsunfähige Eltern mit Kinderhologrammen durch den Park spazieren würden.
    Wie immer lässt mich das Gefühl nicht los, dass ich mich länger mit dem Bericht hätte beschäftigen müssen. Es ist wie ein Stück Holz, das ich verzweifelt zu einer Skulptur zu formen versuche, immer weiter und weiter, immer mehr wegraspeln, bis ich glaube, es endlich geschafft zu haben. Dann schaue ich meine Skulptur an, schüttle den Kopf und möchte sie am liebsten dem Kaminfeuer verfüttern.
    „Paps! Bus kommt!“ reißt mich Amy aus meinen Gedankenströmen. Ich stehe auf, packe meinen Rucksack und greife nach ihrer Hand. Seit sie einmal beinahe unter einen Lastwagen gerannt wäre, tue ich das völlig reflexartig, wenn ein Gefährt in Sichtweite ist, das die Größe eines Fahrrads übersteigt.
    Während ich zur Straße gehe, spüre ich plötzlich einen Widerstand. Ich drehe mich um und blicke in Amys Gesicht, dessen Ausdruck innert eines Sekundenbruchteils von purer Vorfreude in völlige Verzweiflung umgeschlagen hat.
    „Was ist denn, Kleines? Der Bus fährt jeden Moment weiter.“
    „Ich…ich“ stottert Amy.
    „Was denn?“
    Amy schaut mich schuldbewusst an und sagt leise: 
    „Ich hab Vicki vergessen…“
    „Ach, Amy. Ist das denn so schlimm? Wir sind ja morgen wieder zurück!“
    Amy`s Blick wird auf einen Schlag vorwurfsvoll.
    „Du weißt doch, dass ich ohne ihn nicht schlafen kann!“ Sie schreit nun beinahe und ihre Augen werden glasig. 
    „Schon gut. Wir nehmen
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