Schuldig wer vergisst
Lächeln. »Kann’s kaum erwarten.«
Neville wusste, worauf Sid hinauswollte: Derselbe Gedanke war ihm auch schon gekommen. Vielleicht kam Trevor mit der Aussicht auf seine Vaterrolle nicht zurecht. Vielleicht war es für ihn alles ein bisschen zu viel gewesen, und er hatte sich verdünnisiert.
Der Raum über dem Wohnzimmer an der Eingangsseite des Hauses war ein Büro, das mit modernen, zweckmäßigen Möbeln im Ikea-Stil sowie der neuesten Technik ausgestattet war. Die zwei eleganten Flachbildschirme mussten wohl Computer sein, auch wenn sie mit dem hässlichen beigen Plastikklotz auf seinem eigenen Schreibtisch im Revier wenig gemeinsam hatten. Einen Drucker konnte er erkennen, doch daneben standen noch alle möglichen anderen Geräte und jede Menge elektronischer Schnickschnack herum, von deren Funktionen er keine Ahnung hatte.
Und es gab ein Telefon, das wie auf Kommando zu klingeln begann, als sie das Büro betraten.
Rachel Norton fuhr sich mit der Hand an den Hals; sie griff nach dem Hörer. »Hallo«, sagte sie mit zittriger Stimme, was am Treppensteigen liegen mochte, auch wenn Neville das bezweifelte.
Er beobachtete sie genau, als sie auf die Stimme am anderen Ende horchte. »Nein, Trevor ist nicht hier. Ich weiß auch nicht – tut mir leid – ja, das mache ich.«
Inzwischen nutzte Cowley die Unterbrechung, um den Kaugummi aus dem Mund zu nehmen, ihn in ein Papierchen zu wickeln und in einen Papierkorb zu werfen, bevor er sich einen frischen einwarf.
Rachel legte das Telefon auf und nagte an ihrer Unterlippe, während sie sich zu Cowley umdrehte. »Das war einer von Trevors Kunden. Trevor sollte zu ihm kommen, um mit ihm seine Konfigurationen durchzugehen. Um zehn. Er hat noch nichts von ihm gehört. Er hat es auf Trevors Handy versucht, aber es ist ausgeschaltet.« Sie holte tief Luft. »Beweist das nicht, dass hier etwas ganz und gar nicht stimmt? Trevor würde nie einen Kunden hängen lassen.«
Cowley schaute zu den Computern herüber. »Könnten wir wohl seinen Terminkalender sehen, Mrs Norton?«
Sie setzte sich vor einen der Rechner und tippte ein Passwort ein. Der Bildschirmschoner verschwand und gab den Blick frei auf einen dunkelblauen Desktop mit verschiedenen Icons.
»Er hat den Computer angelassen?«, fragte Cowley.
»Trevor lässt die Rechner immer laufen«, sagte sie über die Schulter hinweg, während sie ein Icon anklickte. »Er sagt, für Geräte, die regelmäßig in Gebrauch sind, sei das besser. Das ständige An- und Ausschalten ist nicht gut.«
Eine Kalenderseite erschien auf dem Bildschirm, die genau wie eine aus Papier gestaltet war. »Das hier ist für heute«, sagte Rachel Norton. »Der Termin um zehn. Und noch einer heute Nachmittag um zwei.« Sie zeigte auf den Bildschirm. »Und um vier bringt er mich zur Geburtsvorbereitung.«
Das bewies immer noch nicht, dachte Neville, dass Trevor Norton nicht vorhatte zu verschwinden.
Er nahm den einzigen dekorativen Gegenstand auf dem Schreibtisch zur Hand, einen Silberrahmen mit einem Foto von Rachel Norton in einem traditionellen weißen Hochzeitskleid. Schlank, schön und strahlend. »Wie lange sind Sie denn schon verheiratet?«
»Fast ein Jahr. Wir haben kurz nach Weihnachten geheiratet.« Sie schluckte und rieb sich den Bauch. »Wir waren schon ein paar Jahre zusammen, und Trevor war bereit, eine Familie zu gründen. Wir beide wollten das. Also haben wir beschlossen zu heiraten. Es war eine schöne Hochzeit.«
Cowley schrieb etwas in sein Notizbuch und klappte es dann zu. »Also, erst einmal vielen Dank, Mrs Norton«, sagte er. »Bitte rufen Sie uns unbedingt an, falls Ihr Mann nach Hause kommt.«
»Falls?«, fragte sie, während sie sich umdrehte und zu ihm aufsah. »Und falls er nun nicht kommt? Was ist dann?«
Ein paar Minuten später saßen sie wieder im Wagen. »Was halten Sie von der Sache, Chef?«, fragte Cowley, während er hinters Lenkrad rutschte.
Neville zuckte die Achseln. »Ich glaube immer noch, dass er vielleicht irgendwo untergeschlüpft ist, um ins Trockene zu kommen, als es zu schütten anfing. Oder er hat sich aus dem Staub gemacht.«
»Mit so einer Frau? Der müsste verrückt sein.« Cowley steckte den Schlüssel ins Zündschloss, doch bevor er ihn herumdrehte, wickelte er seinen Kaugummi ein, steckte ihn in den Aschenbecher und holte einen frischen aus der Packung.
»Vielleicht hat er wegen des Babys kalte Füße bekommen. Wäre nicht das erste Mal, dass so was passiert.«
Cowley nickte
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